Außerordentliche Arbeitgeberkündigung – Rückgabe von im Eigentum des Arbeitgebers stehenden Sachen – Erledigungserklärung
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13.12.2007, 2 AZR 196/06
Tenor
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
2 AZR 196/06 > Rn 1
I. Die Parteien haben um die Rücknahme von zwei Abmahnungen der Beklagten und deren Entfernung aus der Personalakte der Klägerin gestritten. Auf Grund eines während des vorliegenden Revisionsverfahrens ergangenen Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts in einem Parallelverfahren (31. Juli 2006 – 9 AZN 524/06 -) steht inzwischen fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet ist. Mit Rücksicht darauf hat die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, mit Schriftsatz vom 30. Mai 2007 die Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt,
der Beklagten und Revisionsklägerin die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Revisionsverfahrens aufzuerlegen.
2 AZR 196/06 > Rn 2
Die Erledigungserklärung hat der Prozessbevollmächtigte nach Rücksprache mit der Klägerin mit einem am 8. Juni 2007 beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz zurückgenommen.
2 AZR 196/06 > Rn 3
Zuvor hatte die Beklagte mit einem am 7. Juni 2007 beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten im Hinblick auf die Erledigungserklärung der Klägerin beantragt,
der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
2 AZR 196/06 > Rn 4
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien nunmehr übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
2 AZR 196/06 > Rn 5
II. Die Kosten des Rechtsstreits waren nach § 91a ZPO gegeneinander aufzuheben. Haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so ist über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss zu entscheiden (§ 91a Abs. 1 ZPO).
2 AZR 196/06 > Rn 6
1. Die Parteien haben spätestens in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Es kommt damit nicht mehr darauf an, ob die Klägerin ihre Erledigungserklärung mit Schriftsatz vom 8. Juni 2007 wirksam zurückgenommen hatte.
2 AZR 196/06 > Rn 7
2. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes waren nach billigem Ermessen die Kosten gegeneinander aufzuheben.
2 AZR 196/06 > Rn 8
a) Der Rechtsstreit betraf in dem erledigten Abmahnungsrechtsstreit vor allem die Rechtsfrage, ob den Arbeitnehmer nach einer außerordentlichen Arbeitgeberkündigung, deren Wirksamkeit er bestreitet, hinsichtlich der Rückgabe von im Eigentum des Arbeitgebers stehenden Sachen (Dienstfahrzeug, Arbeitsmittel), keine arbeitsvertraglichen Pflichten mehr treffen und er insbesondere nicht mehr an Weisungen des Arbeitgebers gebunden ist. Letzteres hatte das Landesarbeitsgericht verneint, jedoch offenbar im Hinblick auf eine zu einem anderen Problem (Wettbewerbsverbot) ergangene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts die Revision zugelassen.
2 AZR 196/06 > Rn 9
b) Die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung trägt nicht die Entscheidung, die beiden Abmahnungen seien zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen. Ob jeweils ein Fehlverhalten der Klägerin vorlag, das die beiden Abmahnungen rechtfertigte, lässt sich nicht – wie geschehen – danach abgrenzen, ob für die Beklagte die Notwendigkeit bestand, ein Weisungsrecht aus einem gekündigten Arbeitsverhältnis auszuüben. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (25. April 1991 – 2 AZR 624/90 – AP BGB § 626 Nr. 104 = EzA BGB § 626 nF Nr. 140) ist bei einem Streit über die Wirksamkeit einer Arbeitgeberkündigung der Arbeitnehmer, der selbst die Wirksamkeit der Kündigung bestreitet, nicht von allen Pflichten aus dem streitigen Arbeitsverhältnis befreit. So ist er etwa an ein bestehendes Wettbewerbsverbot auch dann noch gebunden, wenn der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung ausspricht, deren Wirksamkeit der Arbeitnehmer bestreitet. Vergleichbare Pflichten des Arbeitnehmers können insbesondere vorliegen, wenn es um die Rückgabe des Eigentums des Arbeitgebers (Dienstwagen, Musterkoffer) geht. Auf berechtigte Wünsche des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer möge ihm sein Eigentum zurückgeben, darf der Arbeitnehmer nicht einfach dadurch reagieren, dass er etwa die mit der Abholung der betreffenden Gegenstände beauftragten Mitarbeiter des Arbeitgebers stundenlang vor seiner Haustür warten lässt, obwohl er zu Hause ist. Solche Pflichtverstöße hat die Beklagte der Klägerin jedoch gerade vorgeworfen.
2 AZR 196/06 > Rn 10
c) Da der gesamte Sachverhalt streitig war und das Landesarbeitsgericht zu den konkreten, der Abmahnung zugrunde liegenden Tatsachen keine Feststellungen getroffen hat, war im Zeitpunkt der Erledigungserklärung der Prozessausgang offen. Dies rechtfertigt es, nach billigem Ermessen die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben.
Rost Bröhl Eylert