BAG – 2 AZR 65/99

Änderungskündigung zur Reduzierung der Arbeitszeit einer kommunalen Gleichstellungsbeauftragten – Beteiligung des Personalrats

Bundesarbeitsgericht,  Urteil vom 02.12.1999, 2 AZR 65/99

Leitsätze des Gerichts

Hat der Personalrat fristgerecht Einwendungen gegen eine beabsichtigte (Änderungs-)Kündigung erhoben, so ist diese in der Regel unwirksam, wenn der Arbeitgeber eine nach dem einschlägigen Personalvertretungsgesetz vorgeschriebene Erörterung mit dem Personalrat unterlassen hat (vgl. BAG 3. Februar 1982 – 7 AZR 907/79 – AP BPersVG § 72 Nr. 1).

Tenor

  1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 27. Oktober 1998 – 2 Sa 387/98 – aufgehoben.
  2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neustrelitz vom 8. April 1998 – 11 Ca 3503/97 – wird zurückgewiesen.
  3. Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

Die am 27. November 1957 geborene Klägerin ist verheiratet und zwei minderjährigen Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Die Klägerin war seit dem 1. Oktober 1992 bei der Beklagten, die etwa 11.500 Einwohner hat, als Gleichstellungsbeauftragte in der VergGr. VI b nach BAT-O mit einer Stundenzahl von zuletzt 30 Wochenstunden beschäftigt und erzielte daraus ein monatliches Bruttoeinkommen von 2.759,66 DM.

In der Hauptsatzung der Beklagten heißt es unter § 8 Abs. 4:

„Der Bürgermeister entscheidet über die Ernennung, Rücknahme der Ernennung, Beförderung, Entlassung und Entscheidung über die Anerkennung eines Dienstunfalls gemäß § 45 Abs. 3 Beamtenversorgungsgesetz für Beamte des einfachen und mittleren Dienstes.
Bei Angestellten bis zur VergGr. V c entscheidet er über die Einstellung, Höhergruppierung und Entlassung.“

§ 10 Abs. 1 der Hauptsatzung lautet:

„Die Gleichstellungsbeauftragte wird von der Stadtvertretung für die Dauer von neun Jahren bestellt. Sie unterliegt der Dienstaufsicht des Bürgermeisters.“

Am 13. Februar 1997 beschloß die Stadtvertretung der Beklagten den Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 1997. Mit dem Haushaltsplan war eine Liste von Stellenbezeichnungen vorgelegt worden, für die eine weitere Stundenreduzierung durchgeführt werden sollte. In dieser Übersicht war auch die Klägerin mit einer künftigen Teilzeitbeschäftigung von 20 Wochenstunden enthalten.

Der Personalratsvorsitzende war bereits mit Schreiben vom 16. Dezember 1996 über die beabsichtigten Änderungen des Stellenplans informiert worden.

Mit Schreiben vom 5. November 1997 informierte der Bürgermeister der Beklagten den Personalrat, daß angesichts der Änderung des Stellenplans beabsichtigt sei, gegenüber der Klägerin eine Änderungskündigung zur Herabsetzung der Zahl der Wochenstunden ab 1. April 1998 von 30 auf 20 auszusprechen. Dieses Schreiben ist dem Personalrat am 5. November 1997 zugegangen. Während die Beklagte im Berufungsverfahren behauptet hatte, der Personalrat habe darauf nicht reagiert, haben die Parteien in der Revisionsinstanz unstreitig gestellt, daß der Personalrat am 17. November 1997 gegen die beabsichtigte Änderungskündigung schriftlich Einwendungen erhoben hat.

Unter dem 4. Dezember 1997 beschloß der Hauptausschuß der Beklagten, daß der Klägerin auf der Basis des Beschlusses der Stadtvertretung vom 13. Februar 1997 zum Haushaltsplan 1997 die Änderungskündigung von 30 auf 20 Wochenstunden zum 31. März 1998 auszusprechen sei.

Unter dem 5. Dezember 1997 kündigte die Beklagte, vertreten durch den Bürgermeister, der Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 31. März 1998 und bot ihr gleichzeitig eine Fortsetzung mit 20 Wochenstunden ab 1. April 1998 an. Die Klägerin hat das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei sozial ungerechtfertigt; die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten könne nicht mit nur 20 Wochenstunden erledigt werden. Da die Bestellungskompetenz bzw. die Abberufungskompetenz bei der Stadtvertretung liege, hätte die Änderungskündigung von der Vorsitzenden der Stadtvertretung erklärt werden müssen. Im übrigen sei der Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 5. Dezember 1997 unwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich insbesondere auf den Beschluß der Stadtverordnetenversammlung vom 13. Februar 1997 berufen und geltend gemacht, danach sei dem für die Kündigung zuständigen Bürgermeister nur die Möglichkeit geblieben, die Änderungskündigung auszusprechen. Die Beteiligung des Personalrats sei nicht zu beanstanden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen und die Revision zugelassen.

Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Die Wirksamkeit der streitigen Änderungskündigung scheitert an einer fehlerhaften Beteiligung des Personalrats (§§ 62, 68 PersVG Mecklenburg-Vorpommern [PersVG M-V]).

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Personalrat sei mit dem Schreiben des Bürgermeisters vom 5. November 1997 ordnungsgemäß über die beabsichtigte Änderungskündigung informiert worden. Die Behauptung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht, der Personalrat habe auf dieses Schreiben nicht reagiert, sei durch Schweigen der Klägerin unstreitig geworden. Gemäß § 62 Abs. 2 Satz 4 (richtig wäre: Satz 5) PersVG M-V gelte somit die beabsichtigte Änderungskündigung als vom Personalrat gebilligt. Daß sich die Beklagte über das einzuhaltende Beteiligungsverfahren nicht stets im Klaren gewesen sei, sei unschädlich. Auch lasse sich aus dem Umstand, daß der Hauptausschuß am 4. Dezember 1997 über die beabsichtigte Änderungskündigung einen Beschluß gefaßt habe, nicht auf dessen Zuständigkeit mit der Folge schließen, daß sich das Mitwirkungsverfahren des Personalrats nach § 82 Abs. 1 PersVG M-V bestimmt hätte. Die Änderungskündigung habe auch nicht etwa von der Vorsteherin der Stadtverordneten unterschrieben werden müssen; die Ausführung der Beschlüsse der Stadtvertretung obliege dem Bürgermeister.

2. Dem folgt der Senat im Ergebnis nicht. Die Aufklärungsrüge der Revision ist begründet. Der Personalrat hat, wie die Parteien in der Revisionsinstanz unstreitig gestellt haben, entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts bereits am 17. November 1997 Einwendungen gegen die beabsichtigte Änderungskündigung erhoben. Für deren Wirksamkeit fehlt es deshalb entweder an der Zustimmung des Personalrats gemäß § 62 Abs. 1, § 68 Abs. 1 Nr. 2 PersVG M-V oder, falls ordentliche Kündigungen gemäß § 68 Absätze 5 bis 7 PersVG M-V nur mitwirkungspflichtig sind, an der Erörterung gemäß § 62 Abs. 10 Satz 1 PersVG M-V.

a) Die haushaltsrechtliche Entscheidung der Stadtvertreterversammlung vom 13. Februar 1997 mit der Änderung der Teilzeitstelle der Klägerin von einer Planstelle mit 30 Wochenstunden in eine solche mit 20 Wochenstunden konnte den Arbeitsvertrag der Klägerin nicht unmittelbar ändern, sondern mußte erst durch eine entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarung bzw. hier mangels vorbehaltlosen Einverständnisses der Klägerin im Wege der Änderungskündigung individualrechtlich umgesetzt werden. Daran würde sich auch dann nichts ändern, wenn in der Veränderung der Planstelle durch Reduzierung der Wochenstundenzahl eine Modifizierung der Bestellung gemäß § 41 Abs. 1 und Abs. 2 KV M-V zu sehen wäre. Für den Ausspruch der Änderungskündigung war gemäß § 21, §41 Abs. 6 KV M-V in Verbindung mit § 8 Abs. 4 Satz 2, § 10 Abs. 1 der Hauptsatzung der Beklagten der Bürgermeister zuständig. Dieser hatte sich ausweislich des Schreibens vom 5. November 1997 an den Personalrat zur Änderungskündigung entschlossen. Daß er sich für seine Entscheidung durch Initiierung eines entsprechenden Beschlusses des Hauptausschusses politisch rückversicherte, änderte daran nichts und konnte insbesondere die Zuständigkeit für den Entschluß zur Änderungskündigung nicht vom Bürgermeister auf den Hauptausschuß verlagern. Dem Landesarbeitsgericht ist deshalb darin zu folgen, daß das Schreiben des Bürgermeisters an den Personalrat vom 5. November 1997 als Information des Personalrats über die beabsichtigte Änderungskündigung und Antrag auf Zustimmung im Sinne von § 62 Abs. 2 Satz 1 PersVG M-V zu werten ist. Es ist nicht zu beanstanden, daß das Landesarbeitsgericht dieses Schreiben unter Berücksichtigung der dem Personalrat früher erteilten Informationen auch für inhaltlich ausreichend angesehen hat.

b) Zwar hat das Landesarbeitsgericht unzweideutig festgestellt, die Klägerin habe infolge Stillschweigens die Behauptung der Beklagten nicht bestritten, daß der Personalrat auf das Schreiben des Bürgermeisters vom 5. November 1997 nicht reagiert habe. An diese Feststellung ist der Senat jedoch nicht gemäß § 561 Abs. 2 ZPO gebunden, weil die Revision hierzu einen zulässigen und begründeten Revisionsangriff erhoben hat.

Die Revision hat zwar bei ihrer Verfahrensrüge die verletzten Rechtsnormen nicht mit Angabe der einschlägigen Paragraphen bezeichnet. Sie hat jedoch gerügt, das Landesarbeitsgericht habe eine Überraschungsentscheidung gefällt, indem es den neuen Sachvortrag der Beklagten, der Personalrat habe auf das Schreiben des Bürgermeisters vom 5. November 1997 keine Stellungnahme abgegeben, als infolge Schweigens der Klägerin unstreitig gewertet und zu ihren Lasten berücksichtigt habe; das Berufungsgericht hätte insoweit die Pflicht gehabt, der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Damit hat die Revision ausreichend deutlich gemacht, sie halte die richterliche Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139 Abs. 1, § 278 Abs. 3 ZPO) für verletzt. Als Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm im Sinne von § 554 Abs. 3 Nr. 3 a ZPO ist dies ausreichend (vgl. Senat 16. Januar 1997 – 2 AZR 35/96 – AP BGB § 779 Nr. 14).

Mit ihren Ausführungen hat die Revision auch die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensmangel ergibt, im Sinn von § 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO ausreichend bezeichnet. Bei der Rüge unterlassener Fragestellung (§ 139 Abs. 1 ZPO) oder des unterbliebenen Hinweises nach § 278 Abs. 3 ZPO muß die Revision die unterlassene Frage oder den übersehenen rechtlichen Gesichtspunkt bezeichnen und angeben, wie darauf reagiert worden wäre (vgl. zB Senat 11. August 1994 – 2 AZR 9/94 – AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 31 mwN; Zöller/Gummer ZPO 21. Aufl. § 554 Rn. 14). Die Revision hat hier darauf hingewiesen, bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht sei erst im Beschluß des Hauptausschusses vom 4. Dezember 1997 die maßgebliche Entscheidung zur Änderungskündigung gesehen worden. Beide Parteien hätten deshalb die Frage nicht weiter überprüft, inwieweit der Personalrat das Schreiben vom 5. November 1997 beantwortet habe. Mit Recht rügt die Revision, bei dieser Sachlage hätte das Landesarbeitsgericht der Klägerin zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung (§ 278 Abs. 3 ZPO) Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen, wenn es dem neuen Vorbringen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, der Personalrat habe auf das Schreiben vom 5. November 1997 nicht reagiert, Bedeutung beimessen und das diesbezügliche Schweigen der Klägerin als Nichtbestreiten werten wollte (§ 139 Abs. 1 ZPO). Gegebenenfalls hätte hier das Gericht eine angemessene Schriftsatzfrist einräumen müssen, wenn sich die Klägerin – zB mangels aktueller Erinnerung – zu einer sofortigen substantiierten Einlassung außerstande sah (BGH 15. Januar 1981 – VII ZR 147/80 – NJW 1981, 1378; OLG München 3. Juli 1979 – 25 U 1261/79 – OLGZ 1979, 355; Thomas-Putzo ZPO 22. Aufl. § 139 Rn. 19 § 278 Rn. 9; Zöller/Greger ZPO 21. Aufl. § 278 Rn. 8 a).

Wenn die Beklagte demgegenüber geltend macht, das Schreiben vom 5. November 1997 sei bereits der Klageerwiderung als Anlage beigefügt gewesen, übersieht sie, daß der entscheidende neue und überraschende Gesichtspunkt die angeblich fehlende Reaktion des Personalrats war. Nur indem das Landesarbeitsgericht daraus die Billigungsfiktion des § 62 Abs. 2 Satz 5 PersVG M-V abgeleitet hat, kam es, wie die Revision zutreffend ausführt, zur Annahme einer ordnungsgemäßen Durchführung des Beteiligungsverfahrens; andernfalls hätte es nämlich konsequenterweise vom Mangel der Zustimmung des Personalrats ausgehen und demnach gemäß § 62 Abs. 1, § 68 Abs. 1 Nr. 2 PersVG M-V zur Feststellung der Unwirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen kommen müssen.

Die Revision hat schließlich mit ihrem Sachvortrag zum Eingang des Antwortschreibens des Personalrats am 17. November 1997 und der Beifügung einer Kopie dieses Schreibens als Anlage zur Revisionsbegründung hinreichend deutlich gemacht, was die Klägerin vorgetragen hätte, wenn das Landesarbeitsgericht seiner Hinweispflicht gemäß § 139 Abs. 1, § 278 Abs. 3 ZPO nachgekommen wäre und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hätte.

c) Die Sache ist gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO zugunsten der Klägerin entscheidungsreif:
Die Beklagte hat das schlüssige Vorbringen der Klägerin, der Personalrat habe mit seinem der Beklagten am 17. November 1997 zugegangen Einwendungsschreiben die Zustimmung zu der beabsichtigten Änderungskündigung verweigert, ausdrücklich unstreitig gestellt. Gemäß § 62 Abs. 2 Satz 3 PersVG M-V erfolgte die Zustimmungsverweigerung rechtzeitig. Für eine Anrufung der Einigungsstelle gemäß § 82 Abs. 3 PersVG M-V und deren Entscheidung zu Lasten der Klägerin vor Ausspruch der Änderungskündigung besteht nicht der geringste Anhaltspunkt. War die Änderungskündigung zustimmmungspflichtig, ist sie somit personalvertretungsrechtlich unwirksam (§ 62 Abs. 1, § 68 Abs. 1 Nr. 2 PersVG M-V).

Allerdings müßte dann die Aufnahme der Absätze 5 bis 7 in § 68 PersVG M-V als Redaktionsversehen zu werten seien, weil diese ersichtlich davon ausgehen, Kündigungen könnten auch ohne vorherige Zustimmung des Personalrats wirksam sein. Es erscheint kaum vorstellbar, daß der Gesetzgeber mit § 68 Abs. 5 und 6 PersVG M-V Regelungen für Kündigungen treffen wollte, die der Arbeitgeber ausspricht, obwohl ihm mangels Zustimmung des Personalrats ihre Unwirksamkeit klar sein muß. Deshalb spricht einiges dafür, § 68 Absätze 5 bis 7 PersVG M-V als spezielle Regelung für ordentliche Kündigungen anzusehen und insoweit, was auch der Hinweis in Abs. 5 auf § 62 Abs. 10 PersVG M-V belegen könnte, nur von einem bloßen Mitwirkungs- statt einem Zustimmungserfordernis auszugehen. Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes belegt den Willen des Gesetzgebers, alle Kündigungen zustimmungspflichtig zu machen, jedenfalls nicht eindeutig. Zwar sprechen dafür diverse Äußerungen im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens (vgl. zB Kurzprotokolle der gemeinsamen Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses vom 29. Oktober 1992 und des Innenausschusses vom 25. November 1992 sowie das Protokoll der 67. Sitzung des Landtags am 20. Januar 1993). Andererseits wurden noch in der Schlußphase des Verfahrens die Überschrift des § 68 („Beteiligung“ statt „Mitbestimmung“) der Einleitungssatz des Abs. 5 sowie der Satz 2 dieses Absatzes geändert und die Absätze 6 und 7 eingefügt, wofür teilweise die Gründe aus den dem Senat zugänglichen Materialien des Gesetzgebungsverfahrens nicht ersichtlich sind.

Ob der Gesetzgeber wirklich den Willen hatte, alle Kündigungen zustimmungspflichtig zu machen, und ob ihm gegebenenfalls die Umsetzung dieses Willens im Gesetz auch für ordentliche Kündigungen gelungen ist, kann vorliegend jedoch offen bleiben. Wenn die streitige Änderungskündigung nicht der Zustimmung des Personalrats bedurfte, bedurfte sie jedenfalls seiner Mitwirkung. Für diesen Fall schreibt § 62 Abs. 10 Satz 1 PersVG M-V vor, die beabsichtigte Maßnahme sei vor Durchführung mit dem Ziel einer Verständigung rechtzeitig und eingehend mit dem Personalrat zu erörtern. Zwar ist eine solche Erörterung entbehrlich, wenn der Personalrat zustimmt oder wenn er sich nicht gemäß § 62 Abs. 10 Satz 2 PersVG M-V innerhalb von zehn Arbeitstagen äußert, weil dann die Maßnahme als gebilligt gilt. Erhebt er jedoch wie hier fristgerecht Einwendungen, erfordert die Wirksamkeit der Beteiligung des Personalrats und damit die der Kündigung die Erörterung (vgl. BAG 3. Februar 1982 – 7 AZR 907/79 – AP BPersVG § 72 Nr. 1, zu I 3 b der Gründe; KR-Etzel 5. Aufl. BPersVG §§ 72, 79, 108 Rn. 36; Lorenzen/Schmidt/Etzel/Gerhold/Schlattmann BPersVG § 72 Rn. 13). Es ist weder vorgetragen noch besteht sonst ein Anhaltspunkt dafür, daß nach Erhebung der Einwendungen und vor der streitigen Änderungskündigung eine solche Erörterung erfolgt wäre.

d) Zwar haben die Instanzgerichte nicht festgestellt, wann die Vorbehaltsannahme der Klägerin der Beklagten zugegangen ist, weshalb die Einhaltung der Frist des § 2 Satz 2 KSchG nicht feststeht. Die Beklagte hat sich aber jedenfalls auf die Änderungsschutzklage als solche eingelassen (vgl. dazu Senat 17. Juni 1998 – 2 AZR 336/97 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 49; KR-Rost 5. Aufl. KSchG § 2 Rn. 64; Stahlhacke/ Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 7. Aufl. Rn. 1242). Mit der Änderungsschutzklage konnte die Klägerin auch geltend machen, es lägen sonstige Unwirksamkeitsgründe vor (vgl. BAG 10. März 1982 – 4 AZR 158/79 – BAGE 38, 106, 117; Senat 28. Mai 1998 – 2 AZR 615/97 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 48; KR-Rost aaO Rn. 150 ff., mwN). Vorliegend besteht ein derartiger sonstiger Unwirksamkeitsgrund in der mangelhaften Beteiligung des Personalrats. Die Änderung der Arbeitsbedingungen ist somit unwirksam.

 

Etzel      Bröhl       Fischermeier

Mauer       Baerbaum

 

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Vorinstanzen:
LAG Mecklenburg-Vorpommern,  Urteil vom 27.10.1998, 2 Sa 387/98
ArbG Neustrelitz,  Urteil vom 08.04.1998, 11 Ca 3503/97
 

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Fundstellen:

NZA 2000, 367


Papierfundstellen:

Die Entscheidung BAG – 2 AZR 65/99 wird zitiert in:

  1. > BAG, 23.06.2009 – 2 AZR 532/08

  2. > BAG, 12.04.2002 – 2 AZR 148/01