BAG – 8 AZR 196/03

Vertragsstrafe –  Formulararbeitsvertrag

Bundesarbeitsgericht,  Urteil vom 04.03.2004, 8 AZR 196/03
Leitsätze des Gerichts

  1. Zwar sind Vertragsstrafenabreden in Formularverträgen nach § 309 Nr. 6 BGB generell unzulässig; in formularmäßigen Arbeitsverträgen folgt aus der angemessenen Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach § 310 Abs. 4 Satz 2 1. Halbsatz BGB jedoch die grundsätzliche Zulässigkeit von Vertragsstrafenabreden. Die Unwirksamkeit solcher Vereinbarungen kann sich aber auf Grund einer unangemessenen Benachteiligung ergeben (§ 307 Abs. 1 BGB).
  2. Ist eine Vertragsstrafe in einem Formulararbeitsvertrag zu hoch, kommt eine geltungserhaltende Reduktion grundsätzlich nicht in Betracht.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24. Januar 2003 ( LAG Hamm, Urt. v. 24.1.2003 — 10 Sa 1158/02) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Vertragsstrafe.
Am 23. Januar 2002 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, in dem die Einstellung der Beklagten als Verkäuferin bei der Klägerin ab dem 1. März 2002 vereinbart wurde.
Nach § 2 des Arbeitsvertrags war eine sechsmonatige Probezeit mit einer beiderseitigen Kündigungsfrist von zwei Wochen vereinbart. Gem. § 3 des Arbeitsvertrags betrug die monatliche Vergütung 1.840,65 Euro.
§ 11 des Arbeitsvertrags lautete wie folgt:
“Tritt der/die Arbeitnehmer/in das Arbeitsverhältnis nicht an, löst er/sie das Arbeitsverhältnis unter Vertragsbruch oder wird der Arbeitgeber durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst, so hat der/die Arbeitnehmer/in an den Arbeitgeber eine Vertragsstrafe in Höhe von einem Brutto-Monatsgehalt/-lohn zu zahlen. Der Arbeitgeber kann einen weitergehenden Schaden geltend machen.”
§ 12 des Arbeitsvertrags lautete:
“1. Das Arbeitsverhältnis kann nach Ablauf der Probezeit beiderseits mit einer Frist von
4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats (gesetzliche Mindestkündigungsfrist)
4 Wochen (gilt nur für Kleinbetriebe bis 20 Arbeitnehmer gemäß § 622 Abs. 5 Nr. 2 BGB)
gekündigt werden. Ist nichts anderes vereinbart, gilt eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum Ende des Kalendermonats.
2. Soweit dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin aufgrund gesetzlicher Vorschriften nur mit einer verlängerten Frist gekündigt werden darf, gilt diese verlängerte Kündigungsfrist auch für eine Kündigung seitens des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin. Eine verspätet zugegangene Kündigung gilt als Kündigung für den nächstzulässigen Zeitpunkt. Eine fristlose Kündigung gilt vorsorglich auch als fristgemäße Kündigung für den nächstzulässigen Zeitpunkt. Eine Kündigung vor Beginn des Arbeitsverhältnisses ist unzulässig.”
Mit Schreiben vom 27. Januar 2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Arbeit nicht antreten werde und kündige.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe durch ihre Kündigung eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsgehalts verwirkt.
Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.840,65 Euro nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe. Die Aufkündigung eines Arbeitsverhältnisses sei vor Aufnahme der Beschäftigung möglich. Die vereinbarte Kündigungsfrist habe die Beklagte eingehalten. Der Klägerin sei eine termingerechte Besetzung der Stelle ab 1. März 2002 noch möglich gewesen. Auf Grund des Angebots auf dem Arbeitsmarkt seien vier Wochen ausreichend, um eine entsprechende Fachverkäuferin zu finden. Allein im Arbeitsamtbezirk Bochum seien im Februar 2002 mindestens 150 Arbeitnehmer mit der Qualifikation “Lebensmittelfachverkäufer” als arbeitssuchend gemeldet gewesen. Schließlich sei auch die Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe nicht angemessen. Die vereinbarte Vertragsstrafe von einem Monatsgehalt berücksichtige nicht die verkürzte Kündigungsfrist in der Probezeit.
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin den Zahlungsanspruch weiter.
 
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie kann die Zahlung einer Vertragsstrafe von der Beklagten nicht verlangen.
a)
Das Landesarbeitsgericht hat die Vertragsstrafenvereinbarung im Hinblick auf § 309 Nr. 6 und § 307 BGB für unwirksam gehalten. Bei der Vertragsstrafe handele es sich um eine wirksam in den Vertrag einbezogene allgemeine Geschäftsbedingung in einem Musterarbeitsvertrag. Eine teleologische Reduktion des § 309 Nr. 6 BGB nur auf Kunden- und Verbraucherverträge scheide aus. Die fehlende Vollstreckbarkeit der Arbeitsleistung nach § 888 Abs. 3 ZPO sei keine Besonderheit des Arbeitsrechts, da sie auch für den Dienstvertrag gelte. Die bisherige Üblichkeit von Vertragsstrafenregelungen im Arbeitsrecht stelle keine arbeitsrechtliche Besonderheit dar, genauso wenig wie eventuelle Beweisschwierigkeiten bei der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs. Doch selbst wenn § 309 Nr. 6 BGB nicht eingreife, sei die Klausel, die eine Kündigung vor Vertragsantritt ausschließe, möglicherweise überraschend und damit nach § 305c BGB unwirksam. Damit fehle es an einem Vertragsbruch. Jedenfalls stelle eine Vertragsstrafe in Höhe eines Monatsgehalts für den Fall des Vertragsbruchs in der Probezeit, in der eine Kündigungsfrist von zwei Wochen bestehe, eine unangemessene Benachteiligung dar. Die Klägerin habe leicht eine Ersatzkraft finden können. Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe nach § 343 BGB komme nicht in Betracht.
b)
Diese Ausführungen halten im Ergebnis und in wesentlichen Teilen der Begründung der revisionsrechtlichen Prüfung stand. Die Vertragsstrafenvereinbarung ist allerdings nicht bereits nach § 309 Nr. 6 BGB unwirksam, da insoweit die angemessene Berücksichtigung von im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten entgegensteht. Die Unwirksamkeit der Vertragsstrafenabrede in § 11 des Arbeitsvertrags vom 23. Januar 2002 ergibt sich jedoch aus § 307 BGB.
I. Die Vertragsstrafenabrede ist als Allgemeine Geschäftsbedingung in den Arbeitsvertrag der Parteien einbezogen worden. Dieser wurde im Jahre 2002 geschlossen, so dass auf ihn die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 anzuwenden sind. Hierzu gehört auch die in den §§ 305 bis 310 BGB geregelte Gestaltung des Schuldverhältnisses durch Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Arbeitsvertrag der Beklagten besteht aus für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbestimmungen, welche die Klägerin der Beklagten bei Abschluss des Vertrages stellte. Daher handelt es sich nach der Legaldefinition des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB um Allgemeine Geschäftsbedingungen.
Nach § 339 BGB kann eine Vertragsstrafe für den Fall vereinbart werden, dass der Schuldner eine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt. Die Vertragsstrafe ist ein vom Gesetzgeber zur Verfügung gestelltes besonderes Rechtsinstitut des Bürgerlichen Rechts für Schuldverhältnisse und kann demgemäß auch in Arbeitsverhältnissen vereinbart werden.
Grundsätzlich kann ein Arbeitsvertrag unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist oder auch aus wichtigem Grund fristlos vor dem vereinbarten Dienstantritt gekündigt werden. Im Streitfall haben die Parteien eine Kündigung vor Dienstantritt aber ausdrücklich ausgeschlossen. Dieser Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit vor Antritt der Arbeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässig (BAG v. 13.6.1990 — 5 AZR 304/89; v. 2.11.1978 — 2 AZR 74/77, BAGE 31, 121 = AP BGB § 620 Nr. 3 = EzA BGB § 620 Nr. 38). Zu Gunsten der Klägerin kann daher von einem schuldhaften Nichtantritt der Arbeit durch die Beklagte ausgegangen werden. Diese Pflichtverletzung löst jedoch keinen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe aus, denn die dem zugrunde liegende Vereinbarung ist unwirksam.
II. Zwar sind nach § 309 Nr. 6 BGB Vertragsstrafenvereinbarungen als Klauseln ohne Wertungsmöglichkeit in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. In formularmäßigen Arbeitsverträgen folgt aber aus der angemessenen Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach § 310 Abs. 4 Satz 2 1. Halbsatz BGB die grundsätzliche Zulässigkeit von Vertragsstrafenabreden.
1. Vertragsstrafenvereinbarungen wie die vorliegende erfüllen den Tatbestand des § 309 Nr. 6 BGB. Nach dieser Vorschrift ist unter anderem eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, durch die dem Verwender für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, die Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird.
Im Schrifttum wird jedoch teilweise die Auffassung vertreten, die Vorschrift des § 309 Nr. 6 BGB sei insgesamt nicht auf Arbeitsverhältnisse zugeschnitten, sondern primär am Bild des zahlungspflichtigen Kunden orientiert. Dies zeigten die anderen dort genannten Fälle wie die Nichtabnahme oder die verspätete Abnahme der Leistung und des Zahlungsverzugs (Nachweise bei Preis in ErfurterKomm./BGB, §§ 305 – 310 BGB Rz. 93; Gotthardt, Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform, Rz. 250; Gotthardt, ZIP 2002, 277 [283]; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II V 30 Rz. 27; Stoffels, AGB-Recht, Rz. 903; Seitz/Hülbach in Tschöpe, Anwalts-Handbuch Arbeitsrecht, Teil 2 D Rz. 41; ebenso ArbG Duisburg v. 14.8.2002 – 3 Ca 1676/02, AiB 2003, 189). Auch habe der Gesetzgeber mit dem Tatbestand der “Lösung vom Vertrag” nicht die Beendigung des Arbeitsvertrags im Auge gehabt. Vielmehr solle die Vorschrift – wie zuvor der gleich lautende § 11 Nr. 6 AGBG – einem Missbrauch von Reuegeldern und Abstandssummen entgegenwirken (vgl. BT-Drucks. 7/3919, 30; Lingemann, NZA 2002, 181 [192]; Gotthardt, ZIP 2002, 277 [283]; Henssler, RdA 2002, 129 [138]); daher habe das Bundesarbeitsgericht letztgenannte Vorschrift schon bisher zu Recht auf Arbeitsverträge nicht angewendet (Preis, Sonderbeilage NZA 2003, 19 [32], unter Hinweis auf: BAG v. 27.4.2000 — 8 AZR 301/99; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II V 30 Rz. 27).
Eine generelle Nichtanwendung der Norm des § 309 Nr. 6 BGB auf Arbeitsverträge auf Grund teleologischer Reduktion kann aber nicht angenommen werden. Die Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf Arbeitsverträge entspricht vielmehr grundsätzlich dem Willen des Gesetzgebers. Nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf sollte die im AGBG für das Arbeitsrecht geltende Bereichsausnahme des § 23 AGBG aF auf §§ 305 bis 310 BGB übertragen werden; diese Vorschriften sollten mithin keine Anwendung auf dem Gebiet des Arbeitsrechts finden (BT-Drucks. 14/7052, 24). Auf die Bitte des Bundesrats, zu überprüfen, ob diese Ausnahme für das Arbeitsrecht noch sachgerecht sei (BT-Drucks. 14/6857, 17), schlug die Bundesregierung vor, § 310 Abs. 4 BGB wie nunmehr geschehen zu fassen, damit das Schutzniveau der Vertragsinhaltskontrolle im Arbeitsrecht nicht hinter demjenigen im Zivilrecht zurückbleibt. Eine Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB soll gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nur bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- oder Gesellschaftsrechts sowie bei Tarifverträgen, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen unterbleiben. Bei der Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen sollen dagegen lediglich die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen berücksichtigt werden, eine Kontrolle dagegen nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Hierdurch und durch die Streichung der früheren Bereichsausnahme für das Arbeitsrecht in § 23 AGBG aF hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass die Anwendung der Klauselverbote grundsätzlich auch für Formulararbeitsverträge gilt. Dieser ausdrückliche Wille des Gesetzgebers steht einer einschränkenden Auslegung des § 309 Nr. 6 BGB entgegen. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut ist die Norm somit grundsätzlich auf alle Fälle der “Lösung vom Vertrag” anzuwenden (ebenso Reichenbach, NZA 2003, 309 [311]; insoweit zutreffend Däubler, NZA 2001, 1329 [1336]; Holtkamp, AuA 2002, 251 [254]; Klevemann, Anm. zu AiB 2002, 577 [579]; Reinecke, DB 2002, 583 [585]). Als Lösung vom Vertrag ist sowohl der Vertragsbruch als auch der Nichtantritt des Arbeitsverhältnisses anzusehen (vgl. BAG v. 17.7.1985 — 5 AZR 104/84).
2. Die angemessene Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten führt zu dem Ergebnis, dass Vertragsstrafen grundsätzlich weiterhin im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Arbeitsverträge einbezogen werden können.
a) In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob und inwieweit die Vereinbarung von Vertragsstrafenklauseln in Formulararbeitsverträgen nach der Schuldrechtsreform noch möglich ist.
aa) Zum Teil wird die Auffassung vertreten, das Klauselverbot gemäß § 309 Nr. 6 BGB finde ungeachtet des § 310 Abs. 4 Satz 2 1. Halbsatz BGB “ungefiltert”, dh. uneingeschränkt (Birnbaum, NZA 2003, 944 [950]) Anwendung.
(1) Zur Begründung wird zum Teil auf den Wortlaut des § 309 Nr. 6 BGB einschließlich der amtlichen Überschrift (Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit) abgestellt (LAG Hess. v. 25.4.2003 — 17 Sa 1723/02, unter Verweis auf die gleich lautende Vorschrift des § 11 Nr. 6 AGBG; LAG Düsseldorf v. 8.1.2003 — 12 Sa 1301/02, LAGE BGB 2002 § 309 Nr. 1 = AP BGB 2002 § 309 Nr. 2; Abel, Anm. zu AiB 2002, 442; Däubler, NZA 2001, 1329 [1336]; Kittner/Zwanziger/Lakies, Arbeitsrecht Handbuch für die Praxis, § 79 Rz. 20c; Klevemann, Anm. zu AiB 2002, 577 [579]; Reinecke, DB 2002, 583 [585]; Schuster, Anm. zu AiB 2003, 708). § 309 Nr. 6 sei lex specialis gegenüber § 310 Abs. 4 Satz 2 1. Halbsatz BGB (ArbG Bielefeld v. 2.12.2002 — 3 Ca 3733/02). Vereinzelt wird auch vertreten, über den Wortlaut der Norm (“für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst”) hinaus seien im Arbeitsrecht sämtliche Vertragsstrafenabreden unwirksam, weil das gesetzliche Unbilligkeitsurteil Vertragsstrafen im Arbeitsrecht insgesamt und nicht nur die für den Fall des Vertragsbruchs verwirkten erfasse (Kittner/Zwanziger/Lakies, Arbeitsrecht Handbuch für die Praxis, § 79 Rz. 20c; von Koppenfels, NZA 2002, 598 [602]).
(2) Eine andere Argumentation für die grundsätzlich uneingeschränkte Anwendbarkeit von § 309 Nr. 6 BGB legt § 310 Abs. 4 Satz 2 1. Halbsatz BGB eng aus. Danach ist diese Norm nicht so zu verstehen, dass mit den “im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten” dasjenige gemeint wäre, was dieses Rechtsgebiet von anderen unterscheide; vielmehr seien nur spezielle Gegebenheiten innerhalb des Arbeitsrechts oder Sonderarbeitsverträge gemeint, also Besonderheiten des jeweiligen Vertrags wie Befristungen, Arbeitsverhältnisse mit Tendenzunternehmen etc. (Birnbaum, NZA 2003, 944; Hümmerich, AnwBl. 2002, 671 [679]; Hümmerich, NZA 2003, 753 [762]; Hümmerich/Holthausen, NZA 2002, 173 [178]). Danach unterläge ein Arbeitsvertrag zunächst der uneingeschränkten Inhaltskontrolle; lediglich für einzelne Ausschnitte des Arbeitsrechts bzw. Sonderarbeitsrechtsbeziehungen gälte eine “modifizierte” Inhaltskontrolle, nämlich soweit Besonderheiten dieser speziellen Arbeitsverhältnisse diese Modifikationen erforderlich machten (Birnbaum, NZA 2003, 944 [946]). Nach dieser Auffassung wäre die Vertragsstrafenklausel gegebenenfalls bei Verträgen mit hochbesoldeten oder besonders qualifizierten Arbeitnehmern wirksam, sofern gerade diese Umstände den besonderen Schutz des Arbeitgebers davor erfordern, dass der Arbeitnehmer die Stelle nicht antritt oder fristwidrig verlässt (ähnlich Reinecke, DB 2002, 583 [586]). Für ein solches Verständnis des § 310 Abs. 4 Satz 2 1. Halbsatz BGB wird angeführt, dass der Rechtsausschuss im Gesetzgebungsverfahren spezifische Bereiche des Arbeitsrechts mit dem Beispiel des kirchlichen Arbeitsrechts (BT-Drucks. 14/7052, 189) erwähnt hat (Birnbaum, NZA 2003, 944 [947]; Hümmerich, AnwBl. 2002, 671 [679]; Hümmerich/Holthausen, NZA 2002, 173 [178]). Auch die Funktion des Arbeitsrechts als Arbeitnehmerschutzrecht spreche für diese enge Auslegung der Ausnahmeregelung; ebenso lege es der Wortlaut der Norm (“die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten”) nahe, dass nicht die “Besonderheiten des Arbeitsrechts”, sondern nur diejenigen “innerhalb des Arbeitsrechts” gemeint seien (Birnbaum, NZA 2003, 944 [948]). Im vorliegend zu entscheidenden Falle handelt es sich nicht um ein besonderes Arbeitsverhältnis, so dass nach dieser Auffassung die Vertragsstrafenklausel nach § 309 Nr. 6 BGB unwirksam wäre.
(3) Andere Teile von Rechtsprechung und Literatur beziehen § 310 Abs. 4 Satz 2 1. Halbsatz BGB zwar auf Besonderheiten des Rechtsgebiets Arbeitsrecht im Ganzen, vertreten jedoch die Auffassung, gemeint seien nur die rechtlichen, nicht die tatsächlichen Besonderheiten, die das Arbeitsrecht von anderen Rechtsgebieten unterschieden. Dies folge zum einen daraus, dass der Gesetzgeber – anders als in der Gesetzesbegründung vorgesehen – nicht mehr von den “besonderen Bedürfnissen eines Arbeitsverhältnisses”, sondern von den “im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten” spreche (LAG Hess. v. 7.5.2003 — 2 Sa 53/03); “gelten” könnten nicht tatsächliche, sondern nur rechtliche Momente (LAG Hess. v. 7.5.2003 — 2 Sa 53/03; LAG Hamm v. 24.1.2003 — 10 Sa 1158/02, AP BGB 2002 § 309 Nr. 1; ArbG Bochum v. 8.7.2002 — 3 Ca 1287/02, DB 2002, 1659 = NZA 2002, 978; Thüsing, NZA 2002, 591 [592]; Thüsing, BB 2002, 2666 [2673]; Preis, Sonderbeilage NZA 2003, 19 [26]; a.A. dagegen wohl Joost, FS Ulmer, S. 1199 [1203]; Leder/Morgenroth, NZA 2002, 952 [956]). Daher sei die bisherige Üblichkeit einzelner Klauseln ebenso wenig ein taugliches Argument wie die besondere tatsächliche Situation der Vertragsparteien (Thüsing, NZA 2002, 591 [593]), also zB Beweisschwierigkeiten hinsichtlich der Schadenshöhe bei Vertragsbruch.
Im Arbeitsrecht geltende rechtliche Besonderheiten, welche die Zulässigkeit von Vertragsstrafenklauseln rechtfertigen könnten, sind nach der vorstehend dargestellten Auffassung nicht gegeben. Als Besonderheiten des Arbeitsrechts, so wird von dieser Meinung vertreten, kämen nur jene Rechtsnormen in Betracht, die nur für Arbeitsverträge, nicht jedoch zugleich für andere Vertragstypen gälten (Thüsing, BB 2002, 2666 [2673]). Daher handele es sich auch dann nicht um eine rechtliche Besonderheit von Arbeitsverhältnissen, wenn man die Arbeitsleistung als unvertretbare, nach § 888 Abs. 3 ZPO nicht vollstreckbare Handlung ansehe, denn derartige Vollstreckungsprobleme ergäben sich bei Dienstverträgen aller Art, nicht nur bei Arbeitsverträgen (LAG Hess. v. 7.5.2003 — 2 Sa 53/03; Klevemann, Anm. zu AiB 2002, 577 [579, 581]; ähnlich auch Herbert/Oberrath, NZA 2004, 121 [126]). Zum Teil wird auch vertreten, es gebe keinerlei “im Arbeitsrecht geltende Besonderheiten”, die geeignet wären, sich gegenüber dem zwingenden Recht der §§ 307 ff. BGB durchzusetzen (Schierbaum in Berscheid/Kunz/Brand, PraxisArbR, Teil 2 Rz. 2170 [2174]; ähnlich auch Henssler/Graf von Westphalen, Praxis der Schuldrechtsreform, 1. Aufl., § 310 Rz. 7).
bb) Andere Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur halten die Einbeziehung von Vertragsstrafenklauseln durch Allgemeine Geschäftsbedingungen auch für den Fall der Lösung vom Vertrag nach wie vor für zulässig und begründen dies mit im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten, deren Berücksichtigung zur Nichtanwendung von § 309 Nr. 6 BGB auf Arbeitsverhältnisse führe. Zunächst finde ungeachtet der Überschrift des § 309 BGB (“Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit”) auch diese Norm nur unter Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Besonderheiten Anwendung (so Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 310 Rz. 51, unter Hinweis auf die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme der Bundesrats; Bauer/Kock, DB 2002, 42 [45]). Es sei nicht erkennbar, dass die Berücksichtigung arbeitsrechtlicher Besonderheiten bei der Anwendung des § 309 BGB nach dem Willen des Gesetzgebers von vornherein ausgeschlossen sein solle (Söllner, ZfA 2003, 145 [157]). Nach der Gesetzesbegründung solle § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB vor allem mit Blick auf spezielle Klauselverbote gelten (Berger-Delhey, ZTR 2002, 66 [67]). Diese Norm bewirke, dass auf dem Gebiete des Arbeitsrechts die Klauselverbote “ohne” Wertungsmöglichkeit des § 309 BGB zu solchen “mit” Wertungsmöglichkeit würden (Joost, FS Ulmer, S. 1199 [1203]; Conein-Eikelmann, DB 2003, 2546 [2548]); für diesen Bereich sei die Überschrift eine “Falschbezeichnung” (Annuß, BB 2002, 458 [462]).
Die demnach auch im Rahmen von § 309 Nr. 6 BGB gebotene angemessene Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten führe zur grundsätzlichen Zulässigkeit formularmäßig einbezogener Vertragsstrafen auch für den Fall der Lösung vom Vertrag. Dies wird mit folgenden Argumenten begründet:
(1) Es wird angeführt, auf Grund besonderer rechtlicher Gegebenheiten des Arbeitsrechts stelle die Vertragsstrafe typischerweise die einzig wirksame Möglichkeit dar, den Arbeitnehmer zur Erfüllung der Arbeitspflicht anzuhalten (Seitz/Hülbach in Tschöpe, Anwalts-Handbuch Arbeitsrecht, Teil 2 D Rz. 41; Heinze, NZA 1994, 244 [249]). Der Grund liege darin, dass die Durchsetzung der Arbeitspflicht im Wege der Zwangsvollstreckung gemäß § 888 Abs. 3 ZPO ausgeschlossen sei (Annuß, BB 2002, 458 [463]; Conein-Eikelmann, DB 2003, 2546; Hromadka, NJW 2002, 2523 [2528]; Hümmerich, NZA 2003, 753 [762]; Reichenbach, NZA 2003, 309; Schulte/Möller, BuW 2003, 35 [36]; Singer, RdA 2003, 194 [202]; vgl. auch Preis, Sonderbeilage NZA 2003, 19 [33], m.w.N.; Reichold, ZTR 2002, 202 [207]).
(2) Zu Gunsten der Zulässigkeit von Vertragsstrafenklauseln auch nach neuem Schuldrecht wird weiter argumentiert, derartige Klauseln seien, was bei der Prüfung arbeitsrechtlicher Besonderheiten ins Gewicht falle, schon bisher üblich gewesen (Bartz, AuA 2002, 62 [64]; Lingemann, NZA 2002, 181 [192]). Der Gesetzgeber habe einen Bruch mit der gefestigten Rechtsprechung, wie sie zur Zulässigkeit von Vertragsstrafen in Formulararbeitsverträgen bestanden habe, nicht beabsichtigt (Berkowsky, AuA 2002, 11 [15]; Leder/Morgenroth, NZA 2002, 952 [954]; Schaub/Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, § 60 Rz. 4), zumal diese Rechtsprechung einem begründeten und billigenswerten Interesse des Arbeitgebers entspreche (Reichold, ZTR 2002, 202 [207]). Bereits bisher habe die vom Bundesarbeitsgericht vorgenommene Heranziehung von Grundsätzen des AGBG über § 242 BGB auf besonderen Rahmenbedingungen und Interessenlagen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts beruht; § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB ermögliche es, diese Rechtsprechung fortzuführen (Henssler, RdA 2002, 129 [135]; Hromadka, NJW 2002, 2523 [2528]; Seitz/Hülbach in Tschöpe, Anwalts-Handbuch Arbeitsrecht, Teil 2 D Rz. 40).
b) Auch nach der Schuldrechtsreform ermöglichen die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten die – auch formularmäßige – Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall der rechtswidrigen Lösung von einem Arbeitsvertrag. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB nur rechtliche oder auch tatsächliche Besonderheiten Berücksichtigung finden. Die Besonderheiten, die zur weiteren Zulässigkeit von Vertragsstrafenvereinbarungen auch im Falle der Lösung vom Vertrag (§ 309 Nr. 6 BGB) sprechen, sind nämlich rechtlicher Natur.
aa) Auch bei den Klauselverboten “ohne Wertungsmöglichkeit” des § 309 BGB sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen. Die amtliche Überschrift des § 309 BGB steht dem nicht entgegen. Bereits nach dem Wortlaut von § 310 Abs. 4 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB bezieht sich die Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten auf den gesamten Abschnitt, also die §§ 305 bis 310 BGB. Durch die aus der Vorgängervorschrift des § 11 AGBG übernommene Überschrift soll verdeutlicht werden, dass die Klauselverbote des § 309 BGB im Gegensatz zu § 308 BGB keine unbestimmten Rechtsbegriffe verwenden, so dass die genannten Klauseln unabhängig von einer richterlichen Wertung unwirksam sind. Der Umstand, dass § 309 Nr. 5b) und Nr. 8b)dd) gleichwohl die unbestimmten Rechtsbegriffe “wesentlich” bzw. “unverhältnismäßig” enthält, steht dem nicht entgegen (Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 309 Rz. 2).
Über diese Abgrenzung zu § 308 BGB hinaus kann der Überschrift nicht der Sinn beigelegt werden, die Berücksichtigung arbeitsrechtlicher Besonderheiten zu sperren. Dies ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB. Die Äußerung der Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren bezeichnet es gerade als wesentlichen Sinn der Regelung, dass “vor allem die besonderen Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit im Arbeitsrecht nicht zwingend uneingeschränkt zur Anwendung kommen” (BT-Drucks. 14/6857, 54; im gleichen SinneBauer/Kock, DB 2002, 42 [45]; Joost, FS Ulmer, S. 1199 [1203]; Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 310 Rz. 51; Söllner, ZfA 2003, 145 [157]; a.A. ArbG Bielefeld v. 2.12.2002 — 3 Ca 3733/02). Dieses Ziel würde verfehlt, nähme man § 309 BGB von der Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Besonderheiten aus. In diesem Falle bliebe im Wesentlichen nur dort Raum zur Anwendung von § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB, wo ohnehin eine richterliche Wertungsmöglichkeit eröffnet ist, nämlich vor allem bei §§ 307 f. BGB. Hierdurch verlöre die Norm aber nahezu jeden Regelungsgehalt.
bb) Die Auslegung von § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB ergibt weiter, dass sich die für das Arbeitsrecht vorgesehene angemessene Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nicht auf spezielle Gegebenheiten innerhalb des Arbeitsrechts oder Sonderarbeitsrechtsbeziehungen wie Arbeitsverträge im kirchlichen Bereich, befristete Verträge, Tendenzunternehmen etc. beschränkt.
(1) Der Wortlaut der in hohem Maße unbestimmten Generalklausel (Joost, FS Ulmer, S. 1199 [1203]) des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB gibt keinen eindeutigen Aufschluss darüber, welches die “angemessen” zu berücksichtigenden “im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten” sind (Thüsing, BB 2002, 2666 [2672]; zur Kritik an der Gesetzgebungstechnik vgl. z.B. Leder/Morgenroth, NZA 2002, 952 [955]; Richardi, NZA 2002, 1057 [1058]; Singer, RdA 2003, 194 [198]; Weick, JZ 2002, 442 [443]). Für die Formulierung der Norm findet sich in anderen Gesetzen kein für die Auslegung hilfreiches Beispiel (Thüsing, NZA 2002, 591, “Neologismus der Gesetzessprache”).
(2) Zu weitgehend ist es, jedwede arbeitsrechtliche Besonderheit zu negieren und zu einem Missbrauch zu disqualifizieren und so immer zu einer vollständigen Anwendung der §§ 307 ff. BGB nF zu gelangen (so aber Henssler/Graf von Westphalen, Praxis der Schuldrechtsreform, 1. Aufl., § 310 Rz. 7). Auch bei dieser Auslegung verlöre § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB jeglichen Sinn (dagegen deshalb zu Recht Thüsing, NZA 2002, 591 [592]; Reichenbach, NZA 2003, 309 [311]; vgl. auch Henssler/Graf von Westphalen, Praxis der Schuldrechtsreform, 2. Aufl., § 310 Rz. 7, nunmehr mit der gegenteiligen Tendenz).
Darüber hinaus soll sich nach dem Sinn und der Entstehung des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB die Regelung nicht darauf beschränken, spezielle Gegebenheiten innerhalb einzelner Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen. Nach der unter B… II 1 der Entscheidungsgründe dargestellten Gesetzesgeschichte schlug die Bundesregierung vor, § 310 Abs. 4 BGB wie nunmehr geschehen zu fassen, damit das “Schutzniveau der Vertragsinhaltskontrolle im Arbeitsrecht nicht hinter demjenigen des Zivilrechts zurückbleibt”. Allerdings sollten vor allem die besonderen Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit “im Arbeitsrecht” nicht zwingend uneingeschränkt zur Anwendung kommen. Vielmehr sollten hier die “besonderen Bedürfnisse eines Arbeitsverhältnisses berücksichtigt werden können” (BT-Drucks. 14/6857, 54).
Dies zeigt, dass von § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB nicht nur rechtlich besonders ausgestaltete Arbeitsverhältnisse erfasst werden sollten. Vielmehr schreibt die Norm für die Klauselkontrolle in jedem Arbeitsverhältnis die Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Besonderheiten vor. Der dagegen in der Literatur vorgebrachte Hinweis, der Gesetzgeber habe das Schutzniveau für Arbeitnehmer generell anheben wollen, ist zwar zutreffend, die Anpassung der Klauselkontrolle im Arbeitsrecht an das “Schutzniveau” des Zivilrechts bezieht sich ersichtlich jedoch nur auf den Wegfall der ursprünglich geplanten vollständigen Bereichsausnahme. Die weitere Begründung, vor allem bei den Klauselverboten ohne Wertungsmöglichkeit sollten die besonderen Bedürfnisse eines Arbeitsverhältnisses berücksichtigt werden können, zeigt, dass § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB seinen Regelungsgehalt in allen Arbeitsverhältnissen entfalten soll. Die Bedeutung der Vorschrift geht daher über die Berücksichtigung der “Besonderheiten spezifischer Bereiche des Arbeitsrechts wie z. B. des kirchlichen Arbeitsrechts” (Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/7052, 189) hinaus (Holtkamp, AuA 2002, 251 [254]). Der vorstehend zitierten Erwartung des Rechtsausschusses lässt sich – zumal angesichts der oben angeführten Äußerung der Bundesregierung – nicht entnehmen, dass sich die Anwendung der Norm in der angemessenen Behandlung spezifischer Bereiche des Arbeitsrechts erschöpfen soll. Es handelt sich lediglich um ein Beispiel, nicht um eine Begrenzung der Anwendung.
cc) Die danach gebotene angemessene Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten führt zu dem Ergebnis, dass § 309 Nr. 6 BGB der Wirksamkeit formularmäßiger Vertragsstrafen in Arbeitsverträgen nicht entgegensteht.
(1) Eine Besonderheit des Arbeitsrechts bildet nämlich die Regelung des § 888 Abs. 3 ZPO, die es ausschließt, die Verpflichtung zur Arbeitsleistung zu vollstrecken. Hierdurch fehlt dem Arbeitgeber im Gegensatz zu anderen Gläubigern die Möglichkeit, den vertraglichen Primäranspruch, die Leistung der Arbeit, durchzusetzen; daher besteht ein Bedürfnis an Sanktionsinstrumenten, um zur Erfüllung der vertraglichen Hauptpflicht anzuhalten. Die Vertragsstrafe stellt in vielen Fällen die einzig wirksame Möglichkeit dar, um dies zu erreichen, denn obgleich durch den Nichtantritt der Arbeit bzw. die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist nicht selten hohe Schäden entstehen, scheitert die Durchsetzung von Ersatzansprüchen häufig daran, dass die Kausalität der Pflichtverletzung für den Schaden oder dessen Höhe nicht nachgewiesen werden können. Diesen und den speziell arbeitsrechtlichen Umstand mangelnder Vollstreckungsmöglichkeiten hat das Bundesarbeitsgericht bereits unter Geltung der alten Rechtslage zur Begründung der grundsätzlichen Wirksamkeit von formularmäßigen Vertragsstrafenabreden herangezogen (BAG v. 30.11.1994 — 5 AZR 702/93, AP TVG § 4 Nr. 16 = EzA TVG § 4 Nr. 43; v. 23.5.1984 — 4 AZR 129/82, BAGE 46, 50 = MDR 1984, 1049 = AP BGB § 339 Nr. 9; zur Nichtanwendung von § 11 Nr. 6 AGBG vgl. auch: v. 27.4.2000 — 8 AZR 301/99; v. 27.5.1992 — 5 AZR 324/91, EzA BGB § 339 Nr. 8; v. 5.2.1986 — 5 AZR 564/84, AP BGB § 339 Nr. 12 = EzA BGB § 339 Nr. 2). Bei dem Ausschluss der Vollstreckbarkeit handelt es sich um eine wesentliche Besonderheit des Arbeitsrechts; hieran hat sich durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nichts geändert (Henssler, RdA 2002, 129 [138]; Hromadka, NJW 2002, 2523 [2528]; Leder/Morgenroth, NZA 2002, 952 [954 f.]; Seitz/Hülbach in Tschöpe, Anwalts-Handbuch Arbeitsrecht, Teil 2 D Rz. 41; Bauer/Rolf, Anm. zu AP BGB 2002 § 309 Nr. 2).
Die fehlende Vollstreckbarkeit der Arbeitsleistung gemäß § 888 Abs. 3 ZPO ist eine “im Arbeitsrecht geltende Besonderheit” iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB. Der Umstand, dass diese Norm auch auf Dienstverträge Anwendung findet, die nicht Arbeitsverträge sind, schließt dies nicht aus. Die “besonderen Bedürfnisse eines Arbeitsverhältnisses” (so Gegenäußerung der Bundesregierung BT-Drucks. 14/6857, 54) könnten entgegen dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers bei einer derart engen Auslegung der Norm nicht hinreichend berücksichtigt werden.
(2) Ob im Arbeitsrecht geltende Besonderheiten vorliegen, ist nicht daran zu messen, dass eine Norm ausschließlich auf Arbeitsverhältnisse Anwendung findet, sondern daran, ob es sich im Vergleich zu den Grundsätzen des Bürgerlichen Rechts und Prozessrechts, wonach Leistungstitel grundsätzlich vollstreckbar sind, um eine abweichende Regelung handelt (Singer, RdA 2003, 194 [199]). Die gegenteilige Auffassung würde zu dem Ergebnis führen, dass der Arbeitgeber mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nicht nach den §§ 305 ff. BGB kontrollierbar wären, auf Normen reagieren dürfte, die ausschließlich im Arbeitsrecht gelten, hieran jedoch gehindert wäre, wenn die Norm auch für andere Schuldverhältnisse gilt. Um den Anwendungsbereich des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB zu eröffnen, müsste der Gesetzgeber damit erst Hindernisse schaffen, die dann durch Allgemeine Geschäftsbedingungen überwunden würden. Dies wäre sinnwidrig, der Anwendungsbereich des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB würde auf Null tendieren (Bauer/Rolf, Anm. zu AP BGB 2002 § 309 Nr. 2). Es genügt daher, dass sich die Anwendung der Norm besonders auf dem Gebiet des Arbeitsrechts auswirkt (Reichenbach, NZA 2003, 309 [311]). Dies ist in Bezug auf § 888 Abs. 3 ZPO der Fall, dessen praktische Bedeutung bei Eingehung einer Ehe und Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft äußerst gering ist und der im übrigen Zivilrecht lediglich auf die Leistung von Diensten Anwendung findet. Im Wesentlichen begründet die Vorschrift des § 888 Abs. 3 ZPO nur im Arbeitsrecht die Schutzlosigkeit des Dienstberechtigten (ebenso Reichenbach, NZA 2003, 309 [311]). Dabei ist darauf hinzuweisen, dass auch auf dienstverpflichtete Unternehmer § 309 Nr. 6 BGB wegen § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB ebenfalls keine Anwendung findet.
Der Ausschluss der Vollstreckbarkeit gemäß § 888 Abs. 3 ZPO gilt auch für alle Arbeitsverträge und nicht nur für Dienstpflichten höherer Art. Nicht nur bei diesen ist die Leistung unvertretbar, denn die Arbeitsleistung ist im Zweifel immer höchstpersönlicher Natur nach § 613 Satz 2 BGB (BAG v. 23.6.1992 — 9 AZR 111/91, BAGE 70, 348 = AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 59 = EzA BUrlG § 7 Nr. 84; LAG Schl.-Holst. v. 16.6.1986 — 4 (5) Sa 684/85, NZA 1987, 669; Kraft, NZA 1989, 777 [778]; Schaub/Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, § 45 Rz. 71; Herbert/Oberrath, NZA 2004, 121 [125]; a.A. Reichenbach, NZA 2003, 309 [311]). Gegen die Vollstreckbarkeit von Arbeitsleistungen jeglicher Art wird zudem auch das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers aus Art. 2 Abs. 1 GG und das Verbot der Zwangsarbeit ins Feld geführt (Küttner/Griese, Personalbuch 2003, Stichwort Vertragsbruch Rz. 2).
Durch die Zulässigkeit von Vertragsstrafen wird auch die Wertung von § 888 Abs. 3 BGB nicht unterlaufen, nach der die Arbeitsleistung nicht erzwungen werden kann. Aus den Vorschriften des § 5 Abs. 2 Nr. 2 BBiG (Verbot der Vertragsstrafe in Ausbildungsverträgen) und des § 75c HGB (Regelung der Vertragsstrafe bei nachvertraglichem Wettbewerbsverbot) folgt, dass Vertragsstrafenvereinbarungen im Arbeitsrecht nicht grundsätzlich unzulässig sind (Müller-Glöge in ErfurterKomm./BGB, §§ 339 – 345 BGB Rz. 11; Gotthardt, ZIP 2002, 277 [283]; Henssler, RdA 2002, 129 [138]; Preis, Sonderbeilage NZA 2003, 19 [33]; Schaub/Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, § 60 Rz. 4). Diese Vorschriften verdeutlichen die rechtliche Akzeptanz von Vertragsstrafenabreden (Preis, Sonderbeilage NZA 2003, 19 [33]).
III. Die Vertragsstrafenklausel stellt jedoch im Streitfall eine unangemessene Benachteiligung dar und ist demgemäß nach § 307 BGB unwirksam.
1. Der grundsätzlichen Anwendbarkeit von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stehen im Arbeitsrecht geltende Besonderheiten – auch für Vertragsstrafenregelungen – nicht entgegen (h.M.; z.B. LAG Hamm v. 24.1.2003 — 10 Sa 1158/02, AP BGB 2002 § 309 Nr. 1; Bauer/Rolf, Anm. zu AP BGB 2002 § 309 Nr. 2; Boudon, ArbRB 2003, 150 [153]; Preis in ErfurterKomm./BGB, §§ 305 – 310 BGB Rz. 94; Hromadka, NJW 2002, 2523 [2528]; Leder/Morgenroth, NZA 2002, 952 [956]; Lingemann, NZA 2002, 181 [188]; Reichenbach, NZA 2003, 309 [312]; Reinecke, DB 2002, 583 [584]). Gleich lautende Bestimmungen wie § 307 Abs. 1 BGB enthielt bereits § 9 AGBG. Das Bundesarbeitsgericht hat schon nach altem Schuldrecht im Rahmen von § 242 bzw. § 138 BGB das Verbot des unangemessenen Ausgleichs der beiderseitigen Interessen auf vorformulierte Klauseln in Arbeitsverträgen angewandt (BAG v. 24.6.1999 — 8 AZR 339/98, AP BGB § 611 Ausbildungsverhältnis Nr. 36 = EzA BGB § 326 Nr. 1; v. 18.3.2003 — 9 AZR 44/02, AP BGB § 157 Nr. 28; vgl. hierzu auch Lingemann, NZA 2002, 181 [188]).
2. Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird (BGH v. 14.1.1987 — IVa ZR 130/85, MDR 1987, 564 = NJW 1987, 2431; v. 3.11.1999 — VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 104 = MDR 2000, 320 = NJW 2000, 1110; v. 4.7.1997 — V ZR 405/96, CR 1998, 286 = NJW 1997, 3022). Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten (BAG v. 24.10.2002 — 6 AZR 632/00, MDR 2003, 814 = AP HGB § 89 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 3, m.w.N.). Es bedarf einer umfassenden Würdigung der beiden Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben (BGH v. 28.1.2003 –XI ZR 156/02, BGHZ 153, 344 = MDR 2003, 704 = BGHReport 2003, 545; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II V 30 Rz. 29 ff.). Dabei ist auch die Stellung der Klausel im Gesamtvertrag zu berücksichtigen, ebenso wie kompensierende oder summierende Effekte (BGH v. 2.12.1992 — VIII ARZ 5/92, NJW 1993, 532; v. 14.5.2003 — VIII ZR 308/02, MDR 2003, 1041 = BGHReport 2003, 926 = NJW 2003, 2234). Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Werden Allgemeine Geschäftsbedingungen für verschiedene Arten von Geschäften oder gegenüber verschiedenen Verkehrskreisen verwendet, deren Interessen, Verhältnisse und Schutzbedürfnisse generell unterschiedlich gelagert sind, so kann die Abwägung zu gruppentypisch unterschiedlichen Ergebnissen führen. Sie ist in den Vertrags- oder Fallgruppen vorzunehmen, wie sie durch die an dem Sachgegenstand orientierte typische Interessenlage gebildet werden (BAG v. 27.4.2000 — 8 AZR 286/99, BAGE 94, 300 = MDR 2000, 1382 = AP BGB § 765 Nr. 1 = EzA AGB-Gesetz § 9 Nr. 2; BGH v. 3.4.1998 — V ZR 6/97, MDR 1998, 825 = NJW 1998, 2600; v. 4.7.1997 — V ZR 405/96, CR 1998, 286 = NJW 1997, 3022; Hromadka, NJW 2002, 2523 [2528]).
a) Vertragsstrafenabreden benachteiligen den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen. Die Vertragsstrafe sichert das berechtigte Bedürfnis des Arbeitgebers, eine arbeitsvertragswidrige und schuldhafte Nichtaufnahme oder Beendigung der Arbeitstätigkeit seitens des Arbeitnehmers zu vermeiden. Ebenso soll die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 626 BGB) verhindert werden. Es geht darum, dem Arbeitgeber seinerseits die nahtlose Erbringung der Dienstleistungen gegenüber seinem Kunden und ggf. die entsprechende Einarbeitung eines Nachfolgers zu ermöglichen. Stellt der Arbeitnehmer die Arbeit vertragswidrig ein oder muss ihm fristlos gekündigt werden, sind die Darlegung und der Beweis eines konkreten Schadens – wie dargelegt – erfahrungsgemäß regelmäßig mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Die schadensersatzrechtlichen und zivilprozessualen Erleichterungen nach § 252 Satz 2 BGB und § 287 ZPO erleichtern nur in geringfügigem Umfang die Darlegung und den Nachweis des Schadens; der Nachweis des Schadens und des Kausalzusammenhangs zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden ist in der Praxis kaum zu führen (vgl. Boudon, ArbRB 2003, 150 [152]; Conein-Eikelmann, DB 2003, 2546 [2547]; Gotthardt, Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform, Rz. 250; Hromadka, NJW 2002, 2523 [2528]; Müller-Glöge in ErfurterKomm./BGB, §§339-345 BGB Rz. 11; Henssler, RdA 2002, 129 [138]; Henssler/Graf von Westphalen, Praxis der Schuldrechtsreform, 2. Aufl., § 310 Rz. 13; Lingemann, NZA 2002, 181 [191]; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II V 30 Rz. 27; Schaub/Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, § 60 Rz. 4, m.w.N.; Singer, RdA 2003, 194 [201]; Seitz/Hülbach in Tschöpe, Anwalts-Handbuch Arbeitsrecht, Teil 2 D Rz. 41; vgl. auch schon BAG v. 23.5.1984 — 4 AZR 129/82, BAGE 46, 50 = MDR 1984, 1049 = AP BGB § 339 Nr. 9). Das Interesse des Arbeitgebers an einer Vertragsstrafenregelung ist deshalb anerkennenswert. Der Arbeitnehmer wird auch nicht unangemessen benachteiligt, weil es an ihm liegt, seine Hauptpflichten zu erbringen (BAG v. 27.4.2000 — 8 AZR 301/99). Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse an der Einhaltung der arbeitsvertraglichen Hauptpflicht, während der Arbeitnehmer in der Regel weder ein Recht noch ein schützenswertes Interesse daran hat, den Arbeitsvertrag zu brechen (Henssler, RdA 2002, 129 [138]; Leder/Morgenroth, NZA 2002, 952 [954]; Bauer/Rolf, Anm. zu AP BGB 2002 § 309 Nr. 2; Singer, RdA 2003, 194 [202]). Dies gilt auch dann, wenn wegen einer nötigen Einarbeitungszeit und hoher Lohnkosten die Arbeitsleistung für den Arbeitgeber noch nicht so nützlich ist. Zu eng ist es nämlich, die Vertragsstrafe allein mit einem vermögensrechtlichen Interesse des Arbeitgebers zu begründen. Die schadensausgleichende Funktion ist nur eine der beiden Funktionen der Vertragsstrafe. Die Vertragsstrafe dient auch der Sicherung der Arbeitsaufnahme und muss nicht zwingend beide Zwecke verfolgen (Staudinger/Rieble, BGB, Vorbem. zu §§ 339 ff. Rz. 36; Bauer/Rolf, Anm. zu AP BGB 2002 § 309 Nr. 2; Singer, RdA 2003, 194 [202]). Ein Interesse des Arbeitgebers ist auch nicht nur bei Hochqualifizierten, bei sofortiger Einsatzbereitschaft oder bei ausgeschlossener Probezeit erkennbar. Dies mag sich gruppentypisch allenfalls auf die Höhe der Vertragsstrafe auswirken. Ist allerdings erkennbar, dass die Vertragsstrafe in erster Linie zur bloßen Schöpfung neuer, vom Sachinteresse des Verwenders losgelöster Geldforderungen eingesetzt wird, fehlt es am berechtigten Interesse des Arbeitgebers (Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II V 30 Rz. 29; im Anschluss an BGH v. 23.1.2003 — VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 = BGHReport 2003, 594 = MDR 2003, 804 = CR 2003, 647; v. 18.11.1982 — VII ZR 305/81, BGHZ 85, 305 [313 f.] = MDR 1983, 302).
b) Im Streitfall ist die Vertragsstrafe unangemessen hoch.
aa) Eine unangemessene Benachteiligung kann aus der Höhe einer Vertragsstrafe folgen (BGH v. 3.4.1998 — V ZR 6/97, MDR 1998, 825 = NJW 1998, 2600; Reichenbach, NZA 2003, 309 [313]). Für die Frage nach der angemessenen Höhe der Vertragsstrafe kommt es – anders als bei der Herabsetzung einer bereits verwirkten Vertragsstrafe nach § 343 BGB – wiederum nur auf eine typisierende Betrachtungsweise bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an. Im Mittelpunkt stehen ein beliebiger Arbeitnehmer oder ggf. eine Arbeitnehmergruppe, die Adressat der jeweiligen Vertragsstrafe sein könnten (Thüsing, BB 2004, 42 [45]). Das Fehlen eines Schadens führt noch nicht zur Unwirksamkeit, denn die Vertragsstrafe bezweckt in erster Linie, einen wirkungsvollen Druck auf den Schuldner zur Einhaltung seiner Verpflichtung auszuüben (BAG v. 25.10.1994 — 9 AZR 265/93). Bei der Beurteilung einer angemessenen Höhe ist aber zu berücksichtigen, ob typischerweise nur ein geringer Schaden zu erwarten ist. Außerdem können bei einer Inhaltskontrolle einer Formularabrede nach § 307 BGB in der Regel nur einer generalisierenden Betrachtungsweise zugängliche Maßstäbe herangezogen werden, wie zum Beispiel die Bruttomonatsvergütung (Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II V 30 Rz. 31; Leder/Morgenroth, NZA 2002, 952 [957]). Das Bundesarbeitsgericht hat schon unter der Geltung des früheren Rechts eine Vertragsstrafe in Höhe eines Monatsgehalts generell als geeigneten Maßstab angesehen (BAG v. 27.4.2000 — 8 AZR 301/99; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II V 30 Rz. 27). Bei formularmäßigen Strafabreden besteht ein gesteigertes Bedürfnis nach einer generellen Obergrenze, deren Überschreitung im Regelfall die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge hat (Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II V 30 Rz. 27). Das Abstellen auf die Monatsvergütung berücksichtigt im Normalfall auch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers.
bb) Die Festsetzung einer Vertragsstrafe in Höhe eines vollen Monatsgehalts beeinträchtigt den Arbeitnehmer jedoch typischerweise dann unangemessen, wenn er sich rechtmäßig mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen vom Vertrag lösen könnte.
Bereits zu § 343 BGB wurde und wird von einem großen Teil des Schrifttums vertreten, dass eine Vertragsstrafe nur bis zur Höhe der Bezüge für die Zeit der Mindestkündigungsfrist zumutbar ist (Gottwald in MünchKomm/BGB, § 343 Rz. 17; Schwerdtner, FS Hilger/Stumpf, S. 631 [644]; Heinze, NZA 1994, 244 [251]; Popp, NZA 1988, 455 [457]; Schaub/Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, § 60 Rz. 15). Dies gilt auch bei einer generellen Betrachtungsweise nach den § 9 AGBG aF, § 307 BGB nF (Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II V 30 Rz. 31; Schierbaum in Berscheid/Kunz/Brand, PraxisArbR, Teil 2 Rz. 2188; Reichenbach, NZA 2003, 309 [313]; Thüsing, BB 2004, 42 [45]; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, § 11 Nr. 6 Rz. 14). Auch nach der Rechtsprechung der Instanzgerichte soll die Vertragsstrafe regelmäßig das für die Kündigungsfrist zu zahlende Gehalt nicht übersteigen (vgl. LAG Düsseldorf v. 8.1.2003 — 12 Sa 1301/02, LAGE BGB 2002 § 309 Nr. 1 = AP BGB 2002 § 309 Nr. 2; LAG Sachs. v. 25.11.1997 — 9 Sa 731/97, LAGE BGB 339 Nr. 12; LAG Berlin v. 12.10.1981 – 12 Sa 71/81, DB 1982, 1627; LAG Köln v. 26.9.1989 — 3 Sa 332/89, LAGE BGB § 339 Nr. 4). Dem ist im Regelfall zu folgen. Zur Feststellung der Angemessenheit einer Vertragsstrafe ist die maßgebliche Kündigungsfrist von erheblicher Bedeutung. Denn hierin kommt zum Ausdruck, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber Arbeitsleistungen vom Arbeitnehmer verlangen kann und welches Interesse er an der Arbeitsleistung hat. Da es bei der Vereinbarung einer Vertragsstrafe jedenfalls auch um einen vermögensmäßigen Ausgleich nicht erbrachter Vertragsleistungen geht, sind die Kündigungsfristen, die durch den Vertragsbruch vom Arbeitnehmer nicht beachtet wurden, ein relevanter Abwägungsgesichtspunkt zur Feststellung der angemessenen Höhe iSv. § 343 Abs. 1 BGB (LAG Sachs. v. 25.11.1997 — 9 Sa 731/97, LAGE BGB 339 Nr. 12). Heinze (Heinze, NZA 1994, 244 [251]) weist zu Recht darauf hin, dass die Kündigungsfrist die einschlägige Maßgrundlage bilden muss, wolle man die Widerspruchsfreiheit wahren. Die Vertragsstrafe kann in Fällen, in denen typischerweise ein Schaden angesichts der nötigen Einarbeitungszeit nicht groß sein kann, nicht höher sein, als die Arbeitsleistung wert ist. Die Höhe der Arbeitnehmerbezüge bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist liefert somit für den Fall des Nichtantritts der Arbeit angesichts einer Kündigungsfrist von zwei Wochen grundsätzlich einen angemessenen Rahmen für die Vertragsstrafenhöhe zu Gunsten des Arbeitgebers. Eine darüber hinausgehende Vertragsstrafe lässt sich allenfalls rechtfertigen, wenn das Sanktionsinteresse des Arbeitgebers den Wert der Arbeitsleistung auf Grund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigt. Im Streitfall sind jedoch keine besonderen Interessen auf Seiten des Arbeitgebers ersichtlich.
c) Die unangemessene Benachteiligung führt nach § 307 Abs. 1 BGB zur Unwirksamkeit der Klausel. Eine geltungserhaltende Reduktion kommt jedenfalls für den Zeitraum, in dem die kurze Kündigungsfrist gilt, nicht in Betracht.
Im Grundsatz ist im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine geltungserhaltende Reduktion nach § 306 Abs. 2 BGB nicht vorgesehen (grundlegend BGH v. 17.5.1982 — VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109 = MDR 1982, 921; v. 25.7.2003 — VIII ZR 344/02, BGHReport 2003, 1259 = MDR 2003, 1348 = NJW 2003, 2899; Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, § 6 Rz. 31 ff.; Thüsing, BB 2002, 2666 [2674]; Thüsing, BB 2004, 42 [45]; Reichenbach, NZA 2003, 309 [313]; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II V 30 Rz. 32). Der Bundesgerichtshof lehnt auch speziell bei Vertragsstrafenregelungen eine geltungserhaltende Reduktion generell ab (BGH v. 23.1.2003 — VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 = BGHReport 2003, 594 = MDR 2003, 804 = CR 2003, 647; v. 12.3.1981 — VII ZR 293/79, MDR 1981, 748 = NJW 1981, 1509; v. 18.11.1982 — VII ZR 305/81, BGHZ 85, 305 [312 f.] = MDR 1983, 302; v. 19.1.1989 — VII ZR 348/87, MDR 1989, 535 = NJW-RR 1989, 527; v. 20.1.2000 — VII ZR 46/98, MDR 2000, 827 = NJW 2000, 2106; v. 20.3.2003 — I ZR 225/00, MDR 2003, 923 = BGHReport 2003, 916 = NJW-RR 2003, 1056).
Dem folgt der erkennende Senat. Dem Zweck der §§ 305 ff. BGB kann eine Aufrechterhaltung der beanstandeten Klausel mit eingeschränktem Inhalt nicht entnommen werden. Es ist Ziel des Gesetzes, auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinzuwirken. Dem Verwendungsgegner soll die Möglichkeit sachgerechter Information über die ihm aus dem vorformulierten Vertrag erwachsenden Rechte und Pflichten verschafft werden. Dieses Ziel ließe sich nicht erreichen, wenn jeder Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zunächst einmal ungefährdet bis zur Grenze dessen gehen könnte, was zu seinen Gunsten in gerade noch vertretbarer Weise angeführt werden kann. Damit würde nicht verhindert, dass der Vertragspartner des Verwenders in der Vertragsabwicklungspraxis mit überzogenen Klauseln konfrontiert wird. Erst in einem Prozess würde er vielmehr den Umfang seiner Rechte und Pflichten zuverlässig erfahren. Wer die Möglichkeit nutzen kann, die ihm der Grundsatz der Vertragsfreiheit für die Aufstellung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen eröffnet, muss auch das vollständige Risiko einer Klauselunwirksamkeit tragen (BGH v. 17.5.1982 — VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109 = MDR 1982, 921; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II V 30 Rz. 32; Stein, Anm. zu AP BGB § 339 Nr. 8). Dabei kann unentschieden bleiben, ob es Fälle gibt, in denen das “Alles-oder-Nichts-Prinzip” dem Charakter des Arbeitsverhältnisses als einem auf lange Dauer angelegten Schuldverhältnis mit für den Verwender der AGB eingeschränkter Kündigungsmöglichkeit nicht gerecht wird (so Hromadka, NJW 2002, 2523 [2529]).
Auch der Rechtsgedanke des § 343 BGB führt nicht zu einer Herabsetzung der Vertragsstrafe auf das angemessene Maß. § 343 BGB kommt nur bei verwirkten, also wirksam vereinbarten Vertragsstrafen in Betracht (BGH v. 12.3.1981 — VII ZR 293/79, MDR 1981, 748 = NJW 1981, 1509; Schierbaum in Berscheid/Kunz/Brand, PraxisArbR, Teil 2 Rz. 2189; Staudinger/Coester-Waltjen, AGBG, § 11 Nr. 6 Rz. 24; Gottwald in MünchKomm/BGB, § 343 Rz. 9; Leder/Morgenroth, NZA 2002, 952 [956]; Lingemann, NZA 2002, 181 [191]; Hümmerich, NZA 2003, 753 [762]).
c)
 
Die Kostentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
 
Hauck       Wittek       Laux
Mache       Binder
 
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Vorinstanz:
LAG Hamm,  Urteil vom 24.01.2003, 10 Sa 1158/02
ArbG Bochum,  Urteil vom 08.07.2002, 3 Ca 1287/02
 
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Fundstellen:
BAGE 110, 8
ZIP 2004, 1277
MDR 2004, 1062
BB 2004, 1740
DB 2004, 1616
NZA 2004, 727
BAGReport 2004, 249
AP BGB § 309 Nr. 3
EzA BGB 2002 § 309 Nr. 1