Betriebsübergang – Widerspruch – tarifliches Rückkehrrecht
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.07.2021, 2 AZR 11/21
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 18. November 2020 – 4 Sa 397/20 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten im Wesentlichen über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, nachdem die Klägerin dessen Übergang auf einen anderen Arbeitgeber widersprochen hat.
2
Der beklagte Verband ist eine regionale Selbstverwaltungskörperschaft von Betriebskrankenkassen. Er unterhielt ein Apothekenabrechnungszentrum als Eigenbetrieb, in dem ua. die Klägerin beschäftigt wurde.
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Der Beklagte übertrug zum 1. Juni 2011 die Aktiva des Abrechnungszentrums durch einen Teilbetriebsveräußerungsvertrag auf die P GmbH & Co. KG (im Folgenden P). Mit Schreiben vom 9. Mai 2011 informierte er die betroffenen Arbeitnehmer darüber, dass das Apothekenabrechnungszentrum und damit auch ihre Arbeitsverhältnisse mit Wirkung zum 1. Juni 2011 im Wege des Betriebsteilübergangs auf die P übergehen und ihnen in diesem Zusammenhang ein Widerspruchsrecht zustehe. Die Kommanditisten der P waren die Mitgliedskassen des Beklagten bzw. deren Zusammenschlüsse, alleiniger Gesellschafter der Komplementär-GmbH war bis zum Jahr 2014 der Beklagte. Bereits zum Jahresbeginn 2011 hatten die Betriebskrankenkassen ihre bislang dem Beklagten erteilten Abrechnungsaufträge auf die P übertragen.
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Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und die Gewerkschaft der Sozialversicherung (GdS) schlossen mit dem Beklagten und der P einen Überleitungstarifvertrag (im Folgenden ÜTV). § 6 ÜTV gewährt den vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht zum Beklagten, falls es bis zum 31. Dezember 2015 bei der P zu einer „Kündigung i.S.d. § 1 KSchG … aus betrieblichen Erfordernissen“ kommt.
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Die Gesellschafter der P kündigten im Sommer 2018 sämtliche Abrechnungsaufträge zum 31. Dezember 2018. Später verlängerten sie die Frist bis zum 30. Juni 2019. Im Februar 2019 stellte die P Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren wurde am 1. Mai 2019 eröffnet und der operative Betrieb eingestellt.
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In der ersten Junihälfte 2019 widersprachen die Klägerin sowie weitere Arbeitnehmer schriftlich dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die P. Diese kündigte im Juli 2019 die Arbeitsverhältnisse zum 31. Dezember 2019. Nachfolgende Kündigungsschutzverfahren mit der P endeten durch Auflösungsvergleiche.
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Die Klägerin ist der Ansicht, ihr Arbeitsverhältnis bestehe weiterhin mit dem Beklagten. Sie habe dessen Übergang auf die P wirksam widersprochen. Das Unterrichtungsschreiben vom 9. Mai 2011 habe die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht in Lauf gesetzt. In diesem sei nicht in korrekter Weise über die rechtlichen Folgen des Übergangs belehrt worden. Das Widerspruchsrecht sei nicht verwirkt. Der Beklagte habe schon aufgrund der Regelung in § 6 ÜTV bis zum 31. Dezember 2015 mit einer Rückkehr rechnen müssen. Er könne sich zudem auf eine Verwirkung des Widerspruchsrechts nicht berufen, da dies treuwidrig wäre. Die Ausgründung sei im Jahr 2011 mit dem Zweck erfolgt, die P mit ihren zum größten Teil tarifvertraglich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern in eine Insolvenz zu führen.
8
Die Klägerin hat sinngemäß beantragt
1.
festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht,
2.
den Beklagten zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Angestellte zu beschäftigen.
9
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die Klägerin habe ihr Widerspruchsrecht verwirkt, da es erst mehr als sieben Jahre nach dem Betriebsübergang ausgeübt worden sei.
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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das den nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässigen Feststellungsantrag abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.
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I. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis besteht. Das ursprünglich mit dem Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis der Klägerin ist aufgrund eines Betriebs(teil)übergangs (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) zum 1. Juni 2011 auf die P übergegangen. Das von ihr geltend gemachte Widerspruchsrecht ist verwirkt.
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1. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu einem Übergang des Arbeitsverhältnisses der Klägerin gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die P lassen keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen. Ein solcher wird auch von der Klägerin nicht gerügt.
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a) § 613a BGB setzt voraus, dass ein „Betrieb“ oder ein „Betriebsteil“ auf einen neuen Inhaber übergeht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist darunter der Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit zu verstehen (EuGH 27. Februar 2020 – C-298/18 – [Grafe und Pohle] Rn. 22; 13. Juni 2019 – C-664/17 – [Ellinika Nafpigeia] Rn. 36).
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b) Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass das von dem Beklagten als Eigenbetrieb geführte Apothekenabrechnungszentrum eine übergangsfähige Einheit im vorstehend beschriebenen Sinn war, die durch den Teilbetriebsveräußerungsvertrag vom 16. Juni 2011 mit Wirkung zum 1. Juni 2011 auf die P übergegangen ist. Dies hat nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB den Übergang der Arbeitsverhältnisse der in dieser Einheit beschäftigten Arbeitnehmer zur Folge. Da sich die Annahme des Landesarbeitsgerichts insoweit als rechtsfehlerfrei erweist, kann offenbleiben, ob das Revisionsgericht an die „Feststellung“ eines Betriebsübergangs durch das Berufungsgericht nach § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist (so BAG 14. November 2007 – 4 AZR 861/06 – Rn. 27, 29; 6. November 2007 – 1 AZR 862/06 – Rn. 13, BAGE 124, 323) oder ob dies nicht der Fall ist (so tendenziell BAG 28. Februar 2019 – 8 AZR 201/18 – Rn. 37, BAGE 166, 54).
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2. Der Klägerin stand gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die P ein Widerspruchsrecht gemäß § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB zu.
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a) Das Widerspruchsrecht ist verfassungsrechtlich (vgl. BVerfG 25. Januar 2011 – 1 BvR 1741/09 – zu B I 2 a der Gründe, BVerfGE 128, 157; BAG 11. Dezember 2014 – 8 AZR 943/13 – Rn. 32), nicht aber unionsrechtlich geboten (vgl. EuGH 7. März 1996 – C-171/94 – [Merckx] Rn. 33 ff.), so dass auch dessen nähere Ausgestaltung allein nationalem Recht unterliegt (vgl. EuGH 16. Dezember 1992 – C-132/91 – [Katsikas] Rn. 35; BAG 24. August 2017 – 8 AZR 265/16 – Rn. 17, BAGE 160, 70).
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b) Das Widerspruchsrecht ist ein auf Verhinderung oder Beseitigung der Rechtsfolge des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gerichtetes Gestaltungsrecht (vgl. BAG 28. Februar 2019 – 8 AZR 201/18 – Rn. 42, BAGE 166, 54; 15. Dezember 2016 – 8 AZR 612/15 – Rn. 32, BAGE 157, 317).
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c) Es muss innerhalb der in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB bestimmten Monatsfrist ausgeübt werden. Die Frist beginnt unabhängig vom Zeitpunkt des Betriebsübergangs (ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 613a Rn. 100) mit dem Zugang der ordnungsgemäßen Unterrichtung durch den Arbeitgeber gemäß § 613a Abs. 5 BGB (vgl. BAG 28. Februar 2019 – 8 AZR 201/18 – Rn. 44, BAGE 166, 54).
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3. Der Senat kann zugunsten der Klägerin unterstellen, dass die Frist für die Ausübung des Widerspruchsrechts mangels einer ordnungsgemäßen Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB noch nicht angelaufen ist.
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a) Der Beklagte hat die Klägerin zwar mit Schreiben vom 9. Mai 2011 über den Betriebsteilübergang und den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die P unterrichtet. Diese Unterrichtung genügte aber nicht den in § 613a Abs. 5 BGB bestimmten Anforderungen. Sie enthielt keine Informationen über das Haftungssystem von § 613a Abs. 1 und Abs. 2 BGB, das Kündigungsverbot des § 613a Abs. 4 BGB sowie die Sperrfrist des § 613a Abs. 1 Satz 2 ff. BGB. Dies hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt. Auch die Parteien erheben insoweit keine Einwendungen.
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b) Der erkennende Senat muss nicht darüber befinden, ob an den durch die bisherige Rechtsprechung aufgestellten inhaltlichen Anforderungen an das Unterrichtungsschreiben und den Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerspruchsfrist (vgl. BAG 13. Juli 2006 – 8 AZR 303/05 – Rn. 22 ff., BAGE 119, 81; 13. Juli 2006 – 8 AZR 305/05 – Rn. 17 ff., BAGE 119, 91; sh. auch BAG 26. Mai 2011 – 8 AZR 18/10 – Rn. 20 ff.; 23. Juli 2009 – 8 AZR 538/08 – Rn. 31, BAGE 131, 258; 22. Januar 2009 – 8 AZR 808/07 – Rn. 26) uneingeschränkt festzuhalten ist, oder ob jedenfalls bei Fehlern, die regelmäßig für den Willensbildungsprozess der Arbeitnehmer ohne Belang sind, eine differenzierte Betrachtungsweise erforderlich ist. Dies kann schon deshalb offenbleiben, da sich die Klage auch unter Anwendung der bisherigen Rechtssätze als unbegründet erweist (vgl. Rn. 23 ff.).
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4. Die Klägerin hat dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die P jedenfalls deshalb nicht wirksam widersprochen, weil das Widerspruchsrecht bei seiner Ausübung im Juni 2019 bereits verwirkt war.
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a) Eine normierte zeitliche Höchstgrenze für die Ausübung des Widerspruchrechts besteht allerdings nicht (vgl. BAG 28. Juni 2018 – 8 AZR 100/17 – Rn. 31). Der Gesetzgeber hat entsprechende Vorschläge im Gesetzgebungsverfahren nicht aufgegriffen (vgl. BT-Drs. 14/8128 S. 4; BR-Drs. 831/1/01 S. 2). Ebenso stünde der Wirksamkeit des Widerspruchs nicht entgegen, dass das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich beendet ist (BAG 21. Januar 2010 – 8 AZR 870/07 – Rn. 17; 20. März 2008 – 8 AZR 1016/06 – Rn. 37).
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b) Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers nach § 613a Abs. 6 BGB kann aber, wie jedes Recht, nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeübt und deshalb verwirkt werden (st. Rspr., zuletzt BAG 28. Februar 2019 – 8 AZR 201/18 – Rn. 66 ff., BAGE 166, 54).
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aa) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes und trägt dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit Rechnung. Die Verwirkung verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner bereits dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger seine Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (vgl. BAG 28. Juni 2018 – 8 AZR 100/17 – Rn. 16).
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bb) Zeit- und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände sind, die eine Geltendmachung eines Anspruchs oder eines Rechts für den Gegner unzumutbar machen, desto schneller können diese verwirken (BAG 24. Juli 2008 – 8 AZR 175/07 – Rn. 27). Bezogen auf die Ausübung des Rechts aus § 613a Abs. 6 BGB gilt umgekehrt, je mehr Zeit seit dem Betriebsübergang verstrichen ist und je länger der Arbeitnehmer bereits für den neuen Inhaber gearbeitet hat, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment (BAG 22. Juni 2011 – 8 AZR 752/09 – Rn. 30). Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (vgl. BAG 28. Juni 2018 – 8 AZR 100/17 – Rn. 17; 17. Oktober 2013 – 8 AZR 974/12 – Rn. 27). Die Frage nach einer Verwirkung ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu beantworten (vgl. BAG 17. Oktober 2013 – 8 AZR 974/12 – Rn. 29; 22. Juni 2011 – 8 AZR 752/09 – Rn. 33).
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cc) Die Beurteilung der Frage, ob ein Anspruch oder ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich den Tatsachengerichten. Das Revisionsgericht prüft lediglich, ob die Vorinstanz die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. BAG 28. Februar 2019 – 8 AZR 201/18 – Rn. 69, BAGE 166, 54).
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c) Nach diesem Maßstab ist die Annahme des Berufungsgerichts, das Widerspruchsrecht der Klägerin sei bei seiner Ausübung im Juni 2019 bereits verwirkt gewesen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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aa) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt ihres Widerspruchs noch nicht über ihr Arbeitsverhältnis disponiert hatte (vgl. hierzu BAG 28. Februar 2019 – 8 AZR 201/18 – Rn. 84 f., BAGE 166, 54; 17. Oktober 2013 – 8 AZR 974/12 – Rn. 31 ff.). Der Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses erfolgte in der ersten Junihälfte 2019. Ein Auflösungsvergleich mit der P wurde erst danach abgeschlossen.
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bb) Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, in der vorliegenden Situation seien Zeit- und Umstandsmoment für eine Verwirkung des Widerspruchsrechts gegeben, lässt keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen. Es hat – im Einklang mit den vom Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgestellten Rechtssätzen – zunächst berücksichtigt, dass – wie vorliegend – bei einer Unterrichtung über die „grundlegenden Informationen“ zum Betriebsübergang und einer widerspruchslosen Weiterarbeit des Arbeitnehmers beim Erwerber über einen Zeitraum von sieben Jahren der Widerspruch sich allein aufgrund des Zeitablaufs als mit Treu und Glauben unvereinbar erweisen kann (vgl. BAG 28. Februar 2019 – 8 AZR 201/18 – Rn. 81 f., BAGE 166, 54; 28. Juni 2018 – 8 AZR 100/17 – Rn. 19 ff.; grundlegend BAG 24. August 2017 – 8 AZR 265/16 – Rn. 24 ff., BAGE 160, 70). Das Landesarbeitsgericht hat aber darüber hinausgehend eine eigenständige Verwirkungsprüfung durchgeführt und im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums rechtsfehlerfrei die Ausübung des Widerspruchsrechts als verwirkt angesehen.
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(1) Dabei ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass es keine Höchst- oder Mindestfrist für die Verwirkung gibt, sondern es hat den von ihm festgestellten Sachverhalt den Merkmalen „Zeitmoment“ und „Umstandsmoment“ zugeordnet und nach einer abschließenden Bewertung angenommen, das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Beklagten überwiege im vorliegenden Fall das Interesse der Klägerin an einer Ausübung des Widerspruchsrechts. Es hat die verstrichene Zeitdauer von rund acht Jahren in den Blick genommen und als besonders starkes Zeitmoment angesehen. Hinsichtlich des Umstandsmoments – der widerspruchslosen Weiterarbeit nach den „grundlegenden Informationen“ über den Betriebsübergang – hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass ihm zwar nur ein geringes Gewicht zukomme, was aber durch das besonders starke Zeitmoment ausgeglichen werde. Dies lässt im Ergebnis keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen.
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(2) Das Berufungsgericht hat sich auch ausführlich mit der – von der Klägerin in den Vordergrund gestellten – Frage des Rückkehrrechts nach § 6 ÜTV befasst, unbeschadet dessen, dass ein Geltungsgrund des ÜTV für das Arbeitsverhältnis der Parteien weder festgestellt noch ersichtlich ist (vgl. zu dem Erfordernis einer Feststellung des Geltungsgrundes für den Tarifvertrag BAG 24. Oktober 2019 – 2 AZR 158/18 – Rn. 10 ff., BAGE 168, 238). Es ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die tarifliche Regelung weder etwas an der Bewertung des Zeitmoments ändere, noch, dass sie zum Entfallen des Umstandsmoments führe. Dabei hat es die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt. Deren Bewertung wird von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen. Auch die Klägerin zeigt mit ihrer Revision keine diesbezüglichen Rechtsfehler auf.
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(a) Zwischen dem bei einer betriebsbedingten Kündigung durch die P bestehenden Rückkehrrecht – die Geltung des ÜTV zugunsten der Klägerin unterstellt – und dem Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB besteht kein Zusammenhang. Die Tarifnorm des § 6 ÜTV hat weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht Einfluss auf das durch die widerspruchslose Weiterarbeit in Kenntnis der „grundlegenden Informationen“ über den Betriebsübergang begründete Umstandsmoment. Beide Regelungen unterscheiden sich in den tatbestandlichen Voraussetzungen und den Rechtsfolgen. Das tarifliche Rückkehrrecht besteht nur aus besonderen Gründen, während die Ausübung des Widerspruchsrechts an keine normierten Bedingungen geknüpft ist. Rechtsfolge des Rückkehrrechts wäre nach § 6 Abs. 2 Unterabs. 2 ÜTV eine Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten, während ein wirksamer Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB das „alte“ Arbeitsverhältnis ex tunc weiterbestehen ließe (vgl. BAG 11. Dezember 2014 – 8 AZR 943/13 – Rn. 34; 16. April 2013 – 9 AZR 731/11 – Rn. 26, BAGE 145, 8). Die tarifliche und die gesetzliche Regelung betreffen jeweils unterschiedliche Interessenlagen. Mit dem Widerspruchsrecht soll der Arbeitnehmer davor geschützt werden, dass er einen Arbeitgeber bekommt, den er nicht will. Das Rückkehrrecht ist hingegen eine Sicherheit insbesondere für den Fall, dass der neue Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Erfordernissen beendet. Die darauf gestützte Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Beklagte habe bereits seit dem 9. Juni 2011 aufgrund der widerspruchslosen Weiterarbeit der Klägerin bei der P auf eine künftige Nichtausübung des Widerspruchsrechts vertrauen können, ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.
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(b) Gegen ein „Hinausschieben“ des Zeitmoments aufgrund der Tarifregelung in § 6 ÜTV spricht zudem, dass die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses schon während der Dauer des Rückkehrrechts begründungslos hätte widersprechen können. Insofern trifft ihre mit der Revision vertiefte Ansicht nicht zu, dass die Frage des Bestehens eines Widerspruchsrechts eine schwierig zu klärende Frage sei, so dass vorrangig das Rückkehrrecht ausgeübt werden würde und deshalb abgelaufen sein müsse, bevor das Zeitmoment für eine Verwirkung des Widerspruchsrechts zu laufen beginne. Während das Widerspruchsrecht an keine weiteren Bedingungen geknüpft ist, war für die betroffenen Arbeitnehmer ungewiss, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für das Rückkehrrecht eintreten werden. Im Übrigen ist das Bestehen eines Widerspruchsrechts nicht schwieriger zu beurteilen als die Frage, ob eine Kündigung – in Wahrheit – auf „betrieblichen Erfordernissen“ beruht und ob mit der tariflichen Regelung – die sich ausdrücklich auf § 1 KSchG bezieht – auch außerordentliche Kündigungen tariflich „unkündbarer“ Arbeitnehmer nach § 626 BGB mit Auslauffrist erfasst werden.
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cc) Die weitere Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Berufung des Beklagten auf die Verwirkung des Widerspruchsrechts sei nicht treuwidrig, hält ebenso einer revisionsrechtlichen Prüfung stand. Dabei bedarf es vorliegend keiner vertieften Betrachtung, ob diese Frage eine – erneute – eigenständige Prüfung von § 242 BGB veranlasst oder vom Berufungsgericht im Rahmen der von ihm durchgeführten Zumutbarkeitsprüfung bei der Verwirkung zu behandeln gewesen wäre.
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(1) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob bei einer bestimmten Sachlage ein Verstoß gegen § 242 BGB und damit eine unzulässige Rechtsausübung vorliegt, ist in der Revisionsinstanz als Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. BAG 10. September 2020 – 6 AZR 94/19 (A) – Rn. 20; 19. März 2019 – 9 AZR 881/16 – Rn. 20).
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(2) Das Landesarbeitsgericht hat sich umfassend mit dem Einwand der Klägerin auseinandergesetzt, der Beklagte habe von Anfang an geplant, die P nach Ablauf von acht Jahren in die Insolvenz zu treiben, um sich so teurer und tariflich unkündbarer Arbeitnehmer zu entledigen. Seine Annahme, das Verhalten des Beklagten sei nicht treuwidrig, lässt erneut keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen. Ein solcher wird auch von der Klägerin nicht aufgezeigt.
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(a) Der in der Revisionsinstanz gehaltene Vortrag, das Unterrichtungsschreiben enthalte bewusste und gezielte Fehlinformationen in Bezug auf eine Insolvenzgefährdung der P, um die Arbeitnehmer von der Ausübung ihres Widerspruchsrechts abzuhalten, wird nicht von den für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen im Berufungsurteil gestützt. Im Übrigen hat sich das Landesarbeitsgericht ausführlich mit dem Einwand der Klägerin auseinandergesetzt, der Beklagte habe von Anfang an eine Insolvenz der P geplant, ohne allerdings hierfür Anzeichen zu sehen. Damit hat es jedenfalls inzident eine bewusste Fehlinformation der Arbeitnehmer in Bezug auf eine beabsichtigte Insolvenz verneint.
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(b) Die weiteren Ausführungen der Klägerin, das vermeintlich verschwörerische Zusammenwirken der Gesellschafter der P ab dem Jahr 2016 habe diese in die Insolvenz getrieben, sind für die Beurteilung der Treuwidrigkeit des Verhaltens des Beklagten ohne Bedeutung. Dieser war jedenfalls seit Jahresbeginn 2015 nicht mehr Gesellschafter von P, so dass ihn ein solcher Vorwurf nicht trifft. Dies hat das Landesarbeitsgericht auch zutreffend erkannt.
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II. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist allerdings insoweit rechtsfehlerhaft und wegen eines von Amts wegen zu beachtenden Verstoßes gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu korrigieren, als es über einen Anspruch der Klägerin auf (vorläufige) Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits entschieden hat.
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1. Eine Verletzung des Antragsgrundsatzes nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegt nicht nur dann vor, wenn einer Partei ohne ihren Antrag etwas zugesprochen wird, sondern auch, wenn ihr ein Anspruch aberkannt wird, den sie nicht zur Entscheidung gestellt hat. Ein Verstoß der Vorinstanzen gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten (BAG 25. März 2021 – 6 AZR 41/20 – Rn. 15; 18. September 2019 – 5 AZR 240/18 – Rn. 11, BAGE 168, 25).
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2. Danach hat das Landesarbeitsgericht gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen. Der Antrag der Klägerin auf Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits ist nicht zur Entscheidung angefallen. Es handelt sich um einen uneigentlichen Hilfsantrag, der nur für den Fall des Obsiegens mit dem Hauptantrag gestellt wurde.
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a) Die Klägerin hat sich zur Begründung ihres Anspruchs sowohl in den Vorinstanzen als auch in der Revisionsbegründung auf die Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts zum Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung bei einem obsiegenden Urteil in einem Kündigungsschutzverfahren bezogen (BAG 27. Februar 1985 – GS 1/84 – BAGE 48, 122), die sie auf den vorliegenden Fall für entsprechend anwendbar hält.
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b) Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung während eines Kündigungsschutzverfahrens ist regelmäßig ein unechter Hilfsantrag für den Fall des Obsiegens mit dem Bestandsschutzantrag. Das gilt auch dann, wenn die Formulierung des Antrags seinen Hilfscharakter nicht unmittelbar zu erkennen gibt (vgl. BAG 7. Mai 2020 – 2 AZR 692/19 – Rn. 62). Die erforderliche Auslegung des Antrags hat unter Berücksichtigung seiner objektiven Sinnhaftigkeit zu erfolgen. Die Ausführungen der Klägerin im vorliegenden Fall geben keinen Anlass zu einem anderen Verständnis.
46
c) Da die Klägerin mit ihrem Feststellungsantrag nicht erfolgreich war, ist ihr Antrag auf vorläufige Beschäftigung nicht zur Entscheidung angefallen.
47
d) Das Berufungsurteil ist daher – ohne dass es eines förmlichen Entscheidungsausspruchs bedurfte – zu berichtigen (vgl. BAG 25. März 2021 – 6 AZR 41/20 – Rn. 20; 14. November 2017 – 3 AZR 515/16 – Rn. 19, BAGE 161, 47). Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist damit insoweit gegenstandslos, als die Klage wegen des Beschäftigungsanspruchs abgewiesen wurde (vgl. BAG 18. September 2019 – 5 AZR 240/18 – Rn. 12, BAGE 168, 25; 24. Mai 2018 – 6 AZR 215/17 – Rn. 26). Der Tenor der Entscheidung erweist sich dabei im Ergebnis als zutreffend und bedarf keiner Berichtigung.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Koch Niemann Schlünder
Krüger B. Schipp