Auslegung TV-L (Vergütung von Wegezeiten sowie von im häuslichen Bereich vorgenommenen Umkleide- und Rüstzeiten)
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.10.2021, 5 AZR 137/21
Tenor
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. Dezember 2020 – 3 Sa 610/19 – wird zurückgewiesen.
- Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. Dezember 2020 – 3 Sa 610/19 – teilweise unter Zurückweisung der Revision des beklagten Landes im Übrigen im Tenor Ziff. I.1. und Ziff. I.2. aufgehoben, soweit es eine Verpflichtung des beklagten Landes zur Vergütung von Umkleide- und Rüstzeiten mit den dem Kläger persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenständen im häuslichen Bereich in der Zeit vom 20. November 2016 bis zum 31. Mai 2018 sowie eine Vergütungspflicht der zusätzlich im häuslichen Bereich erbrachten Arbeitszeit für das Entnehmen, Laden, Anlegen, Ablegen, Entladen und Wegschließen der Dienstwaffe und soweit es eine Vergütungspflicht der innerbetrieblichen Wegezeiten zwischen dem Umkleideraum im Nebengebäude des S und dem Schutzobjekt festgestellt hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. Januar 2019 – 58 Ca 1361/18 – zurückgewiesen.
- Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen. Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung der Vorinstanz.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten in der Revision über die Verpflichtung des beklagten Landes, Umkleide-, Rüst- und Wegezeiten zu vergüten.
2
Der Kläger ist beim beklagten Land als Wachpolizist im Zentralen Objektschutz tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der TV-L Anwendung. Der Kläger war in der Zeit vom 1. Juni bis um 19. November 2016 am D, B eingesetzt. Seit 20. November 2016 ist der Kläger an der Botschaft, A-Straße, B eingesetzt.
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Die Wachpolizisten müssen den Dienst in angelegter Uniform nebst persönlicher Schutzausrüstung (iF PSA) und streifenfertiger Dienstwaffe antreten. Auf der dunklen Oberbekleidung der Uniform ist in weißer Schrift der Schriftzug „POLIZEI“ aufgebracht. Es ist den Wachpolizisten freigestellt, ob sie den Weg zum und vom Dienst in Uniform zurücklegen. Für den Einsatz am D stellte das beklagte Land dem Kläger in einem Nebengebäude des S einen Spind und eine Umkleidemöglichkeit zur Verfügung, die der Kläger zum An- und Ablegen der Uniform und der PSA nutzte. Den Weg vom Nebengebäude des S zum Schutzobjekt D legte der Kläger zu Fuß zurück. An der Botschaft steht dem Kläger kein abschließbarer Spind zur Einzelnutzung zur Verfügung. Das Umkleiden und Rüsten mit der PSA nimmt der Kläger seit dem 20. November 2016 zu Hause vor. Die Dienstwaffe ist nach einer Geschäftsanweisung des beklagten Landes über den Umgang mit Faustfeuerwaffen im streifenfertigen Zustand zu führen. Wachpolizisten ist es gestattet, die Dienstwaffe mit nach Hause zu nehmen, sofern dort eine geeignete Aufbewahrungsmöglichkeit besteht. Auf dem Weg zum und vom Dienst ist es den Wachpolizisten freigestellt, die Dienstwaffe mit oder ohne Dienstkleidung zu tragen. Weder im Nebengebäude des S noch am Schutzobjekt D befand sich ein Waffenschließfach für den Kläger. Ein solches steht ihm auch nicht an der Botschaft zur Verfügung. Das dem Kläger zugewiesene dienstliche Waffenschließfach befindet sich im Polizeiabschnitt, A, B. Der Kläger bewahrt die Dienstwaffe zu Hause auf und legt sie dort auch an und ab.
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Mit seiner Klage hat der Kläger – soweit diese in die Revision gelangt ist – die Feststellung der Vergütungspflicht von Umkleide- und Rüstzeiten mit der PSA und für die von ihm aufgewandte Zeit zum Entnehmen, Laden und Entladen und An- und Ablegen sowie Wegschließen der Dienstwaffe sowie für die Wegezeiten von seiner Wohnung zu dem ihm zugewiesenen Schutzobjekt und für innerbetriebliche Wegezeiten vom Umkleideraum im Nebengebäude des S zum Schutzobjekt verlangt. Er hat gemeint, das An- und Ablegen der Uniform sowie das Rüsten mit der PSA und Dienstwaffe nehme er nur im Interesse des beklagten Landes vor, weshalb die dafür erforderlichen Zeiten, ebenso wie die Wegezeiten, die von ihm in auffälliger Dienstkleidung unter Mitführen der Dienstwaffe zurückgelegt werden, zu vergütende Arbeitszeit seien.
5
Der Kläger hat – soweit für die Revision von Bedeutung – zuletzt sinngemäß beantragt
1.
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die vom Kläger seit dem 20. November 2016 zusätzlich im häuslichen Bereich erbrachte Arbeitszeit für das An- und Ablegen der Dienstuniform und das Auf- und Abrüsten mit den persönlichen Ausrüstungsgegenständen im Umfang von insgesamt acht Minuten (bestehend aus jeweils vier Minuten vor Dienstbeginn und nach Dienstende) an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet hat,
und die vom Kläger seit dem 1. Juli 2016 zusätzlich im häuslichen Bereich erbrachte Arbeitszeit für das Entnehmen, Laden und Anlegen der Dienstwaffe im Umfang von einer Minute vor Dienstbeginn sowie das Ablegen, Entladen und Wegschließen der Dienstwaffe im Umfang von zwei Minuten nach Dienstende an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, zu vergüten,
2.
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die vom Kläger in der Zeit vom 1. Juli bis zum 19. November 2016 zusätzlich erbrachte Arbeitszeit im Umfang von insgesamt zehn Minuten (bestehend aus jeweils fünf Minuten vor Dienstbeginn und nach Dienstende) an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, durch Zurücklegen von innerbetrieblichen Wegezeiten zwischen dem Umkleideraum im Nebengebäude des S und dem Schutzobjekt D zu vergüten,
3.
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die vom Kläger seit dem 20. November 2016 zusätzlich erbrachte Arbeitszeit an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, durch Zurücklegen der Wegezeiten in Dienstkleidung unter Mitführung der Dienstwaffe zwischen seiner Wohnung im N, B und der Botschaft, A-Straße, B im Umfang von 26 Minuten je einfacher Wegstrecke zu vergüten.
6
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.
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Das Arbeitsgericht hat das beklagte Land zu einer Zeitgutschrift auf dem für den Kläger geführten Arbeitszeitkonto verurteilt, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
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Soweit für die Revision von Bedeutung, hat das Landesarbeitsgericht auf die Berufung des Klägers – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen – eine Vergütungspflicht des beklagten Landes für das Umkleiden und Rüsten im Umfang von insgesamt acht Minuten seit dem 20. November 2016 sowie für das Entnehmen, Laden und Anlegen der Dienstwaffe im Umfang von einer Minute vor Dienstbeginn und für das Ablegen, Entladen und Wegschließen der Dienstwaffe im Umfang von zwei Minuten nach Dienstende seit dem 1. Juli 2016, jeweils im häuslichen Bereich, für die Tage, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, sowie für innerbetriebliche Wegezeiten zwischen dem Umkleideraum im Nebengebäude des S und dem Schutzobjekt im Umfang von insgesamt zehn Minuten in der Zeit vom 1. Juli bis zum 19. November 2016 festgestellt. Das beklagte Land begehrt mit seiner Revision die Abweisung der Klage auch in Bezug auf die Feststellung dieser Vergütungspflichten. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision die Feststellung der Vergütungspflicht der Wegezeiten zwischen Wohnsitz und Einsatzort weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des beklagten Landes ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft eine Vergütungspflicht für Rüstzeiten mit der Dienstwaffe im häuslichen Bereich und für innerbetriebliche Wegezeiten festgestellt, insoweit ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Klage abzuweisen. Gleiches gilt für die Feststellung der Vergütungspflicht der Umkleide- und Rüstzeiten mit der PSA in der Zeit vor dem 1. Juni 2018, diese Ansprüche sind verfallen. Zu Recht hat es jedoch die Vergütungspflicht der Umkleide- und Rüstzeiten mit der PSA im häuslichen Bereich in der Zeit ab dem 1. Juni 2018 festgestellt. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Es bestehen keine Vergütungspflichten von Wegezeiten zwischen der Wohnung des Klägers und dem Einsatzort.
10
I. Die Revision des beklagten Landes hat teilweise Erfolg.
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1. Die Revision des beklagten Landes ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht eine Vergütungspflicht von Umkleide- und Rüstzeiten mit der PSA im häuslichen Bereich für die Zeit vor dem 1. Juni 2018 festgestellt hat. Zwar handelt es sich bei diesen Zeiten im Streitfall um vergütungspflichtige Arbeitszeiten, jedoch hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft angenommen, dass Ansprüche aus der Zeit vor dem 1. Juni 2018 nicht nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen sind.
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a) Der Feststellungsantrag einer Vergütungspflicht von Umkleide- und Rüstzeiten mit der PSA ist in der zuletzt gestellten Fassung nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Dies hat der Senat in einem Parallelverfahren entschieden, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (BAG 13. Oktober 2021 – 5 AZR 270/20 – Rn. 12). Der vorliegende Sachverhalt entspricht insoweit demjenigen des vorgenannten Verfahrens. Ob aufgrund der Umstellung der Anträge eine Klageänderung im Berufungsverfahren vorgelegen hat und die Voraussetzungen des § 533 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG erfüllt waren, ist vom Revisionsgericht analog § 268 ZPO nicht zu überprüfen. Das Landesarbeitsgericht hat über die Streitgegenstände sachlich entschieden (vgl. BAG 27. Mai 2015 – 5 AZR 88/14 – Rn. 24, BAGE 152, 1).
13
b) Der Antrag auf Feststellung der Vergütungspflicht von Umkleide- und Rüstzeiten mit der PSA im häuslichen Bereich ist teilweise begründet. Die dafür vom Kläger aufgewendeten Zeiten sind vergütungspflichtige Arbeitszeiten iSv. § 611a Abs. 2 BGB. Ansprüche aus der Zeit vor dem 1. Juni 2018 sind aber nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen.
14
aa) Auf die Grundsätze zur Beurteilung einer Vergütungspflicht des An- und Ablegens von Dienstkleidung, die der Arbeitnehmer verpflichtend zu tragen hat, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (vgl. hierzu das Parallelverfahren BAG 13. Oktober 2021 – 5 AZR 270/20 – Rn. 19).
15
bb) Danach ist die für das An- und Ablegen der Uniform und der PSA im häuslichen Bereich benötigte Zeit ausnahmsweise vergütungspflichtige Arbeitszeit. Der Kläger ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zum Tragen der Uniform und der PSA aufgrund Weisung des beklagten Landes verpflichtet (vgl. dazu BAG 6. September 2017 – 5 AZR 382/16 – Rn. 13, BAGE 160, 167). Dieser Weisung kann der Kläger nur nachkommen, wenn er die Uniform und PSA im häuslichen Bereich an- und ablegt. Denn nach den weiteren Feststellungen des Landesarbeitsgerichts steht dem Kläger an seinem für den Streitzeitraum seit dem 20. November 2016 relevanten Einsatzort, der Botschaft, kein Spind zur Verfügung. Nicht festgestellt hat es, dass der Kläger die Möglichkeit hatte, einen Spind am Einsatzort zu beantragen. Ohne Aufbewahrungsmöglichkeit der Privat- und Dienstkleidung und der Ausrüstungsgegenstände am Einsatzort besteht keine zumutbare Umkleidemöglichkeit. Damit entscheidet sich der Kläger nicht eigenständig dazu, die Dienstkleidung und PSA nicht im Betrieb, sondern im häuslichen Bereich an- und abzulegen.
16
c) Das Landesarbeitsgericht hat den zeitlichen Umfang der vergütungspflichtigen Umkleide- und Rüstzeiten mit der PSA im häuslichen Bereich zutreffend unter Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO ermittelt. Die Angriffe der Revision des beklagten Landes veranlassen keine andere Bewertung. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidung des Senats in einem Parallelverfahren Bezug genommen (BAG 13. Oktober 2021 – 5 AZR 270/20 – Rn. 21 ff.). Der vorliegende Sachverhalt entspricht insoweit demjenigen des vorgenannten Verfahrens.
17
d) Der Kläger hat die Ausschlussfrist nach § 37 Abs. 1 TV-L für die erhobenen Ansprüche auf Vergütung der Umkleide- und Rüstzeiten mit der PSA erst ab dem 1. Juni 2018 gewahrt.
18
aa) Die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L ist aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anwendbar. Die Klausel ist wirksam einbezogen (vgl. BAG 13. Oktober 2021 – 5 AZR 270/20 – Rn. 29).
19
bb) Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L sind Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Nach Satz 2 der Regelung reicht für denselben Sachverhalt die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus. Der Anspruch auf weitere Vergütung ist ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis.
20
cc) Rechtsfehlerhaft hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass Ansprüche des Klägers auf Vergütung der Umkleide- und Rüstzeiten mit der PSA aus der Zeit vom 1. Juli 2016 bis zum 31. Mai 2018 nicht verfallen sind. Das Schreiben des Klägers vom 22. März 2017 stellt keine ausreichende Geltendmachung dar.
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(1) In Bezug auf die Grundsätze zur Beurteilung einer wirksamen Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen sowie die Fälligkeit der im Streit befindlichen Entgeltbestandteile wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das vom Senat entschiedene Parallelverfahren Bezug genommen (vgl. BAG 13. Oktober 2021 – 5 AZR 270/20 – Rn. 32 sowie Rn. 34).
22
(2) Danach hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft eine rechtzeitige Geltendmachung für Ansprüche vor dem 1. Juni 2018 angenommen. Das Schreiben vom 22. März 2017 war nicht geeignet, Ansprüche iSd. § 37 Abs. 1 TV-L wirksam geltend zu machen. Die Ansprüche sind bezüglich des Zeitraums, für den sie verfolgt werden, nicht mit der für den Anspruchsgegner notwendigen Deutlichkeit geltend gemacht worden. In dem Schreiben heißt es lediglich, dass diese Zeiten „bislang“ nicht vergütet würden. Damit wird dem Zweck der tariflichen Ausschlussfrist nicht genügt. Das Schreiben lässt auch nicht erkennen, dass es für den Polizeipräsidenten ohne weiteres ersichtlich war, für welchen Zeitraum der Kläger Vergütung beansprucht. Da der Kläger an verschiedenen Einsatzorten eingesetzt wurde, sind Variablen im Zeitaufwand des Umkleidens und Rüstens denkbar. Daher war eine konkrete Benennung des jeweiligen Zeitraums bezogen auf den zugehörigen Zeitaufwand erforderlich. Hieran fehlt es.
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(3) Erst mit der dem beklagten Land am 12. Februar 2018 zugestellten Klageschrift hat der Kläger die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L gewahrt.
24
2. Die Revision des beklagten Landes ist begründet, soweit sie sich gegen die Feststellung der Vergütungspflicht der Zeit zum Entnehmen, Laden und Anlegen sowie zum Ablegen, Entladen und Wegschließen der Dienstwaffe im häuslichen Bereich wendet. Bei diesen Zeiten handelt es sich im Streitfall nicht um vergütungspflichtige Arbeitszeiten.
25
a) Der Feststellungsantrag einer Vergütungspflicht von Rüstzeiten mit der Dienstwaffe ist in der zuletzt gestellten Fassung nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig (vgl. Rn. 12).
26
b) Die Zeiten des Rüstens mit der Dienstwaffe, die der Kläger im häuslichen Bereich vornimmt, sind keine vergütungspflichtigen Arbeitszeiten iSv. § 611 Abs. 1 BGB bzw. seit dem 1. April 2017 iSv. § 611a Abs. 2 BGB.
27
aa) Auf die vom Senat in einem Parallelverfahren dargestellten Grundsätze zur Vergütung der Zeit des Rüstens mit der Dienstwaffe wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (BAG 13. Oktober 2021 – 5 AZR 270/20 – Rn. 15).
28
bb) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei der vom Kläger aufgewandten Zeit zum An- und Ablegen, zum Laden und Entladen sowie zum Entnehmen und Wegschließen der Dienstwaffe im häuslichen Bereich nicht um vergütungspflichtige Arbeitszeit. Eine Weisung des beklagten Landes, diese Tätigkeiten zu Hause vorzunehmen, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Der Kläger hat sich eigenständig entschieden, von der angebotenen Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Dienstwaffe mit nach Hause zu nehmen und sie dort an- und abzulegen, obwohl ihm im Polizeiabschnitt, A, B ein dienstliches Waffenschließfach zur Verfügung steht. Das An- und Ablegen der Dienstwaffe zu Hause ist damit nicht ausschließlich fremdnützig und deshalb nicht vergütungspflichtig (vgl. BAG 31. März 2021 – 5 AZR 292/20 – Rn. 25).
29
3. Die Revision des beklagten Landes ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht eine Vergütungspflicht der innerbetrieblichen Wegezeiten zwischen dem Umkleideraum und dem Einsatzort in der Zeit vom 1. Juli bis zum 19. November 2016 angenommen hat. Vergütungsansprüche aus dieser Zeit sind verfallen.
30
a) Der Feststellungsantrag ist in der zuletzt gestellten Fassung nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig (vgl. Rn. 12).
31
b) Der Antrag auf Feststellung der Vergütungspflicht der innerbetrieblichen Wegezeiten zwischen dem dienstlichen Umkleideraum im Nebengebäude des S und dem Schutzobjekt D in der Zeit vom 1. Juli bis zum 19. November 2016 ist bereits deshalb unbegründet, weil Vergütungsansprüche aus der Zeit vor dem 1. Juni 2018 aufgrund der Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L verfallen sind. Das Schreiben des Klägers vom 22. März 2017 stellt keine ausreichende Geltendmachung dar (vgl. Rn. 22).
32
II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend die Feststellung einer Vergütungspflicht von Wegezeiten zwischen Wohnung und Einsatzort abgelehnt.
33
1. Der Feststellungsantrag des Klägers ist in der zuletzt gestellten Fassung nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig (vgl. Rn. 12).
34
2. Der Antrag auf Feststellung der Vergütungspflicht von Wegezeiten ist unbegründet. Die Wegezeiten zwischen Wohnung und Einsatzort sind keine vergütungspflichtigen Arbeitszeiten iSv. § 611 Abs. 1 BGB bzw. seit dem 1. April 2017 iSv. § 611a Abs. 2 BGB. Dies hat der Senat in einem Parallelverfahren entschieden, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (BAG 13. Oktober 2021 – 5 AZR 295/20 – Rn. 42 ff.). Der vorliegende Sachverhalt entspricht insoweit demjenigen des vorgenannten Verfahrens.
35
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Linck Bubach Volk
Jungbluth Zorn