Betriebliche Altersversorgung – zeitlich begrenzte Leistung
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.03.2018, 3 AZR 373/16
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird – unter Zurückweisung der Revision im Übrigen – das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 11. Februar 2016 – 7 Sa 626/15 – teilweise aufgehoben.
Auf die Berufung des Beklagten wird – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen – das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22. Mai 2015 – 19 Ca 7883/14 – teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.110,76 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz haben der Beklagte zu 82 vH und der Kläger zu 18 vH zu tragen.
Die Kosten der Berufung haben der Beklagte zu 88 vH und der Kläger zu 12 vH zu tragen.
Die Kosten der Revision hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung verpflichtet ist, dem Kläger einen Übergangszuschuss zu zahlen.
2
Der im August 1953 geborene Kläger war seit dem 1. Juni 1975 als Tarif-Mitarbeiter bei der S AG beschäftigt. Bei dieser galt die zum 1. Januar 1982 in Kraft getretene „Vereinbarung zum Übergangszuschuß bei Pensionierung im Tarifkreis“ vom 22. Dezember 1981 (im Folgenden GBV 1981). Diese Gesamtbetriebsvereinbarung enthält ua. folgende Regelungen:
„Mitarbeiter des Tarifkreises erhalten nach ihrer Pensionierung einen Übergangszuschuß. Damit soll den Mitarbeitern der Übertritt in den Ruhestand wirtschaftlich erleichtert werden.
Im einzelnen gilt folgendes:
1.
Die S AG räumt ihren Mitarbeitern einen Rechtsanspruch auf den Übergangszuschuß ein.
2.
Voraussetzung ist, daß der Mitarbeiter
–
mindestens 10 Dienstjahre (ohne Ausbildungszeiten) nach Vollendung des 18. Lebensjahres bei der S AG abgeleistet hat u n d
–
im unmittelbaren Anschluß an die aktive Dienstzeit bei der S AG pensioniert wird.
3.
Die Höhe des Übergangszuschusses, der für 6 Monate gezahlt wird, entspricht der Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Brutto-Monatsentgelt bei regelmäßiger tariflicher oder abweichend vereinbarter Arbeitszeit (ohne einmalige Zuwendungen, tariflicher vermögenswirksamer Leistungen, Vergütungen für Mehrarbeit, zusätzliches Urlaubsgeld, Krankenlohn sowie Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit) und dem SAF-Ruhegeld.“
3
Nachdem die S AG die GBV 1981 zum 30. September 1983 gekündigt hatte, vereinbarte sie mit dem Gesamtbetriebsrat am 29. Juli 1983 die zum 1. Oktober 1983 in Kraft getretene Gesamtbetriebsvereinbarung zum „Übergangszuschuß bei Pensionierung im Tarifkreis“ (im Folgenden GBV 1983). Danach bleibt es für Mitarbeiter, die bis zum 30. September 1983 in ein Arbeitsverhältnis eingetreten sind, bei der bisherigen Regelung.
4
Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging am 1. Januar 1997 aufgrund eines Betriebsübergangs auf die SR GmbH über.
5
Bei der SR GmbH gilt die „Betriebsvereinbarung zur Vereinbarung allgemeiner Rahmenbedingungen für die BEITRAGSORIENTIERTE S ALTERSVERSORGUNG (BSAV SR) für Mitarbeiter im Tarifkreis der SR“ vom 21. September 2005 (im Folgenden BSAV SR) mit ihren Anlagen. Die BSAV SR bestimmt ua.:
„1
Einführung, Anwendung der AVB und AZB, Bezeichnung BSAV
Unternehmen und Betriebsrat vereinbaren für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Tarifkreis (Mitarbeiter) die betrieblichen Altersversorgung nach den Allgemeinen Versorgungsbedingungen zur BEITRAGSORIENTIERTEN S ALTERSVERSORGUNG TARIFKREIS SR (AVB BSAV SR Tarifkreis, Anlage 1) sowie nach den Allgemeinen Auszahlungsbedingungen Tarifkreis zur BSAV SR (AZB BSAV SR Tarifkreis, Anlage 2).
Eine besitzstandswahrenden Integration und Ablösung der nach der Altregelung bislang bestehenden Versorgungsanwartschaften erfolgt nach den für die Altregelung jeweils geltenden Allgemeinen Überleitungsbedingungen zur BEITRAGSORIENTIERTEN S ALTERSVERSORGUNG SR (AÜB) (3).
Soweit in dieser Betriebsvereinbarung einschließlich der einzelnen Anlagen AVB, AZB und AÜB jeweils die Bezeichnung BEITRAGSORIENTIERTE S ALTERSVERSORGUNG bzw. die Abkürzung BSAV verwendet wird, ist damit – soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wurde – jeweils ausschließlich die BEITRAGSORIENTIERTE S ALTERSVERSORGUNG SR (BSAV SR) in Bezug genommen.
…
2.2
Mitarbeiter im Tarifkreis
2.2.1
…
Sie gilt ferner für Mitarbeiter, die vor Inkrafttreten (4) bereits in einem Arbeitsverhältnis zum Unternehmen gestanden haben und auf Grund der Erklärung zur Anwendbarkeit Allgemeiner Überleitungsbestimmungen (3) in diese Betriebsvereinbarung einbezogen werden.
…
3
Anwendung Allgemeiner Überleitungsbedingungen (hier: AÜB SAF)
Für Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis zum Unternehmen am 01.10.2005 (Ablösungsstichtag) besteht und die als Mitarbeiter im Tarifkreis Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den Richtlinien der S-Af GmbH vom 01.10.19831 erworben haben (im Folgenden: SAF-Zusage, Altregelung) und die vom Unternehmen – insbesondere gemäß Ziffer 10 der Überleitungsvereinbarung für die Beschäftigungsbedingungen der Mitarbeiter des Werkes D der S AG in die SR GmbH vom 14.10.1996 bzw. gemäß Ziffer 10 der Änderung der Beschäftigungsbedingungen für die Mitarbeiter der SR GmbH vom 10.12.1999 sowie gemäß der Überleitungsvereinbarung für die Beschäftigungsbedingungen der Mitarbeiter Regional Logistic Center D der S AG in der SR GmbH vom 10.12.1999 – fortgeführt werden, wird mit Wirkung zum 01.10.2005 die Anwendung der Allgemeinen Bedingungen zur Überleitung SAF in die BEITRAGSORIENTIERTE S ALTERSVERSORGUNG TARIFKREIS vereinbart (AÜB SAF, Anlage 3).
Die Anwendung der AÜB SAF nach Satz 1 gilt entsprechend für Mitarbeiter nach 2.2.1 Satz 1, denen vom Unternehmen vor Unterzeichnung dieser Betriebsvereinbarung noch Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach der Altregelung zugesagt wurden.
4
Schlussvorschriften
Diese Betriebsvereinbarung tritt … zum 01.10.2005 in Kraft. …“
6
Die Anlage 1 zur BSAV SR – „ALLGEMEINE VERSORGUNGSBEDINGUNGEN BEITRAGSORIENTIERTE S ALTERSVERSORGUNG TARIFKREIS (AVB BSAV TARIFKREIS)“ – regelt auszugsweise:
„2
Geltungsbereich
Diese Allgemeinen Versorgungsbedingungen gelten, sofern sie in eine betriebliche Versorgungszusage (Zusage) einbezogen werden wie z.B. im Rahmen einer Betriebsvereinbarung oder eines Einzelvertrages.
…
2.2
Mitarbeiter im Tarifkreis
Der Geltungsbereich ist in der Zusage (2) geregelt.
…
4.6
Versorgungsfall
4.6.1
Der Versorgungsfall tritt ein mit Erwerb eines Anspruchs nach 4.6.2 bis 4.6.4.
4.6.2
Der Mitarbeiter erwirbt im Erlebensfall Anspruch auf die Auszahlung des Versorgungsguthabens nach Maßgabe der Auszahlungsrichtlinie
·•
als Alterskapital, wenn das Arbeitsverhältnis mit oder nach Vollendung des 65. Lebensjahres (feste Altersgrenze) endet, oder
·•
als vorzeitiges Alterskapital auf Antrag des Mitarbeiters und mit Zustimmung des Unternehmens, wenn das Arbeitsverhältnis mit oder nach Vollendung des 60. Lebensjahres vor Erreichen der festen Altersgrenze endet, oder
·
als Invalidenkapital, wenn das Arbeitsverhältnis vor Erreichen der festen Altersgrenze endet und von da an unbefristete Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch genommen wird.
…
6
Schlussvorschriften
Das Inkrafttreten der AVB BSAV TARIFKREIS ist in der Zusage (2) geregelt.“
7
Die Anlage 3 zur BSAV SR – „ALLGEMEINE ÜBERLEITUNGSBEDINGUNGEN SAF zum Übergang von Versorgungsanwartschaften nach SAF in die BEITRAGSORIENTIERTE S ALTERSVERSORGUNG TARIFKREIS (AÜB SAF)“ – bestimmt auszugsweise:
„1
Einführung
Diese Allgemeinen Überleitungsbedingungen gelten, sofern sie in eine betriebliche Versorgungszusage (Zusage) einbezogen werden wie z.B. im Rahmen einer Betriebsvereinbarung oder eines Einzelvertrages.
2
Geltungsbereich
Der Geltungsbereich ist in der Zusage (1) geregelt.
…
6
Zahlungen außerhalb der betrieblichen Altersversorgung und Anrechnung
6.1
Grundsatz
Die bestehenden Regelungen im Zusammenhang mit der Gewährung von befristeten Übergangszuschüssen, Beihilfen, tariflicher Sterbefallunterstützung sowie zur befristeten Rentenfortzahlung (befristete Übergangsgelder) an den Mitarbeiter bzw. an den hinterlassenen Ehegatten werden im bisherigen Umfang fortgeführt11.
6.2
Anrechnungen auf befristete Übergangsgelder
Die Leistungen aus dem integrierten Besitzstand (3 und 4) sowie aus dem Versorgungskonto nach den AVB BSAV TARIFKREIS werden auf die befristeten Übergangsgelder12 angerechnet. …“
8
Im Jahr 2008 schloss der Kläger mit der SR GmbH einen Altersteilzeitvertrag im Blockmodell. Dieser endete mit Ablauf der Freistellungsphase am 31. März 2014. Das nach Nr. 9.2 des Altersteilzeitvertrags für den Übergangszuschuss auf Vollzeit hochzurechnende Monatsentgelt des Klägers betrug zu Beginn seines Altersteilzeitverhältnisses 3.826,20 Euro brutto.
9
Durch Beschluss des Amtsgerichts Kempten vom 26. September 2012 wurde über das Vermögen der SR GmbH (im Folgenden Insolvenzschuldnerin) das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet.
10
Der Kläger bezieht seit dem 1. April 2014 eine Rente für schwerbehinderte Menschen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und vom Beklagten eine Betriebsrente iHv. monatlich 246,56 Euro brutto. Mit seiner Klage hat er die Zahlung des Übergangszuschusses begehrt und die Auffassung vertreten, dieser sei eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung.
11
Der Kläger hat – soweit in der Revision von Bedeutung – zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag iHv. 20.517,06 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2014 zu zahlen.
12
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
13
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung des Beklagten teilweise abgeändert und den Beklagten zur Zahlung eines Übergangszuschusses iHv. 18.251,87 Euro brutto nebst Zinsen seit dem 1. Oktober 2014 verurteilt. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Ziel einer vollständigen Klageabweisung weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
14
Die Revision bleibt im Wesentlichen erfolglos.
15
A. Die Revision ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt – entgegen der Ansicht des Klägers – den gesetzlichen Anforderungen. Sie setzt sich mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung hinreichend auseinander.
16
I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge sind nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dabei muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des revisionsrechtlichen Angriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdenkt. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen. Dazu hat der Revisionsführer darzulegen, aus welchen Gründen er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält. Die bloße Wiedergabe oder der Verweis auf das bisherige Vorbringen genügen hierfür nicht (vgl. BAG 23. Januar 2018 – 1 AZR 550/16 – Rn. 9 mwN).
17
II. Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung.
18
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Übergangszuschuss sei eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung, weil er der Versorgung im Alter diene. Er knüpfe an den Betriebsrentenbezug an und bezwecke deshalb gerade nicht, Wartezeiten bis zum Eintritt des Versorgungsfalls zu überbrücken. Auch die damalige Arbeitgeberin des Klägers habe den Übergangszuschuss als eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung eingeordnet. Die Regelung, dass der Arbeitnehmer im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der S AG pensioniert werden müsse, verstoße gegen die gesetzlichen Bestimmungen über die Unverfallbarkeit von Versorgungsanwartschaften.
19
2. Mit diesen Erwägungen setzt sich die Revision hinreichend auseinander. Sie rügt, dem Übergangszuschuss fehle der Versorgungscharakter, weil er – wie das Sterbegeld – kurzzeitig eine bestimmte Lebenssituation wirtschaftlich erleichtern solle. Das Landesarbeitsgericht habe auch die Voraussetzung eines unmittelbaren Anschlusses der Pensionierung an die aktive Dienstzeit fehlerhaft nur als Anspruchsvoraussetzung für den Bezug des Übergangszuschusses geprüft. Gerade diese Bedingung verdeutliche jedoch, dass der Übergangszuschuss darauf ziele, lediglich den Übergang in den Ruhestand abzumildern. Das Landesarbeitsgericht habe auch nicht berücksichtigt, dass die Gewährung des Übergangszuschusses zu einer Überversorgung führe, weil die gesetzliche Altersrente nicht angerechnet werde. Damit verkenne es den bloßen Überbrückungszweck der Zuwendung, da die betriebliche Altersversorgung nicht typischerweise eine Überversorgung anstrebe. Das Landesarbeitsgericht habe schließlich unzutreffend angenommen, die Arbeitgeberin sei selbst davon ausgegangen, es handele sich bei dem Übergangszuschuss um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Hiergegen spreche bereits, dass diese weder Beiträge an den Beklagten als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung geleistet noch die gesetzliche Unverfallbarkeit umgesetzt habe. Da der Übergangszuschuss keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung sei, verstoße die Voraussetzung eines nahtlosen Übergangs auch nicht gegen die gesetzlichen Bestimmungen über die Unverfallbarkeit von Versorgungsanwartschaften.
20
Diese Ausführungen lassen sowohl die Richtung der Revisionsangriffe als auch die von der Revision angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts ausreichend deutlich erkennen. Sie sind im Fall ihrer Berechtigung geeignet, eine abweichende Entscheidung als möglich erscheinen zu lassen.
21
B. Die Klage ist überwiegend begründet. Der Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger einen Übergangszuschuss iHv. 18.110,76 Euro brutto zu zahlen.
22
I. Der Beklagte ist als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung nach § 7 Abs. 2 BetrAVG verpflichtet, für die Zahlung des Übergangszuschusses einzutreten, nachdem über das Vermögen der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und damit ein Sicherungsfall eingetreten ist. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BetrAVG haben Personen, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine nach § 1b BetrAVG unverfallbare Versorgungsanwartschaft haben, einen Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung, wenn die Anwartschaft auf einer unmittelbaren Versorgungszusage des Arbeitgebers beruht. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
23
1. Dem Kläger wurde durch die GBV 1981 idF der GBV 1983 von seiner damaligen Arbeitgeberin eine unmittelbare Versorgungszusage auf Gewährung eines Übergangszuschusses erteilt.
24
2. Der Übergangszuschuss ist eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung.
25
a) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG liegt betriebliche Altersversorgung vor, wenn dem Arbeitnehmer aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung zugesagt sind. Die Zusage muss einem Versorgungszweck dienen und die Leistungspflicht muss nach dem Inhalt der Zusage durch ein im Gesetz genanntes biologisches Ereignis, nämlich Alter, Invalidität oder Tod ausgelöst werden. Erforderlich und ausreichend ist, dass durch die vorgesehene Leistung ein im Betriebsrentengesetz genanntes biometrisches Risiko teilweise übernommen wird. Die Altersversorgung deckt einen Teil der „Langlebigkeitsrisiken“, die Hinterbliebenenversorgung einen Teil der Todesfallrisiken und die Invaliditätssicherung einen Teil der Invaliditätsrisiken ab. Die Risikoübernahme muss in einer Versorgung bestehen. Dabei ist der Begriff der Versorgung weit auszulegen. Versorgung sind alle Leistungen, die den Lebensstandard des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Versorgungsfall verbessern sollen. Außer Zusagen auf rentenförmige Leistungen können auch einmalige Kapitalzuwendungen die Merkmale der betrieblichen Altersversorgung erfüllen. Es genügt, dass der Versorgungszweck die Leistung und deren Regelung prägt (vgl. BAG 20. September 2016 – 3 AZR 411/15 – Rn. 15 mwN, BAGE 156, 196).
26
b) Danach handelt es sich bei dem Übergangszuschuss nach der GBV 1981 um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG.
27
aa) Der Übergangszuschuss dient der Versorgung des Arbeitnehmers bei Eintritt in den Ruhestand.
28
(1) Nach dem Eingangssatz der GBV 1981 und dem zweiten Spiegelstrich seiner Nr. 2 erhalten Mitarbeiter den Übergangszuschuss nach ihrer Pensionierung. Der Zuschuss soll danach für einen Zeitraum von sechs Monaten die Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Brutto-Monatsentgelt und dem Ruhegeld ausgleichen, um den Mitarbeitern den Übertritt in den Ruhestand wirtschaftlich zu erleichtern. Der Umfang der Zuwendung ist geeignet, den Lebensstandard des Arbeitnehmers im Versorgungsfall zu verbessern und dient damit dem Versorgungszweck. Etwas anderes folgt – entgegen der Ansicht des Beklagten – nicht daraus, dass der Übergangszuschuss nur zeitlich befristet geleistet wird. Dies gilt unabhängig davon, ob während dieser Zeit typischerweise ein erhöhter Versorgungsbedarf besteht. Für die Versorgungsfunktion einer Leistung kommt es nicht darauf an, wie lange diese gewährt wird. Selbst einmalige Kapitalleistungen können Versorgungscharakter haben (vgl. BAG 28. Oktober 2008 – 3 AZR 317/07 – Rn. 27 mwN, BAGE 128, 199).
29
Der Umstand, dass die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht angerechnet wird, und dadurch nach Ansicht des Beklagten eine für die betriebliche Altersversorgung untypische „Überversorgung“ eintritt, gibt ebenfalls keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Dem Arbeitgeber bleibt es unbenommen, seinen Arbeitnehmern eine auch über ihrem letzten Entgelt liegende Altersversorgung zu gewähren.
30
(2) Da der Übergangszuschuss voraussetzt, dass der Arbeitnehmer in den Ruhestand getreten ist, bezweckt er weder die Überbrückung einer Arbeitslosigkeit noch zielt er darauf ab, einen Wechsel des Arbeitsplatzes zu erleichtern. Anders als der Beklagte meint, ist der Übergangszuschuss auch nicht mit dem Zweck eines Sterbegeldes vergleichbar. Denn während ein Sterbegeld typischerweise einen anlassbedingten erhöhten Aufwand wie etwa Bestattungskosten ausgleichen soll (vgl. hierzu etwa BAG 10. Februar 2009 – 3 AZR 653/07 – Rn. 19; 19. September 2006 – 1 ABR 58/05 – Rn. 24; 10. August 1993 – 3 AZR 185/93 – zu 2 c der Gründe), trägt der Übergangszuschuss dazu bei, finanzielle Verluste, die aus dem Wegfall des bisherigen Einkommens aus dem Arbeitsverhältnis entstehen, für den Arbeitnehmer zu verringern und ihm den Übergang in den Ruhestand wirtschaftlich zu erleichtern. Schon deshalb dient er trotz seiner zeitlichen Beschränkung dazu, die finanzielle Lage des Betriebsrentners zu verbessern und hat daher Versorgungscharakter (vgl. BAG 28. Oktober 2008 – 3 AZR 317/07 – Rn. 29, BAGE 128, 199).
31
bb) Der rechtlichen Einordnung des Übergangszuschusses als eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung steht weder seine Bezeichnung als „Übergangszuschuss“ noch der Umstand entgegen, dass dieser nicht im Versorgungswerk der Insolvenzschuldnerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin geregelt ist, sondern in einer eigenen (Gesamt)Betriebsvereinbarung. Zwar lassen Wortlaut und Systematik Rückschlüsse auf die Vorstellungen der Betriebsparteien zur Einordnung der Leistungen zu. Jedoch sind weder ihre Einschätzung noch ihr Regelungswille entscheidend, da die zwingenden Bestimmungen des Betriebsrentenrechts nicht umgangen werden können (vgl. BAG 28. Oktober 2008 – 3 AZR 317/07 – Rn. 33 mwN, BAGE 128, 199).
32
cc) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist es unerheblich, dass der Übergangszuschuss an einen Eintritt in den Ruhestand im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der Arbeitgeberin geknüpft ist. Eine solche Bedingung ändert am Rechtscharakter der Leistung nichts. Liegt eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung vor, ist die Zulässigkeit einer solchen Voraussetzung an den Vorgaben des Betriebsrentengesetzes zu messen. Gegebenenfalls ist die Bedingung nach § 19 Abs. 3 BetrAVG unwirksam (vgl. BAG 28. Oktober 2008 – 3 AZR 317/07 – Rn. 34, BAGE 128, 199; 18. Februar 2003 – 3 AZR 81/02 – zu I 1 c bb der Gründe).
33
dd) Gegen die rechtliche Einordnung des Übergangszuschusses als betriebliche Altersversorgung spricht schließlich nicht, dass Hinterbliebene keinen Anspruch auf diese Leistung haben. Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Deshalb ist er grundsätzlich auch berechtigt, Hinterbliebene von einzelnen Versorgungsleistungen auszunehmen, ohne dass dies den Versorgungscharakter der Leistung für die Versorgungsberechtigten berührt.
34
3. Die dem Kläger in der GBV 1981 idF der GBV 1983 erteilte Zusage einer Leistung der betrieblichen Altersversorgung in Form des Übergangszuschusses bestand auch noch bei Eintritt des Sicherungsfalls am 26. September 2012.
35
Der Übergangszuschuss war bei der Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin durch Gesamtbetriebsvereinbarung – die GBV 1981 – geregelt und durch eine weitere Gesamtbetriebsvereinbarung – die GBV 1983 – für Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis, wie beim Kläger, vor dem 1. Oktober 1983 begonnen hatte, aufrechterhalten worden. Die Regelungen der GBV 1981 idF der GBV 1983 wurden jedenfalls aufgrund des Betriebsübergangs auf die spätere Insolvenzschuldnerin nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis des Klägers transformiert. An deren Geltung für das Arbeitsverhältnis des Klägers hat sich auch durch das Inkrafttreten der BSAV SR zum 1. Oktober 2005 nichts geändert. Nr. 1 Abs. 2 BSAV SR iVm. Nr. 6.1 Anlage 3 zur BSAV SR ordnen für diejenigen Arbeitnehmer, die – wie der Kläger – bereits vor dem 1. Oktober 1983 in einem Arbeitsverhältnis zur Insolvenzschuldnerin standen, die Fortgeltung der bestehenden Regelungen über die Gewährung des Übergangszuschusses ausdrücklich an (vgl. Nr. 2.2.1 Abs. 2 und Nr. 3 Abs. 1 BSAV SR iVm. Nr. 1 der Anlage 3 zur BSAV SR).
36
4. Der im August 1953 geborene Kläger hatte bei Eintritt des Sicherungsfalls am 26. September 2012 auch eine nach § 1b iVm. § 30f Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BetrAVG unverfallbare Anwartschaft erworben. Er hatte sein 30. Lebensjahr vollendet und die Zusage für den Übergangszuschuss bestand ab dem 1. Januar 2001 mehr als fünf Jahre.
37
5. Der Kläger erfüllt – entgegen der Auffassung des Beklagten – die Leistungsvoraussetzungen nach Nr. 2 Spiegelstrich 2 GBV 1981 idF der GBV 1983. Er ist nach Beendigung der Freistellungsphase seines Altersteilzeitverhältnisses und damit im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der Insolvenzschuldnerin pensioniert worden. Selbst wenn man dies zugunsten des Beklagten anders sähe, führte das nicht zu einem Anspruchsausschluss, da eine solche Regelung nach § 19 Abs. 3 BetrAVG iVm. § 134 BGB nichtig wäre. Denn die Anwartschaft des Klägers auf Gewährung des Übergangszuschusses war unverfallbar.
38
II. Dem Kläger steht für die Zeit vom 1. April 2014 bis zum 30. September 2014 ein Übergangszuschuss iHv. 3.018,46 Euro brutto monatlich, also insgesamt 18.110,76 Euro brutto zu.
39
1. Der Umfang der Eintrittspflicht des Beklagten für den Übergangszuschuss bestimmt sich nach § 7 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 und Satz 6 iVm. § 2 Abs. 1 BetrAVG (vgl. zur Anwendung von § 7 Abs. 2 BetrAVG in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung ausführlich BAG 20. Februar 2018 – 3 AZR 239/17 – Rn. 13 mwN). Dabei verweist § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 BetrAVG auf die Berechnungsmethode in § 2 Abs. 1 BetrAVG, mit der im Fall des Ausscheidens des Arbeitnehmers mit gesetzlich unverfallbarer Betriebsrentenanwartschaft deren Höhe ermittelt wird. Jedoch tritt der Zeitpunkt des die Eintrittspflicht des Beklagten auslösenden Sicherungsfalls – hier der Insolvenzeröffnung (§ 7 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG) – an die Stelle des Zeitpunkts des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis, wenn dieses zumindest bis zum Zeitpunkt des Sicherungsfalls fortgedauert hat (vgl. BAG 20. Februar 2018 – 3 AZR 239/17 – Rn. 18).
40
2. Die Höhe der insolvenzgeschützten Anwartschaft ist danach zeitratierlich zu berechnen. Diese Berechnung erfolgt dergestalt, dass die Dauer des Arbeitsverhältnisses von dessen Beginn bis zum Sicherungsfall in das Verhältnis gesetzt wird zur möglichen Betriebszugehörigkeit vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zum Erreichen der festen Altersgrenze. Insolvenzgeschützt ist der diesem Verhältnis entsprechende Teil der bei einer Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze nach der maßgeblichen Versorgungsordnung erreichbaren „fiktiven“ Vollrente (vgl. BAG 19. Juli 2011 – 3 AZR 434/09 – Rn. 17 mwN, BAGE 138, 346).
41
Die mögliche Betriebszugehörigkeit ist die Zeit vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zur festen Altersgrenze, sofern die Versorgungsordnung eine solche bestimmt. Regelt die Versorgungsordnung keine feste Altersgrenze, umfasst die mögliche Betriebszugehörigkeit die Zeit vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG). Bei der Berechnung der insolvenzgeschützten Anwartschaft gelten nach § 7 Abs. 2 Satz 6 Halbs. 1 BetrAVG die Grundsätze der Veränderungssperre und des Festschreibeeffekts. Danach bleiben Veränderungen der Versorgungsregelung und der Bemessungsgrundlagen, die nach dem Sicherungsfall eintreten, außer Betracht.
42
3. Für die Berechnung der insolvenzgeschützten Anwartschaft des Klägers auf einen Übergangszuschuss ist bei der möglichen Betriebszugehörigkeit ein Lebensalter von 65 Jahren und sieben Monaten zugrunde zu legen.
43
a) Zwar benennt die GBV 1981 selbst keinen Zeitpunkt, zu dem im Regelfall – und zwar unabhängig von den Voraussetzungen des § 6 BetrAVG – mit einer Inanspruchnahme der Betriebsrente und einem altersbedingten Ausscheiden aus dem Berufs- und Erwerbsleben zu rechnen ist. Da der Übergangszuschuss aber nach der Pensionierung gezahlt werden muss, ist die in Nr. 4.6.2 Anlage 1 zur BSAV SR geregelte Altersgrenze der Vollendung des 65. Lebensjahres maßgeblich. Mit dieser haben die Betriebsparteien – wie der Klammerzusatz in Nr. 4.6.2 Spiegelstrich 1 zeigt – eine feste Altersgrenze bestimmt.
44
b) Gemäß Nr. 6 und Nr. 2 Anlage 1 zur BSAV SR iVm. Nr. 3 und Nr. 4 BSAV SR ist die Regelung am 1. Oktober 2005 und somit deutlich vor Inkrafttreten des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 (BGBl. I S. 554) am 1. Januar 2008 vereinbart worden. Insoweit tritt anstelle der ausdrücklich genannten Grenze des 65. Lebensjahres die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (ausführlich hierzu vgl. BAG 15. Mai 2012 – 3 AZR 11/10 – Rn. 48 bis 52 mwN, BAGE 141, 259) und damit im Fall des im August 1953 geborenen Klägers ein Lebensalter von 65 Jahren und sieben Monaten (§ 235 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
45
4. Bei einer tatsächlichen Betriebszugehörigkeit vom 1. Juni 1975 bis zum 26. September 2012 und damit von (aufgerundet) 448 Monaten und einer möglichen Betriebszugehörigkeit vom 1. Juni 1975 bis zum 24. März 2019 und damit (abgerundet) 525 Monaten beträgt der Zeitwertfaktor 0,853333. Ausgehend von einem monatlichen Entgelt des Klägers nach Nr. 9.2 des Altersteilzeitvertrags iHv. 3.826,20 Euro brutto ergibt dies 3.265,02 Euro brutto (3.826,20 Euro x 0,853333). Nach Nr. 6.2 AÜB SAF ist davon die – bereits zeitratierlich gekürzte – monatliche SAF-Rente iHv. 246,56 Euro brutto abzuziehen, sodass sich ein monatlicher Übergangszuschuss von 3.018,46 Euro brutto errechnet.
46
III. Der Anspruch auf Verzugszinsen folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
47
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Zwanziger
Spinner
Wemheuer
Lohre
Rau