Mitbestimmung bei Einstellung eines Leiharbeitnehmers – Berichtigung der Unterrichtung des Betriebsrats im Zustimmungsersetzungsverfahren
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 01.06.2011, 7 ABR 18/10
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 12. November 2009 – 3 TaBV 14/09 – wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Entscheidung über den Antrag zu 1. richtet.
Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.
Gründe
7 ABR 18/10 > Rn 1
A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Verlängerung der befristeten Einstellung einer Leiharbeitnehmerin.
7 ABR 18/10 > Rn 2
Die Arbeitgeberin betreibt das zum B Klinikverbund der G gGmbH gehörende Klinikum L mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern, bei dem der zu 2. beteiligte Betriebsrat gebildet ist. Für sie gilt ein zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Bremen e.V. und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft e.V. (ver.di) – Landesbezirk Niedersachsen-Bremen – geschlossener Tarifvertrag vom 15. Dezember 2003 (TV Gleichbehandlung), der auszugsweise lautet:
„Präambel
Um die Gleichbehandlung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz zu gewährleisten, wird folgender Tarifvertrag vereinbart:
§ 1
Geltungsbereich
Dieser Tarifvertrag gilt für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die angestellten- und arbeiterrentenversicherungspflichtigen Auszubildenden, die in einem Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis zur G gGmbH – Klinikverbund B, zur Klinikum B-N gGmbH, zur Klinikum B-O gGmbH, zur Klinikum L gGmbH bzw. zur Klinikum B-M gGmbH (nachstehend „Gesellschaft“ genannt) stehen.
…
§ 5
Familiengerechte Arbeitsplatzgestaltung
(1)
Grundsätzlich sind Vollzeitarbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Im übrigen sind Arbeitsplätze so zu gestalten, dass sie auch vorübergehend in der Form der Teilzeitbeschäftigung wahrgenommen werden können. Dies gilt insbesondere auch für gehobene und höhere Positionen.
(2)
Dem Wunsch von Teilzeitbeschäftigten nach Aufstockung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit ist im Rahmen der wirtschaftsplanmäßigen Möglichkeiten zu entsprechen.
…“
7 ABR 18/10 > Rn 3
Nach den Angaben der Arbeitgeberin ist für den Arbeitsbereich der Küche im Klinikverbund eine zentralisierende Umstrukturierung dahingehend geplant, dass die Speisen künftig im sogenannten „Cook+Chill“-Verfahren zubereitet werden. Als „Cook and Chill“ bezeichnet man ein Verfahren, bei dem die an einer zentralen Stelle zubereiteten warmen Speisekomponenten nach dem Garen möglichst schnell gekühlt werden. Die gekühlten Speisen können bei ununterbrochener Kühlung mehrere Tage gelagert, ausgeliefert und erst unmittelbar vor der Ausgabe wieder erwärmt werden.
7 ABR 18/10 > Rn 4
Seit dem 17. März 2008 war die Arbeitnehmerin A B bei der Arbeitgeberin im Arbeitsbereich Küche als Küchenhilfe im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung mit einer Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich – befristet – eingesetzt. Mit Schreiben vom 17. September 2008 – dem Betriebsrat am 19. September 2008 zugegangen – beantragte die Arbeitgeberin die Zustimmung zur Verlängerung der befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin B und führte ua. aus:
„Verlängerung der befristeten Einstellung vom 01.10.2008 bis mindestens zum Zeitpunkt der Belieferung mit Cook+Chill Produkten durch KBM
der Küchenhilfe Frau A B
für den Arbeitsbereich Küche
im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung durch die Fa. F GmbH.
Die wöchentliche Arbeitszeit soll 20,00 Stunden betragen.
Begründung:
Lt. Wirtschaftsplanung werden für die Küche 31,50 VK-Stellen berücksichtigt, davon sind aktuell ca. 26,5 VK-Stellen zuzüglich ca. 4,8 VK-Leiharbeitnehmer incl. Frau B besetzt. Vorrangig berücksichtigt und geplant wurde der Einsatz von Extrawachen sowie im Maße Überstunden bzw. Mehrarbeit des vorhandenen Küchenpersonals. Frau B soll die bestehende Vakanz in der Küche bis mindestens zum Zeitpunkt der Belieferung mit Cook+Chill Produkten auffangen. Eine interne Ausschreibung hängt aus.
Anlage: Überlassungsvertrag, Mitarbeiterprofil bekannt
…“
7 ABR 18/10 > Rn 5
Dem Schreiben beigefügt war eine Abschrift des zwischen der F GmbH und der Arbeitgeberin geschlossenen Arbeitnehmerüberlassungsvertrags, in dem es ua. heißt, der Vertrag beginne am „01.10.2008“ und erfolge unbefristet. Unter Ziffer 3 des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags ist die Erklärung der F GmbH niedergelegt, „im Besitz einer gültigen Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis gem. § 1 AÜG, erteilt vom Landesarbeitsamt Niedersachsen-Bremen am 02.05.1995, zu sein“.
7 ABR 18/10 > Rn 6
Der Betriebsrat, welcher nach der nicht angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts von der Arbeitgeberin mündlich verlangt hat, alle zu besetzenden Arbeitsplätze gemäß § 93 BetrVG betriebsintern auszuschreiben, nahm zu der beabsichtigten Maßnahme mit Schreiben vom 26. September 2008 wie folgt Stellung:
„…
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Betriebsrat hat in seiner Sitzung festgestellt, dass für o. g. Maßnahme die Wochenfrist nicht läuft, da nicht alle Informationen vorliegen, die zur sachgerechten Beurteilung der Maßnahme erforderlich sind.
I.
1. Die Geschäftsführung (GF) gibt in ihrem Antrag an, dass eine interne Ausschreibung aushängt. Die dem BR bekannte, zuletzt aushängende Stellenausschreibung richtete sich an Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer. Der Betriebsrat möchte wissen, ob es auch eine Stellenausschreibung gab/gibt, die sich an alle ArbeitnehmerInnen richtete.
2. Der Betriebsrat möchte wissen, wie viele und welche BewerberInnen sich auf die ausgeschriebene Stelle beworben haben.
Dem Betriebsrat ist bekannt, dass es mehrere BewerberInnen gibt, wie viele insgesamt und welche ist ihm jedoch nicht bekannt.
Außerdem haben mindestens 10 weitere ArbeitnehmerInnen einen Antrag auf Aufstockung ihrer Arbeitszeit aus sozialen Gründen gestellt, die Ihnen alle vorliegen.
Wieviele und welche BewerberInnen gab oder gibt es?
Der BR ist nicht über den Arbeitslohn der Küchenhilfe informiert. Der BR kann insoweit nicht beurteilen, ob der Arbeitgeber das Lohngleichheitsprinzip des AÜG einhält oder nicht.
Aufgrund der fehlenden Information läuft die Frist gemäß § 99 III BetrVG nicht.
II.
Ersatzweise verweigert der Betriebsrat der beantragten Maßnahme die Zustimmung gem. § 99 Abs. 3 BetrVG mit folgender Begründung:
Der Betriebsrat befürchtet Nachteile für bereits beschäftigte ArbeitnehmerInnen u. a. dahingehend,
– dass Arbeitszeitaufstockungsbegehren bereits beschäftigter ArbeitnehmerInnen nicht stattgeben wird,
– befristet beschäftigte ArbeitnehmerInnen, die sich ebenfalls auf diese Stellen beworben haben/hätten, keine Vertragsverlängerungen erhalten.
Der BR ist nicht über den Arbeitslohn der Küchenhilfe informiert. Der BR kann insoweit nicht beurteilen, ob der Arbeitgeber das Lohngleichheitsprinzip des AÜG einhält oder nicht.
Das Klinikum L ist eine Tochter der G gGmbH. Eigentümerin der G ist die Stadtgemeinde B. Die Eigentümerin hat sich verpflichtet, dass in ihren Gesellschaften sowie deren Tochtergesellschaften, auch den ausgegründeten, MitarbeiterInnen mindestens ein Entgelt in Höhe von 7,50 Euro pro Stunde erhalten. Die Geschäftsführung ist an diese Entscheidung gebunden. Der Betriebsrat kann aufgrund fehlender Information nicht beurteilen, ob sich die Geschäftsführung an diese Vorgabe hält.
Der BR muss davon ausgehen, dass das vorstehend beschriebene Mindestlohngebot nicht eingehalten wird, somit ein Verstoß vorliegt.
Der BR verlangt vor einer evtl. erneuten Beantragung und generell, die Arbeitsverträge zwischen Verleiher und Arbeitnehmer vorgelegt zu bekommen.
Dem Betriebsrat ist bekannt, dass mindestens folgende Beschäftigte ein Arbeitszeitaufstockungsbegehren haben:
– E K
– Z, jetzt 20 Std.
– La D, jetzt 20 Std.
– U A, jetzt 20 Std.
– I H, jetzt 20 Std.
– V W, jetzt 20 Std.
– El Be, jetzt 25 Std.
– Al M, jetzt 25 Std.
– B Ko, jetzt 20 Std.
– M Ba, jetzt 20 Std.
– Va F, jetzt 30 Std.
– J R, jetzt 20 Std.
– K P, jetzt 20 Std.
– sowie Ma E, jetzt 20 Std..
Diese Vorgenannten möchten aus sozialen und/oder wirtschaftlichen Gründen aufstocken und stünden unmittelbar zur Arbeitsaufnahme bereit. Sie erleiden durch Vollzug der beantragten Maßnahme somit Nachteile.
Der Betriebsrat sieht hier einen Verstoß gegen § 9 TzBfG sowie gegen eine tarifliche Regelung.
Gem. § 5 Abs. 2 des Tarifvertrages vom 15.12.2003 zur Gewährleistung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz ist dem Wunsch von Teilzeitbeschäftigten nach Aufstockung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit im Rahmen der wirtschaftsplanmäßigen Möglichkeiten zu entsprechen.
Die wirtschaftsplanmäßigen Möglichkeiten sind, wie Sie wissen, vorhanden.
Der Ersatz von am Klinikum angestellten Beschäftigten durch LeiharbeitnehmerInnen schönt lediglich die Personalkostenquote und steigert die Sachmittelkosten.
Der BR ist strikt gegen den Ersatz von regulären Arbeitsverhältnissen durch prekäre und dann noch in der Form der Leiharbeit.
…“
7 ABR 18/10 > Rn 7
Mit E-Mail vom 1. Oktober 2008 teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit, Frau B befristete Einstellung als vorläufige Maßnahme gemäß § 100 BetrVG durchzuführen. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2008 – bei der Personalabteilung der Arbeitgeberin am 6. Oktober 2008 eingegangen – bestritt der Betriebsrat, dass dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich sei.
7 ABR 18/10 > Rn 8
Mit Aushang vom 7. November 2008 schrieb die Arbeitgeberin den mit Frau B zu besetzenden Arbeitsplatz im Betrieb wie folgt aus:
„… suchen wir im Klinikum L
Ab sofort
→ Küchenhelfer/in oder
→ Leiharbeitnehmer/innen zur Aushilfe in der Küche/Cafeteria/Bistro
mit 20 Stunden bis längstens Belieferung mit Cook+Chill …“
7 ABR 18/10 > Rn 9
Bewerbungen hierauf gingen bei der Arbeitgeberin nicht ein.
7 ABR 18/10 > Rn 10
Die Arbeitgeberin hat in dem von ihr am 6. Oktober 2008 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung Frau B sowie die Feststellung, dass die vorläufige Einstellung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, den Betriebsrat vollständig über die beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme unterrichtet zu haben. Für die mit einer Leiharbeitnehmerin zu besetzende Stelle habe keine Ausschreibungspflicht bestanden. Jedenfalls sei die Stellenausschreibung mit Aushang vom 7. November 2008 während des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens in zulässiger Weise nachgeholt worden. In den Verfahrensschriftsätzen habe man gegenüber dem Betriebsrat klargestellt, dass es sich um die einzige Ausschreibung gehandelt habe. Wegen der grundsätzlich anzuerkennenden Möglichkeit der Nachholung der Stellenausschreibung könne sich der Betriebsrat nicht (mehr) auf den Zustimmungsverweigerungsgrund des Fehlens einer solchen berufen. Unter Hinweis auf einen seit dem 1. September 2007 für ihre Wirtschaftsbetriebe – ua. die Küche – bestehenden Einstellungsstopp hat die Arbeitgeberin im Übrigen den Standpunkt vertreten, dem Betriebsrat stünden die hilfsweise geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe nicht zur Seite.
7 ABR 18/10 > Rn 11
Sie hat beantragt,
1.
die Zustimmung des Betriebsrats zur Verlängerung der befristeten Einstellung von Frau A B ab dem 1. Oktober 2008 bis mindestens zum Zeitpunkt der Belieferung mit Cook+Chill-Produkten als Küchenhilfe im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung durch die Firma F GmbH auf der Basis einer 20-Stunden-Woche zu ersetzen und
2.
festzustellen, dass die vorläufige Einstellung von Frau A B zum 1. Oktober 2008 gem. § 100 BetrVG aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
7 ABR 18/10 > Rn 12
Der Betriebsrat hat Antragsabweisung beantragt und sich auf den Standpunkt gestellt, er sei über die beabsichtigte Einstellung nicht hinreichend informiert worden. Die nach § 93 BetrVG – auch bei einer beabsichtigten Stellenbesetzung mit Leiharbeitnehmern – erforderliche Stellenausschreibung könne nur dann mit heilender Wirkung nachgeholt werden, wenn eine vorläufige Einstellung nach § 100 BetrVG so dringend sei, dass die Ausschreibung vor der Stellenbesetzung technisch oder organisatorisch nicht umgesetzt und keine internen Bewerber erreicht werden könnten. Hiervon sei vorliegend nicht auszugehen. Zu Unrecht habe die Arbeitgeberin außerdem die Gründe für die Nichtverlängerung der Arbeitszeiten der teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen, die ihre Arbeitszeit aufstocken wollten, nicht angegeben. Die – hilfsweise erklärte – Zustimmungsverweigerung sei zu Recht erfolgt. Die Maßnahme verstoße gegen § 5 Abs. 2 TV Gleichbehandlung und § 9 TzBfG.
7 ABR 18/10 > Rn 13
Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin den Zustimmungsersetzungsantrag und den Antrag nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG weiter. Der Betriebsrat beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
7 ABR 18/10 > Rn 14
B. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben den Zustimmungsersetzungsantrag im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Hinsichtlich der Feststellung der dringenden Erforderlichkeit der vorläufigen personellen Maßnahme war das Verfahren einzustellen.
7 ABR 18/10 > Rn 15
I. Der Antrag zu 1. ist zulässig, insbesondere besitzt die Arbeitgeberin das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. In ihrem Unternehmen sind in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Daher bedarf es bei einer Einstellung gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. Weil der Betriebsrat der Einstellung seine Zustimmung verweigert hat, kann die Arbeitgeberin diese gerichtlich ersetzen lassen, § 99 Abs. 4 BetrVG. Den im Antrag angegebenen Daten „ab dem 1. Oktober 2008 bis mindestens zum Zeitpunkt der Belieferung mit Cook+Chill-Produkten“ kommt keine eigenständige Bedeutung zu. Zustimmungsersuchen nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und Zustimmungsersetzungsanträge nach § 99 Abs. 4 BetrVG sind nicht vergangenheits-, sondern zukunftsbezogen. Die im Antrag genannten Termine beschreiben lediglich den Zeitraum, in dem die Leiharbeitnehmerin im Betrieb der Arbeitgeberin eingesetzt werden soll. Sie drücken kein – unzulässiges – Begehren aus, die Zustimmung des Betriebsrats mit Wirkung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt zu ersetzen.
7 ABR 18/10 > Rn 16
II. Der Antrag zu 1. ist unbegründet. Es handelt sich um eine der Mitbestimmung unterliegende Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG. Die Arbeitgeberin hat das Zustimmungsverfahren nicht ordnungsgemäß iSv. § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG iVm. § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG eingeleitet. Die Frist für die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat somit nicht zu laufen begonnen. Die Zustimmung ist nicht zu ersetzen; auf die vom Betriebsrat vorgebrachten Zustimmungsverweigerungsgründe kommt es nicht an.
7 ABR 18/10 > Rn 17
1. Frau B befristeter Einsatz als Leiharbeitnehmerin im Küchenbereich ist eine mitbestimmungspflichtige Einstellung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG. Gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG ist vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung der Betriebsrat des Entleiherbetriebs nach § 99 BetrVG zu beteiligen. Handelt es sich – wie vorliegend – um die Verlängerung des befristeten Einsatzes eines Leiharbeitnehmers, ist auch diese nach § 99 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig (vgl. BAG 23. Januar 2008 – 1 ABR 74/06 – Rn. 24 mwN, BAGE 125, 306).
7 ABR 18/10 > Rn 18
2. Das Beschwerdegericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, die Arbeitgeberin habe den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG um Zustimmung zu der beabsichtigten Einstellung ersucht.
7 ABR 18/10 > Rn 19
a) Voraussetzung für die gerichtliche Ersetzung der verweigerten Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG ausreichend unterrichtet hat. Die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung darf – unabhängig von den dafür vorgebrachten Gründen – von den Gerichten nur ersetzt werden, wenn die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in Gang gesetzt wurde. Dazu muss der Arbeitgeber die Anforderungen des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sowie bei Einstellungen und Versetzungen auch diejenigen des § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG erfüllt haben (st. Rspr., vgl. zB BAG 28. Juni 2005 – 1 ABR 26/04 – zu B II 2 a der Gründe mwN, BAGE 115, 173).
7 ABR 18/10 > Rn 20
aa) Der Umfang der vom Arbeitgeber geforderten Unterrichtung des Betriebsrats bestimmt sich nach dem Zweck der Beteiligung an der jeweiligen personellen Maßnahme. Die Unterrichtungs- und Vorlagepflichten nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG dienen dazu, dem Betriebsrat die Informationen zu verschaffen, die er benötigt, um sein Recht zur Stellungnahme nach § 99 Abs. 2 BetrVG sachgerecht ausüben zu können. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat so zu unterrichten, dass dieser aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird, zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt (vgl. BAG 27. Oktober 2010 – 7 ABR 86/09 – Rn. 21 mwN, NZA 2011, 418). Gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 AÜG hat der Entleiher bei einem tatsächlichen Einsatz eines Leiharbeitnehmers dem Betriebsrat bei dessen Beteiligung nach § 99 BetrVG außerdem die schriftliche Erklärung des Verleihers nach § 12 Abs. 1 Satz 2 AÜG – also die Erklärung, ob der Verleiher die Erlaubnis nach § 1 AÜG besitzt – vorzulegen.
7 ABR 18/10 > Rn 21
bb) Die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG wird grundsätzlich auch dann nicht in Lauf gesetzt, wenn es der Betriebsrat unterlässt, den Arbeitgeber auf die offenkundige Unvollständigkeit der Unterrichtung hinzuweisen (BAG 5. Mai 2010 – 7 ABR 70/08 – Rn. 25 mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 130 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 16). Durfte der Arbeitgeber aber davon ausgehen, den Betriebsrat vollständig unterrichtet zu haben, kann es Sache des Betriebsrats sein, innerhalb der Frist um Vervollständigung der erteilten Auskünfte zu bitten. In Fällen, in denen der Betriebsrat auf eine unvollständige Unterrichtung hin seine Zustimmung verweigert hat, kann der Arbeitgeber auch noch im Zustimmungsersetzungsverfahren die fehlenden Informationen nachholen. Mit der Nachholung der Unterrichtung und der Vervollständigung der Informationen wird nun die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in Lauf gesetzt. Für den Betriebsrat muss allerdings erkennbar sein, dass der Arbeitgeber die Informationen während des Zustimmungsersetzungsverfahrens auch deswegen vervollständigt, weil er seiner gegebenenfalls noch nicht vollständig erfüllten Unterrichtungspflicht aus § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG nachkommen möchte. Das muss nicht ausdrücklich geschehen, sondern kann sich aus den Umständen der nachgereichten Informationen ergeben. Das Zustimmungsersuchen muss nicht wiederholt werden. Ein Hinweis darauf, dass jetzt die Zustimmungsverweigerungsfrist für den Betriebsrat erneut zu laufen beginnt, ist nicht erforderlich (vgl. BAG 6. Oktober 2010 – 7 ABR 80/09 – Rn. 39, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 45; 5. Mai 2010 – 7 ABR 70/08 – Rn. 34, aaO). Die ergänzende Information des Betriebsrats kann auch durch einen in einem gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahren eingereichten Schriftsatz oder ihm beigefügte Anlagen erfolgen. Dem steht nicht entgegen, dass unmittelbarer Adressat nicht der Betriebsrat, sondern das Gericht ist. In einem solchen Fall besteht allerdings die erhebliche Gefahr, dass der Betriebsrat die Mitteilung nicht als ergänzende abschließende Unterrichtung versteht und auch nicht als solche verstehen muss. Der Lauf der Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG beginnt in einem derartigen Fall zudem erst dann, wenn die Mitteilung beim Vorsitzenden des Betriebsrats eingeht. Das Risiko einer verspäteten oder unterbliebenen Weiterleitung trägt der Arbeitgeber (BAG 9. März 2011 – 7 ABR 127/09 – Rn. 25; 12. Januar 2011 – 7 ABR 25/09 – Rn. 45).
7 ABR 18/10 > Rn 22
cc) Die dargestellten Grundsätze zur unvollständigen Unterrichtung des Betriebsrats bei der Einleitung des Verfahrens nach § 99 BetrVG gelten entsprechend bei unrichtigen Angaben im Zustimmungsersuchen des Arbeitgebers. Eine nicht den Tatsachen entsprechende Unterrichtung des Betriebsrats über die personelle Maßnahme setzt die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht in Lauf (vgl. Fitting BetrVG 25. Aufl. § 99 Rn. 177). Der Arbeitgeber kann seine Angaben grundsätzlich auch noch im gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahren korrigieren und unzutreffende Tatsachen richtigstellen. Es muss dann aber für den Betriebsrat – und sei es aufgrund der Umstände der Informationskorrektur – deutlich werden, dass der Arbeitgeber mit der richtiggestellten Mitteilung seiner Verpflichtung zur Unterrichtung genügen will und diese Verpflichtung nunmehr als erfüllt ansieht. Anders wäre dies nur bei unrichtigen Angaben über Tatsachen und Umstände zu sehen, die offensichtlich keinen Bezug zu einem möglichen Zustimmungsverweigerungsgrund haben und über die der Betriebsrat demzufolge von vornherein nicht zu unterrichten wäre.
7 ABR 18/10 > Rn 23
b) Vorliegend hat die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die beabsichtigte personelle Maßnahme nicht ordnungsgemäß unterrichtet.
7 ABR 18/10 > Rn 24
aa) Die Arbeitgeberin hat – insoweit ausreichend – in dem Zustimmungsersuchen vom 17. September 2008 die Personalien der Leiharbeitnehmerin, ihren Einsatzbereich und -umfang, den Einstellungstermin und die Einsatzdauer mitgeteilt. Auch hat sie dem Betriebsrat mit Ziffer 3 des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags die schriftliche Erklärung des Verleihunternehmens entsprechend § 14 Abs. 3 Satz 2, § 12 Abs. 1 Satz 2 AÜG vorgelegt. Die Arbeitgeberin war nicht – auch nicht auf eine entsprechende Rüge des Betriebsrats hin – verpflichtet, die Höhe des Entgelts der bei ihr als Stamm- und als Leiharbeitnehmer beschäftigten Küchenhilfen mitzuteilen. Der Betriebsrat kann nicht verlangen, den Arbeitsvertrag zwischen der Leiharbeitnehmerin und dem Verleihunternehmen vorgelegt zu bekommen. Er war auch nicht darüber zu unterrichten, welche teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen aufgrund ihres angezeigten Wunsches auf Aufstockung ihrer Arbeitszeit grundsätzlich für die zu besetzende Stelle in Betracht gekommen wären. Diese Informationen weisen keinen hinreichenden Bezug zu der dem Betriebsrat mit der Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG zu eröffnenden sachangemessenen Prüfung auf, ob ein Grund für die Verweigerung der Zustimmung zu der beabsichtigten Einstellung der Leiharbeitnehmerin vorliegt (ausf. hierzu vgl. BAG 1. Juni 2011 – 7 ABR 117/09 -).
7 ABR 18/10 > Rn 25
bb) Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat aber über einen unterrichtungsrelevanten Umstand unzutreffend unterrichtet. In dem Zustimmungsersuchen ist angegeben: „Eine interne Ausschreibung hängt aus.“ Diese Angabe entsprach nicht den Tatsachen. Wie die Arbeitgeberin in ihrer Rechtsbeschwerdebegründung ausdrücklich betont hat, handelte es sich bei der Stellenausschreibung vom 7. November 2008 um die einzige Ausschreibung. Entgegen ihren Angaben im Ersuchen um Zustimmung des Betriebsrats gab es keine vor Einleitung des Zustimmungsverfahrens „aushängende interne Ausschreibung“.
7 ABR 18/10 > Rn 26
(1) Der Umstand einer innerbetrieblichen Ausschreibung des mit Frau B zu besetzenden Arbeitsplatzes war nicht offenkundig von vornherein ohne Relevanz für einen etwaigen Zustimmungsverweigerungsgrund. Nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG kann der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern, wenn eine nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin fehlt es nicht bereits dem Grunde nach an einem Informationsanspruch des Betriebsrats, weil mit einem Leiharbeitnehmer zu besetzende Stellen nicht von der Ausschreibungspflicht des § 93 BetrVG erfasst würden.
7 ABR 18/10 > Rn 27
(a) Auf das Unterbleiben einer Ausschreibung nach § 93 BetrVG kann der Betriebsrat die Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG nur stützen, wenn er die Ausschreibung vor dem Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zur Einstellung eines Arbeitnehmers auf einen bestimmten Arbeitsplatz verlangt hat. Ein späteres Ausschreibungsverlangen genügt nicht (BAG 14. Dezember 2004 – 1 ABR 54/03 – zu B II 3 b aa der Gründe mwN, BAGE 113, 102). Das Verlangen des Betriebsrats bestimmt zugleich den Umfang der Ausschreibungspflicht. Es kann sich auf zu besetzende Arbeitsplätze allgemein oder auf bestimmte Arten von Tätigkeiten innerhalb des Betriebs richten (BAG 6. Oktober 2010 – 7 ABR 18/09 – Rn. 16, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 132). Der Betriebsrat kann auch die innerbetriebliche Ausschreibung von Arbeitsplätzen verlangen, die vom Arbeitgeber dauerhaft für die Besetzung mit Leiharbeitnehmern vorgesehen sind. Dies folgt aus einem am Wortlaut, der Gesetzessystematik und dem Normzweck orientierten Verständnis der Vorschrift (vgl. BAG 1. Februar 2011 – 1 ABR 79/09 – Rn. 14 ff., NZA 2011, 703).
7 ABR 18/10 > Rn 28
(b) Hiernach scheidet ein Bezug der Information über eine innerbetriebliche Ausschreibung des von Frau B zu besetzenden, befristeten (Teilzeit-)Arbeitsplatzes zu dem Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG nicht von vornherein aus. Nach der nicht angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat gegenüber der Arbeitgeberin mündlich verlangt, „alle“ zu besetzenden Arbeitsplätze gemäß § 93 BetrVG betriebsintern auszuschreiben. Ob dieses Ausschreibungsverlangen – berechtigt – auch nur kurzfristig mit Leiharbeitnehmern zu besetzende Arbeitsplätze oder die Verlängerung deren vorübergehenden Einsatzes umfasst, muss nicht abschließend entschieden werden. Dies bliebe der Klärung in einem Verfahren vorbehalten, in dem der Betriebsrat den Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG geltend gemacht hat. Es kommt im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG nicht darauf an, ob einer der Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG vorliegt. Entscheidend ist vielmehr, ob die fehlende oder unzutreffende Information für einen – und sei es nur möglichen – Zustimmungsverweigerungsgrund relevant ist. Hiervon ist vorliegend auszugehen: Die mit Frau B zu besetzende Stelle mag zwar nicht „dauerhaft“ eingerichtet sein, soll aber für die Dauer ihres Bestehens und in diesem Sinne „dauerhaft“ mit ihr als Leiharbeitnehmerin besetzt werden.
7 ABR 18/10 > Rn 29
(2) Die unrichtige Mitteilung über eine Stellenausschreibung hat die Arbeitgeberin im Zustimmungsersetzungsverfahren nicht in dem Sinne berichtigt, dass die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in Gang gesetzt worden ist. Sie hat den Umstand der am 7. November 2008 erfolgten Stellenausschreibung in ihren Verfahrensschriftsätzen – erstmals mit Schriftsatz vom 11. Februar 2009 – zwar offengelegt. Hingegen hat sie, jedenfalls in den Tatsacheninstanzen, gegenüber dem Betriebsrat nicht deutlich gemacht, dass es sich um die einzige Ausschreibung handelte und dass sie mit dieser richtiggestellten Information zugleich ihrer Verpflichtung zur zutreffenden Unterrichtung des Betriebsrats genügen wollte und diese Verpflichtung nunmehr als erfüllt ansah. Die Umstände der Informationsklarstellung sprechen vielmehr dafür, dass die Arbeitgeberin ausschließlich ihrer Beibringungspflicht im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nachkommen wollte. Für den Betriebsrat war nicht erkennbar, dass die Mitteilung über die am 7. November 2008 erfolgte – aus Sicht der Arbeitgeberin in zulässiger Weise nachgeholte – Stellenausschreibung jedenfalls auch die unzutreffende Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG korrigieren sollte mit der Folge, dass die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nunmehr zu laufen begann.
7 ABR 18/10 > Rn 30
(3) Ist die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG damit – auch nicht während des Zustimmungsersetzungsverfahrens – in Gang gesetzt, kann dem Antrag der Arbeitgeberin nicht stattgegeben werden. Ob die vom Betriebsrat hilfsweise vorgebrachten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegen, bedarf keiner Entscheidung. Anders als das Landesarbeitsgericht argumentiert hat, verlangt der Streitfall insbesondere keine Entscheidung über die Frage, ob eine nach § 93 BetrVG gebotene und zunächst unterbliebene Ausschreibung während des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens nachgeholt werden kann. Diese Frage nach dem „Wegfall“ des Verweigerungsgrundes des § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG würde sich nur dann stellen, wenn der Betriebsrat innerhalb der Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG auf den Verweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG Bezug genommen hätte. Denn im gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahren ist nur die Berechtigung der rechtzeitig und formgerecht vorgebrachten Verweigerungsgründe zu prüfen und nicht, ob die Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme – etwa aus anderen, nicht geltend gemachten Gründen – zu Recht verweigert worden ist. Der Betriebsrat hat, als Reaktion auf die Mitteilung der Arbeitgeberin konsequent, in seiner Stellungnahme vom 26. September 2008 zu dem Zustimmungsersuchen den Verweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG nicht geltend gemacht, sondern das Fehlen von Informationen über den Inhalt der Ausschreibung gerügt. Seine verfahrensschriftsätzlichen Ausführungen zur „Nichtnachholbarkeit“ der Stellenausschreibung sind kein „Nachschieben“ eines Zustimmungsverweigerungsgrundes, sondern die Darstellung seiner Rechtsmeinung zu dieser Problematik. Hierauf kommt es nicht ausschlaggebend an. Erst wenn der Betriebsrat weiß, dass entgegen seinem vorherigen Verlangen eine innerbetriebliche Arbeitsplatzausschreibung unterblieben ist, kann er darüber befinden, den Verweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG geltend zu machen oder nicht. Wird er über das Vorliegen einer Ausschreibung nicht den Tatsachen entsprechend informiert, muss die Richtigstellung der Angabe hierzu in einer Weise geschehen, die es ihm ermöglicht, nunmehr entsprechend § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG frist- und formgerecht zu entscheiden, ob er den Verweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG einbringt. Dazu hat der Arbeitgeber deutlich zu erkennen zu geben, dass er die Angabe nicht als Darlegung im Zustimmungsersetzungsverfahren, sondern – zumindest auch – als den Fristbeginn des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG auslösend nachholt. Den Ausführungen der Arbeitgeberin in ihren Verfahrensschriftsätzen kann ein solcher Erklärungswert nicht beigemessen werden.
7 ABR 18/10 > Rn 31
III. Wegen des Antrags zu 2. ist das Verfahren einzustellen.
7 ABR 18/10 > Rn 32
1. Streitgegenstand eines Feststellungsantrags nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG ist die betriebsverfassungsrechtliche Befugnis des Arbeitgebers, eine personelle Maßnahme so lange vorläufig durchzuführen, bis über die Berechtigung zu ihrer dauerhaften Durchführung gerichtlich entschieden ist. Aus diesen Gründen kommt eine Entscheidung über den Feststellungsantrag nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG nicht mehr in Frage, wenn rechtskräftig über den Zustimmungsersetzungsantrag entschieden worden ist. Falls das Gericht die Zustimmung des Betriebsrats zu der betreffenden Maßnahme rechtskräftig ersetzt hat, steht damit fest, dass der Arbeitgeber die Maßnahme nicht mehr nur vorläufig, sondern dauerhaft durchführen darf. Auf die Frage, ob schon ihre vorläufige Vornahme gerechtfertigt war, kommt es nicht mehr an. Selbst wenn eine vorläufige Durchführung nicht aus sachlichen Gründen dringend geboten gewesen sein sollte, hat sich der Arbeitgeber nicht betriebsverfassungswidrig verhalten. Er durfte die Maßnahme bei Einhaltung des Verfahrens gemäß § 100 Abs. 2 BetrVG bis zu einer gerichtlichen Entscheidung in jedem Fall aufrechterhalten. Falls das Gericht den Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers rechtskräftig abgewiesen hat, steht nach § 100 Abs. 3 BetrVG zugleich fest, dass die Maßnahme selbst als vorläufige nach Ablauf von zwei Wochen nicht länger aufrechterhalten werden darf. Auch hierfür bedarf es keiner Bescheidung des Feststellungsantrags nach Abs. 2 Satz 3 der Vorschrift mehr. Die Ausgestaltung des Verfahrens nach § 100 Abs. 2 BetrVG zeigt damit, dass der Feststellungsantrag des Arbeitgebers von vornherein nur für die Zeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Zustimmungsersetzungsantrag zu stellen ist (vgl. BAG 16. November 2004 – 1 ABR 48/03 – zu B III der Gründe, BAGE 112, 329).
7 ABR 18/10 > Rn 33
2. Dementsprechend wird die Auslegung des Antrags nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG – wie hier – regelmäßig ergeben, dass er auf eine vorübergehende Regelung gerichtet und auf die Dauer des Verfahrens über den Zustimmungsersetzungsantrag befristet ist. Nach Wegfall der Rechtshängigkeit des Feststellungsantrags ist das ihn betreffende Verfahren durch Beschluss einzustellen. Nach § 81 Abs. 2 Satz 2, § 83a Abs. 2 Satz 1 ArbGG ist ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren einzustellen, wenn entweder der Antragsgegner seinen Antrag in zulässiger Weise zurücknimmt oder die Beteiligten es übereinstimmend für erledigt erklären. Die Vorschriften geben zu erkennen, dass ein Beschlussverfahren mit dem Ende der Rechtshängigkeit eines Antrags nicht von selbst sein Ende findet, sondern es dazu der förmlichen Einstellung durch das Gericht bedarf. Die Einstellung ist deshalb in entsprechender Anwendung des § 81 Abs. 2 Satz 2, § 83a Abs. 2 Satz 1 iVm. § 92 Abs. 2 Satz 3, § 95 Satz 4 ArbGG auch in Fällen wie diesem auszusprechen (vgl. BAG 16. Januar 2007 – 1 ABR 16/06 – Rn. 52 ff., AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 52 = EzA BetrVG 2001 § 99 Versetzung Nr. 3).
Gallner Kiel Schmidt
Günther Metzinger Strippelmann
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Fundstellen:
NZA 2012, 472