Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.12.2018, 5 AZR 589/17
Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts vom 12.12.2018, 5 AZR 588/17.
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. November 2017 – 3 Sa 1275/17 – aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über Vergütung für Bereitschaftsdienste in der durch die Zweite Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (2. PflegeArbbV) vom 27. November 2014 (BAnz. AT 28. November 2014 V1) bestimmten Höhe.
2
Der Kläger ist beim Beklagten seit Juli 2011 als Pflegefachkraft beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien heißt es ua.:
„… wird ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit dem Recht zum Abruf der Arbeitsleistung in Form von Bereitschaftsdiensten … abgeschlossen.
§ 1
Einstellung / …
Der/die Arbeitnehmer/in wird mit Wirkung vom 01.07.2011 für die Tätigkeit einer Nachtbereitschaft eingestellt.
…
§ 2
Arbeitszeit
Die monatliche Arbeitszeit beträgt mindestens – Bereitschaftsdienste, höchstens 5 Bereitschaftsdienste.
…
Der/die Arbeitnehmer/in ist berechtigt, Bereitschaftsdienste abzulehnen, die der Arbeitgeber ihm/ihr nicht mindestens drei Tage im Voraus mitgeteilt hat.
Der/die Arbeitnehmerin ist verpflichtet, auf Verlangen Mehrarbeit zu leisten, soweit ihm/ihr dieses zumutbar ist.
…
§ 4
Dauer und Vergütung
Der Bereitschaftsdienst beginnt um 19:45 Uhr und endet am nächsten Morgen um 07:45 Uhr.
Drei oder vier Stunden (nach Absprache mit der Teamleitung) des Bereitschaftsdienstes gelten arbeitsrechtlich als normale Arbeitszeit. Sie werden mit EG KR 7 a, Stufe 2 pro Stunde vergütet. Es erfolgt keine gesonderte Auszahlung von Zeitzuschlägen, da diese in die Berechnung des Stundensatzes mit eingeflossen sind.
Die übrigen neun Stunden gelten als reiner Bereitschaftsdienst und werden pauschal mit je 5,00 EUR vergütet.
…“
3
Die Parteien waren im Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund beiderseitiger Verbandszugehörigkeit an den Tarifvertrag für die Arbeiterwohlfahrt in Nordrhein-Westfalen vom 5. Januar 2008 idF des 3. Änderungstarifvertrags vom 17. Dezember 2010 (im Folgenden TV AWO NRW) gebunden. Dort ist ua. bestimmt:
„§ 13a Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft
(1)
1Beschäftigte in Heimen, die überwiegend pflegerische Tätigkeiten ausüben, oder denen überwiegend die Betreuung oder Erziehung der untergebrachten Personen obliegt, sind verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst).
2Der Arbeitgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt. 3Bereitschaftsdienst darf höchstens zehn Mal im Monat angeordnet werden.
…
(1.1)
1Der Bereitschaftsdienst einschließlich der geleisteten Arbeit wird zum Zwecke der Entgeltberechnung mit 25 v.H. als Arbeitszeit bewertet. …
(1.2)
Wenn die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit überschritten wird, ist die Überstundenvergütung (§ 14) zu zahlen.
(2)
Zum Zwecke der Vergütungsberechnung wird die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit wie folgt als Arbeitszeit gewertet:
a)
Nach dem Maß der während des Bereitschaftsdienstes erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistungen wird die Zeit des Bereitschaftsdienstes wie folgt als Arbeitszeit gewertet:
Stufe
Arbeitsleistung innerhalb des Bereitschaftsdienstes
Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit
A
0 bis 10 v.H.
15 v.H.
B
mehr als 10 bis 25 v.H.
25 v.H.
C
mehr als 25 bis 40 v.H.
40 v.H.
D
mehr als 40 bis 49 v.H.
55 v.H.
Ein hiernach der Stufe A zugeordneter Bereitschaftsdienst wird Stufe B zugeteilt, wenn der Beschäftigte während des Bereitschaftsdienstes in der Zeit von 22.00 bis 06.00 Uhr erfahrungsgemäß durchschnittlich mehr als dreimal dienstlich in Anspruch genommen wird.
b)
Entsprechend der Zahl der vom dem/der Beschäftigten je Kalendermonat abgeleisteten Bereitschaftsdienste wird die Zeit eines jeden Bereitschaftsdienstes zusätzlich wie folgt als Arbeitszeit gewertet:
Zahl der Bereitschaftsdienste
Bewertung im Kalendermonat als Arbeitszeit
1. bis 8. Bereitschaftsdienst
25 v.H.
9. bis 12. Bereitschaftsdienst
35 v.H.
13. und folgende Bereitschaftsdienste
45 v.H.
…“
4
Mit Schreiben vom 30. Dezember 2016 begehrte der Kläger vom Beklagten weitere Vergütung in Höhe von 1.742,40 Euro brutto für das Jahr 2015 und von 1.068,75 Euro brutto für das Jahr 2016. Er habe von Januar bis Dezember 2015 insgesamt 396 und von Januar bis November 2016 insgesamt 225 Bereitschaftsdienststunden geleistet, wofür ihm nach § 2 Abs. 1 2. PflegeArbbV statt gezahlter 5,00 Euro brutto je Stunde ein Mindestentgelt in Höhe von 9,40 Euro brutto bzw. 9,75 Euro brutto je Stunde zustehe. Der Beklagte wies die Forderungen durch Schreiben vom 12. Januar 2017 zurück.
5
Mit seiner Klage vom 30. Januar 2017 hat der Kläger die Ansprüche weiterverfolgt. Im Berufungsverfahren hat er zusätzlich Differenzvergütung für den Monat Dezember 2016 verlangt. Zur Berechnung seiner Forderungen hat er nunmehr die Gesamtzahl der jeweils innerhalb eines Monats geleisteten Stunden mit dem Mindestentgelt nach § 2 Abs. 1 2. PflegeArbbV multipliziert. Von der sich hieraus berechnenden Gesamtvergütung hat er den in den jeweiligen Monatsabrechnungen ausgewiesenen Bruttoverdienst in Abzug gebracht. Auf dieser Grundlage hat er Differenzvergütung noch hinsichtlich solcher Monate begehrt, in denen sich zu seinen Gunsten ein Saldo ergab.
6
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte schulde das Mindestentgelt für jede der von ihm geleisteten Dienststunden. Die Voraussetzungen, unter denen nach § 2 Abs. 3 2. PflegeArbbV die Zeit des Bereitschaftsdienstes zum Zwecke der Entgeltberechnung in geringerem Umfang als Arbeitszeit bewertet werden könne, lägen nicht vor. Als Bereitschaftsdienst im Sinne der Bestimmung sei die jeweilige zwölfstündige Nachtbereitschaft anzusehen. Innerhalb der Schichten habe er regelmäßig von 19:45 Uhr bis 22:00 Uhr und ab 6:00 Uhr des folgenden Morgens voll gearbeitet. Danach habe die Zeit ohne Arbeitsleistung nicht, wie von § 2 Abs. 3 Satz 2 2. PflegeArbbV gefordert, erfahrungsgemäß mindestens 75 Prozent betragen.
7
Der Kläger hat zuletzt – zusammengefasst – beantragt,
1.
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.909,16 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 943,52 Euro seit dem 1. Januar 2016 und aus weiteren 965,64 Euro seit dem 1. Dezember 2016 zu zahlen;
2.
den Beklagten zu verurteilen, an ihn eine Schadensersatzpauschale in Höhe von 40,00 Euro zu zahlen.
8
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
9
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge mit geringfügig reduzierter Zinsforderung weiter.
Entscheidungsgründe
10
Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende erstinstanzliche Urteil zu Unrecht zurückgewiesen.
11
I. Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Sie ist hinsichtlich der zuletzt beanspruchten Differenzvergütung für die Monate Februar bis Mai, Juli, September, Oktober und Dezember 2015 sowie für die Monate Januar, Februar, Juni, Juli und Oktober bis Dezember 2016 als abschließende Gesamtklage zu verstehen (vgl. BAG 17. Oktober 2018 – 5 AZR 553/17 – Rn. 10). Die Zulässigkeit der im Berufungsverfahren erfolgten Klageerweiterung nach § 533 ZPO ist in der Revision analog § 268 ZPO nicht mehr zu prüfen, weil das Landesarbeitsgericht in der Sache entschieden hat (vgl. BAG 19. Mai 2016 – 3 AZR 766/14 – Rn. 16).
12
II. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen zu Unrecht angenommen, die Klage sei unbegründet, weil der Kläger nur zu den Zeiten Bereitschaftsdienst geleistet habe, während derer er nicht zur Vollarbeit verpflichtet gewesen sei. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen ist der Senat an einer eigenen Sachentscheidung gehindert (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
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1. Der Geltungsbereich der 2. PflegeArbbV ist eröffnet. Das steht zwischen den Parteien außer Streit. Davon geht auch das Landesarbeitsgericht aus. Ein Rechtsfehler ist insoweit nicht zu erkennen.
14
2. Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage einer unvollständigen Auslegung des Arbeitsvertrags der Parteien und der dadurch bedingten fehlerhaften Anwendung von § 2 Abs. 3 Satz 2 2. PflegeArbbV zu dem unzutreffenden Ergebnis gelangt, Bereitschaftsdienst habe der Kläger nur zu den Zeiten geleistet, während derer er nicht zur Vollarbeit verpflichtet gewesen sei. Es hat dabei außer Acht gelassen, dass der Kläger nach dem Arbeitsvertrag ausschließlich Bereitschaftsdienste schuldete, und angesichts des Umfangs der innerhalb seiner Dienste geleisteten Vollarbeit die Voraussetzungen von § 2 Abs. 3 Satz 2 2. PflegeArbbV nicht vorlagen.
15
a) Das Mindestentgelt für Arbeitnehmer in Pflegebetrieben richtete sich im Streitzeitraum nach § 2 2. PflegeArbbV. Darin ist anders als in der bis 31. Dezember 2014 geltenden PflegeArbbV (zu den dortigen Bestimmungen vgl. BAG 18. November 2015 – 5 AZR 761/13 – Rn. 13, BAGE 153, 248) die Vergütung von Bereitschaftsdienstzeiten in Abs. 3 spezifisch geregelt. Danach leisten Bereitschaftsdienste im Sinne der Verordnung Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung mindestens 75 Prozent beträgt. Gemäß Satz 4 der Bestimmung kann zum Zwecke der Entgeltberechnung die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit auf der Grundlage einer kollektivrechtlichen oder einer einzelvertraglichen Regelung mit mindestens 25 Prozent als Arbeitszeit bewertet werden. Für die Ableistung von mehr als acht Bereitschaftsdiensten im Monat und/oder den Fall, dass die Arbeitsleistung innerhalb des Bereitschaftsdienstes mehr als 25 Prozent umfasst, ist zusätzlich Vergütung nach den in § 2 Abs. 3 Satz 5 bzw. Satz 6 2. PflegeArbbV festgelegten Grundsätzen zu leisten.
16
b) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, der Kläger habe Bereitschaftsdienst nur zu den Zeiten geleistet, während derer er nicht zur Vollarbeit verpflichtet gewesen sei. Die Auslegung des Arbeitsvertrags ergibt vielmehr, dass der Kläger nach den getroffenen Vereinbarungen ausschließlich die Leistung von Bereitschaftsdiensten schuldete. Die Zeit ohne Arbeitsleistung betrug dabei weniger als 75 Prozent. Eine Bewertung der Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit gemäß § 2 Abs. 3 Satz 4 2. PflegeArbbV mit (wenigstens) 25 Prozent kommt deshalb nicht in Betracht. Der Kläger hat für jede geleistete Arbeitsstunde Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 Abs. 1 2. PflegeArbbV.
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aa) Nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) handelt es sich bei den Klauseln des Arbeitsvertrags um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Diese sind – ausgehend vom Vertragswortlaut – nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von rechtskundigen, verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., zB BAG 11. Oktober 2017 – 5 AZR 621/16 – Rn. 26 mwN). Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung (st. Rspr., vgl. BAG 24. Mai 2017 – 5 AZR 251/16 – Rn. 58 mwN). Das Revisionsgericht kann die Auslegung deshalb, soweit das Berufungsgericht sie unterlassen oder nur unvollständig vorgenommen hat, selbst vornehmen (BAG 11. Oktober 2017 – 5 AZR 621/16 – aaO).
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bb) Die Auslegung des Arbeitsvertrags macht hinreichend deutlich, dass der Kläger ausschließlich eine Tätigkeit in Form von Bereitschaftsdiensten schuldete.
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(1) Hierfür spricht neben dem Einleitungssatz, wonach die Parteien ein „Teilzeitarbeitsverhältnis […] in Form von Bereitschaftsdiensten“ begründeten, § 1 Abs. 1 Arbeitsvertrag, der die vereinbarte Tätigkeit als die einer „Nachtbereitschaft“ beschreibt. Weiter heißt es in § 2 Abs. 1 Arbeitsvertrag, dass die monatliche Arbeitszeit „höchstens fünf Bereitschaftsdienste“ beträgt. Daran knüpft § 4 Arbeitsvertrag sprachlich unmittelbar an, soweit in Satz 1 der Bestimmung vereinbart ist, dass „der Bereitschaftsdienst“ „um 19:45 Uhr beginnt und am nächsten Morgen um 07:45 Uhr“ endet, und es daran anschließend in Satz 2 heißt, dass „Drei oder vier Stunden […] des Bereitschaftsdienstes“ „arbeitsrechtlich als normale Arbeitszeit“ gelten.
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(2) Die Regelung in § 4 Satz 2 Arbeitsvertrag ist zudem im Lichte der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Bindung des Beklagten an den TV AWO NRW und der in § 13a (1) Satz 2 TV AWO NRW enthaltenen Vorgabe zu verstehen, wonach der Arbeitgeber Bereitschaftsdienst nur anordnen darf, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt. Ein verständiger und redlicher Erklärungsempfänger kann § 4 Satz 2 Arbeitsvertrag deshalb nur so verstehen, dass damit auf die erfahrungsgemäß während des Bereitschaftsdienstes anfallende Vollarbeit abgestellt werden sollte, die gemäß § 4 Satz 3 Arbeitsvertrag nach der EG KR 7a Stufe 2 pro Stunde vergütet werden sollte. Demgegenüber sollte ersichtlich mit der – allerdings sprachlich missglückten – Regelung in § 4 Satz 5 Arbeitsvertrag, wonach die „übrigen neun Stunden […] als reiner Bereitschaftsdienst [gelten] und […] pauschal mit je 5,00 Euro vergütet werden“, zum Ausdruck gebracht werden, dass die Parteien im betreffenden Umfang erwartungsgemäß von einer Zeit ohne Arbeitsleistung ausgehen.
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(3) Ein solches Verständnis des vertraglich Vereinbarten liegt auch deshalb nahe, weil branchenüblich die Tarifierung der Zeit des Bereitschaftsdienstes nach dem Maß der voraussichtlichen Belastung erfolgt. So regelt beispielsweise § 13a (2) Buchst. a) TV AWO NRW, dass die Zeit des Bereitschaftsdienstes je nach durchschnittlicher Arbeitsleistung innerhalb des Dienstes mit unterschiedlichen Prozentsätzen (15 vH bis 55 vH) als Arbeitszeit bewertet wird, wobei gemäß § 13a (2) Buchst. b) TV AWO NRW, abhängig von der Zahl der von dem/der Beschäftigten je Kalendermonat abgeleisteten Bereitschaftsdienste, die Zeit der Dienste zusätzlich mit einem bestimmten Anteil an der Vergütung (25 vH [bei 1 bis 8 Bereitschaftsdiensten] bis zu 45 vH [ab dem 13. Bereitschaftsdienst]) zu bewerten ist.
22
(4) Die vertraglichen Vereinbarungen mögen – wie der Beklagte ausgeführt hat – zum Ausdruck bringen, dass während der jeweiligen „Nachtbereitschaft“ für bestimmte Tätigkeiten des Klägers von vorneherein ein Bedarf bestehen werde. Das steht indes der Annahme, dieser habe ausschließlich Arbeit in Form von Bereitschaftsdiensten geschuldet, nicht entgegen. Auch wenn Bereitschaftsdienst dadurch gekennzeichnet ist, dass die Arbeit „im Bedarfsfall“ aufzunehmen ist, setzt dieses Merkmal nicht voraus, dass während des Dienstes nur unvorhergesehene Arbeiten anfallen und nur für solche die Arbeitskraft abgerufen wird. Es ist auch erfüllt, wenn von vorneherein feststeht, dass für bestimmte Vollarbeit ein Bedarf besteht (vgl. BAG 12. Dezember 2012 – 5 AZR 918/11 – Rn. 21 mwN).
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(5) Dieses Verständnis, wonach der Bereitschaftsdienst absehbar zu leistende Vollarbeit umfassen kann, liegt auch der 2. PflegeArbbV zugrunde. Der Verordnungsgeber hat, soweit er den Bereitschaftsdienst in § 2 Abs. 3 Satz 2 2. PflegeArbbV an die Voraussetzung geknüpft hat, dass die Arbeit „im Bedarfsfalle“ aufzunehmen ist, auf eine Formulierung zurückgegriffen, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für den Bereitschaftsdienst kennzeichnend ist und vielfältig in Tarifverträgen gebraucht wird. Es ist deshalb davon auszugehen, dass er mit dem Begriff den im Recht üblichen Sinn verbinden wollte. Anhaltspunkte dafür, dass Bereitschaftsdienst iSv. § 2 Abs. 3 Satz 2 2. PflegeArbbV nur zu Zeiten vorliegt, in denen unvorhergesehene Arbeiten anfallen und nur für solche die volle Arbeitsleistung abgerufen wird, sind nicht erkennbar.
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cc) Hiervon ausgehend erfüllt der im Streitzeitraum geleistete Bereitschaftsdienst des Klägers nicht die Voraussetzungen von § 2 Abs. 3 Satz 2 2. PflegeArbbV. Schon die vertraglichen Abreden entsprachen nicht den Anforderungen der Verordnung. Die Parteien haben einen zwölfstündigen Bereitschaftsdienst vereinbart und zugleich festgelegt, dass drei oder vier Stunden dieses Dienstes „als normale Arbeitszeit“ gelten und entsprechend mit dem tariflichen Entgelt zu vergüten sind. Damit haben sie nicht bestimmt, dass 75 Prozent des Bereitschaftsdienstes Zeiten ohne Arbeitsleistung sind. Die Vereinbarungen deckten sich zudem nicht mit der praktischen Durchführung des Vertrags, auf die es bei der Anwendung von § 2 Abs. 3 Satz 2 2. PflegeArbbV, der auf den „geleisteten“ Bereitschaftsdienst abstellt, maßgeblich ankommt. Bereits nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten betrug tatsächlich die Zeit der Vollarbeit des Klägers während der im Streitzeitraum geleisteten Dienste regelmäßig 3,5 Stunden, was rund 70,8 Prozent der Arbeitszeit sind. Die Prognose, dass während der Dienste des Klägers die Zeit ohne Arbeitsleistung mindestens 75 Prozent betragen werde, war damit – von Anfang an – objektiv falsch. Der Kläger hat deshalb im Streitzeitraum keinen Bereitschaftsdienst im Sinne der Verordnung geleistet. Es liegt auch kein Anwendungsfall von § 2 Abs. 3 Satz 6 2. PflegeArbbV vor. Die Bestimmung, nach der die über 25 Prozent hinausgehende Arbeitsleistung zusätzlich mit dem Mindestentgelt nach § 2 Abs. 1 2. PflegeArbbV zu vergüten ist, greift nur ein, wenn die Voraussetzungen eines Bereitschaftsdienstes nach § 2 Abs. 3 Satz 2 2. PflegeArbbV gegeben sind. Sie erfasst nur solche Fälle, in denen die tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers ausnahmsweise 25 Prozent der Zeit des Bereitschaftsdienstes übersteigt.
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III. Im fortgesetzten Berufungsverfahren wird das Landesarbeitsgericht Folgendes zu beachten haben:
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1. Der Kläger hat nach dem übereinstimmenden Parteivorbringen in den Monaten Februar bis Mai, Juli, September, Oktober und Dezember 2015 insgesamt 32 und in den Monaten Januar, Februar, Juni, Juli und Oktober bis Dezember 2016 insgesamt 23 Nachtbereitschaften mit jeweils zwölf Stunden geleistet. Für seine Tätigkeit stand ihm je Stunde das Mindestentgelt nach § 2 Abs. 1 2. PflegeArbbV – von 9,40 Euro brutto in 2015 und von 9,75 Euro brutto in 2016 – zu. Der Verordnungsgeber hat von der Möglichkeit, für den Bereitschaftsdienst als Sonderform der Arbeit eine gesonderte Vergütungsregelung zu treffen, in § 2 Abs. 3 2. PflegeArbbV Gebrauch gemacht und die Voraussetzungen für das Eingreifen dieser Entgeltregelungen in § 2 Abs. 3 Satz 2 2. PflegeArbbV abschließend bestimmt. Liegt, wie im Streitfall, kein Bereitschaftsdienst iSd. Verordnung vor, ist das Mindestentgelt nach § 2 Abs. 1 2. PflegeArbbV je Stunde unabhängig davon zu zahlen, ob es sich bei der Tätigkeit um Vollarbeit oder Bereitschaftsdienst handelte. Abweichende tarifvertragliche oder einzelvertragliche Regelungen zum Nachteil des Arbeitnehmers sind unwirksam, § 134 BGB iVm. §§ 13, 11 Abs. 1, § 9 Satz 1 AEntG.
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2. Ob und ggf. in welchem Umfang der Beklagte die sich daraus ergebenden Ansprüche des Klägers auf das Mindestentgelt erfüllt hat (§ 362 Abs. 1 BGB), ist zwischen den Parteien streitig. Das Landesarbeitsgericht hat dazu – von seinem Standpunkt aus konsequent – keine Feststellungen getroffen. Diese wird es nachzuholen haben.
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a) Dabei wird das Berufungsgericht von den Grundsätzen auszugehen haben, die für die Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohns nach § 1 MiLoG gelten. Danach ist der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfüllt, wenn die vom Arbeitgeber für einen Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden multipliziert mit dem Mindestentgelt ergibt (BAG 17. Januar 2018 – 5 AZR 69/17 – Rn. 24; 8. November 2017 – 5 AZR 692/16 – Rn. 15). Zur Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohns sind alle im Synallagma stehenden Geldleistungen des Arbeitgebers geeignet. Von den im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachten Entgeltzahlungen des Arbeitgebers fehlt nur solchen Zahlungen die Erfüllungswirkung, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen (BAG 6. Dezember 2017 – 5 AZR 864/16 – Rn. 26; 8. November 2017 – 5 AZR 692/16 – Rn. 16). Längere Berechnungszeiträume als ein Kalendermonat scheiden für die Frage, ob ein Anspruch auf Differenzvergütung entstanden ist, aus (BAG 6. September 2017 – 5 AZR 441/16 – Rn. 19). Allerdings können auch verspätete Zahlungen Erfüllungswirkung haben (BAG 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16 – Rn. 26, BAGE 155, 202).
29
b) Diese Maßstäbe gelten nach dem Zweck der 2. PflegeArbbV, in ihrem Geltungsbereich den Arbeitnehmern eine Mindestvergütung zu sichern, grundsätzlich auch für das hiernach geschuldete Mindestentgelt. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 2. PflegeArbbV ist das Mindestentgelt, soweit es für die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit geschuldet ist, zum 15. des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den es zu zahlen ist. Danach ist hinsichtlich der Beurteilung, ob Ansprüche auf das Mindestentgelt erfüllt sind, im Anwendungsbereich der Verordnung – wie im Geltungsbereich des MiLoG – grundsätzlich eine monatsbezogene Betrachtung anzustellen. Soweit der Arbeitgeber nach § 3 2. PflegeArbbV unter bestimmten, dort geregelten Voraussetzungen Arbeitsstunden, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehen, in ein Arbeitszeitkonto einstellen kann, ist weder festgestellt noch vorgetragen, dass der Beklagte für den Kläger ein solches Konto geführt hat. Auf die Regelungen in § 3 Abs. 2 Satz 2 2. PflegeArbbV, die sich auf die Fälligkeit eines Guthabens aus einem Arbeitszeitkonto beziehen, kommt es deshalb nicht an.
30
3. Sollte sich erweisen, dass dem Kläger für den Streitzeitraum Ansprüche auf Differenzvergütung zustanden, wird das Landesarbeitsgericht davon auszugehen haben, dass er die Forderungen für den Zeitraum Dezember 2015, fällig am 15. Januar 2016, bis November 2016 durch sein Schreiben vom 30. Dezember 2016, das dem Beklagten spätestens am 12. Januar 2017 zugegangen ist, fristgerecht und inhaltlich ausreichend innerhalb der nach § 4 2. PflegeArbbV zu beachtenden zwölfmonatigen Ausschlussfrist geltend gemacht hat. Mit der dem Beklagten am 29. September 2017 zugestellten Berufungsbegründung liegt außerdem eine rechtzeitige Geltendmachung hinsichtlich der für Dezember 2016 beanspruchten Differenzvergütung vor. Dass eine rechtzeitige Geltendmachung der für Januar bis November 2015 erhobenen Ansprüche erfolgt wäre, ist demgegenüber auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht zu erkennen. Diesbezüglich erscheint es angezeigt, dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
31
4. Der Antrag auf Zahlung einer Pauschale nach § 288 Abs. 5 BGB ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag, den es in den Entscheidungsgründen nicht weiter behandelt hat, ersichtlich als unechten Hilfsantrag für den Fall verstanden, dass der Kläger mit seinen Entgeltforderungen zumindest teilweise obsiegt. Dieses Antragsverständnis hat sich der Kläger ausdrücklich zu eigen gemacht, soweit er in der Revisionsbegründung ausgeführt hat, über den Antrag sei zu entscheiden, „wenn die Hauptforderung zugesprochen wird“.
32
5. Sollte der Antrag im neuen Berufungsverfahren zu bescheiden sein, unterliegt er der Abweisung.
33
a) Das folgt, soweit der Kläger die Pauschale nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB wegen Verzugs des Beklagten mit der Begleichung von Entgeltforderungen für Bereitschaftsdienste begehrt, die er in der Zeit bis zum 30. Juni 2016 geleistet hat, schon aus Art. 229 § 34 EGBGB. Hiernach ist § 288 Abs. 5 BGB in zeitlicher Hinsicht nur auf ein Schuldverhältnis anzuwenden, das nach dem 28. Juli 2014 entstanden ist. Abweichend hiervon ist die Vorschrift auch auf ein vorher entstandenes Dauerschuldverhältnis anzuwenden, soweit die Gegenleistung nach dem 30. Juni 2016 erbracht wird. Das ursprünglich bis zum 30. Juni 2012 befristete Arbeitsverhältnis der Parteien wurde – soweit ersichtlich – nahtlos über diesen Termin hinaus zu den bisherigen Bedingungen fortgesetzt. Selbst ausgehend davon, das Arbeitsverhältnis wäre iSv. Art. 229 § 34 EGBGB erst am 1. Juli 2012 „entstanden“, findet § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB nur unter der Prämisse eines Verzugs des Beklagten mit Entgeltforderungen für Bereitschaftsdienste Anwendung, die der Kläger nach dem 30. Juni 2016 erbracht hat. Das trifft lediglich auf die im Juli und Oktober bis Dezember 2016 geleisteten Nachtbereitschaften des Klägers zu.
34
b) Auch hinsichtlich der für die Zeit ab Juli 2016 erhobenen Entgeltforderungen steht dem Kläger die sog. Verzugspauschale nicht zu. § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG verdrängt nach seinem Normzweck den aus § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB folgenden Anspruch des Arbeitsnehmers auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40,00 Euro.
35
aa) § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB ist an sich auch auf Arbeitsverhältnisse anwendbar, weil der Arbeitnehmer als Gläubiger der Arbeitsvergütung Verbraucher ist und der Arbeitgeber als Schuldner Nichtverbraucher (BAG 25. September 2018 – 8 AZR 26/18 – Rn. 19 ff.). Dem Anspruch des Klägers aus § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB steht jedoch § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG entgegen. Der erkennende Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Achten Senats des Bundesarbeitsgerichts an (BAG 25. September 2018 – 8 AZR 26/18 – Rn. 23 ff.).
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(1) § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG schließt nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch, sondern auch einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch unabhängig von seiner Anspruchsgrundlage, und damit grundsätzlich auch einen Anspruch auf Erstattung vor- bzw. außergerichtlicher Kosten aus (vgl. BAG 25. September 2018 – 8 AZR 26/18 – Rn. 25 ff.; näher zum Umfang des Ausschlusses Schleusener/Kühn NZA 2008, 147). Gemeint ist damit der Ausschluss der Erstattungsfähigkeit bestimmter Kostenpositionen (Ulrici jurisPR-ArbR 8/2018 Anm. 7 zu C II 3). Auch wenn dieser Ausschluss nicht allumfassend ist (vgl. hierzu BAG 17. August 2015 – 10 AZB 27/15 – Rn. 14; GK-ArbGG/Schleusener Stand November 2017 § 12a Rn. 19 ff.), erfasst er doch die bei typisierender Betrachtung letztlich wirtschaftlich bedeutsamen Kostenpositionen des eigenen Zeitverlustes der Partei und des Aufwands für die Zuziehung eines Rechtsanwalts (Lembke NZA 2016, 1501, 1502; Ulrici jurisPR-ArbR 8/2018 Anm. 7 zu C II 3).
37
(2) Der Anspruch nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB betrifft gerade solche Rechtsverfolgungskosten. Hierzu gehören nach der Gesetzesbegründung insbesondere sog. Beitreibungskosten. Diese umfassen ua. die Kosten, die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder eines Inkassounternehmens entstehen (BT-Drs. 18/1309 S. 19). Dieses Verständnis vom Gegenstand des § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB ist unionsrechtskonform. Art. 6 der Richtlinie 2011/7/EU, deren Umsetzung die Neuregelung der Verzugspauschale dient (BT-Drs. 18/1309 S. 11), soll eine Entschädigung für die dem Gläubiger entstandenen Beitreibungskosten gewährleisten, wenn Verzugszinsen nach dieser Richtlinie zu zahlen sind (EuGH 13. September 2018 – C-287/17 – Rn. 18). Wenn aber § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG die Erstattungsfähigkeit der kausal bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens entstandenen, bei typisierender Betrachtung wirtschaftlich bedeutsamen Kostenpositionen des eigenen Zeitverlustes der Partei und des Aufwands für die Zuziehung eines Rechtsanwalts ausschließt, betrifft er notwendig auch die Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB, die genau diese Kosten pauschaliert. Dass § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG nur einzelne Kostenpositionen (Zeitversäumnis, Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten) betrifft, dagegen aber zB nicht die Erstattung von der Partei entstandenen Porto- oder Reisekosten ausschließt und § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB auch solche Aufwendungen nachweisunabhängig abgelten soll, steht dem nicht entgegen (zutr. Ulrici jurisPR-ArbR 44/2016 Anm. 2 zu C III 1). Maßgebend ist vielmehr, dass beide Vorschriften im Wege einer generalisierenden Betrachtung dieselben Kosten erfassen, die typischerweise für die Rechtsverfolgung entstehen. Dies sind ausgehend vom Betrag von 40,00 Euro nicht in erster Linie Porto- und Reisekosten zum Anwalt vor Ort, sondern Rechtsberaterkosten und vor allem eigener Zeitaufwand. Gerade diese Kostenpositionen sind aber nach § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG nicht ersatzfähig (Ulrici jurisPR-ArbR 44/2016 Anm. 2 zu C III 1).
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bb) Der hiergegen erhobene Einwand (zuletzt ArbG Bremen-Bremerhaven 20. November 2018 – 6 Ca 6390/17 – zu II 3 b aa 5 der Gründe mwN; Jesgarzewski BB 2018, 2876), § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB müsse als nachträgliche Regelung einer eventuell vorher bestehenden Sonderregelung vorgehen (lex posterior derogat legi priori), übersieht, dass dieser Grundsatz nur dann gilt, wenn sich aus den Normzwecken der beiden Regelungen nichts anderes ergibt. Dies ist – wie ausgeführt – indes der Fall. Hinzu kommt, dass das Gesetzgebungsverfahren und die Gesetzesbegründung keine Auseinandersetzung mit den Auswirkungen auf das Arbeitsrecht erkennen lassen. Soweit es dort heißt, die Pauschale umfasse ua. die Kosten, die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder eines Inkassounternehmens entstehen, was der geltenden Rechtslage in Deutschland zum Ersatz von Rechtsverfolgungskosten entspreche (BT-Drs. 18/1309 S. 19), trifft dies für das allgemeine Zivilrecht zu. Dort sind Kosten, die dem Gläubiger durch die nach Eintritt des Verzugs erfolgte Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Forderungsdurchsetzung entstehen, ein in Kosten der Rechtsverfolgung begründeter Schaden, dessen Ersatz der Gläubiger gemäß § 280 Abs. 2 iVm. § 286 BGB verlangen kann (BGH 18. Januar 2018 – III ZR 174/17 – Rn. 18). Für arbeitsrechtliche Streitigkeiten gilt dies allerdings – wie dargelegt (Rn. 36) – gerade nicht. Das Schweigen des Gesetzgebers zu den sich aus § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG ergebenden Besonderheiten der Erstattungsfähigkeit von Beitreibungskosten im Arbeitsrecht und der allgemeine Hinweis auf die Erstattungsfähigkeit der Beitreibungskosten in allgemeinen zivilrechtlichen Streitigkeiten deuten danach darauf hin, dass der Gesetzgeber die Rechtsfolgen des § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG gerade nicht ändern wollte. Anderenfalls hätte sich eine nähere Befassung mit der beabsichtigten Änderung der Rechtsfolgen des § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG aufgedrängt.
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IV. Das Landesarbeitsgericht wird über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Linck Volk Berger
A. Christen S. Röth-Ehrmann