Rechtsbehelf bei verspäteter Absetzung des Berufungsurteils – Keine Umdeutung der Nichtzulassungsbeschwerde in eine sofortige Beschwerde
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 24.02.2015, 5 AZN 1007/14
Tenor
- Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 20. Mai 2014 – 6 Sa 76/14 – wird als unzulässig verworfen.
- Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
- Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.107,71 Euro festgesetzt.
Gründe
5 AZN 1007/14 > Rn 1
I. Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Das am 20. Mai 2014 verkündete Urteil des Landesarbeitsgerichts ist vollständig abgefasst und mit den Unterschriften sämtlicher Mitglieder der Kammer versehen am 24. Oktober 2014 der Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts übergeben und der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 28. Oktober 2014 zugestellt worden. Mit der am 14. November 2014 beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen und zugleich begründeten Beschwerde richtet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision. Er begehrt für sich mit der Begründung, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sei entscheidungserheblich, deren nachträgliche Zulassung.
5 AZN 1007/14 > Rn 2
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist nach § 72b Abs. 1 Satz 2 ArbGG unstatthaft und deshalb unzulässig.
5 AZN 1007/14 > Rn 3
1. Liegen die Voraussetzungen für eine sofortige Beschwerde nach § 72b ArbGG vor, ist dies der einzige Rechtsbehelf, der gegen ein verspätet abgesetztes Urteil des Landesarbeitsgerichts, in dem die Revision nicht zugelassen worden ist, statthaft ist (BAG 15. März 2006 – 9 AZN 885/05 – Rn. 11; 2. November 2006 – 4 AZN 716/06 – Rn. 4, BAGE 120, 69). Nach § 72b Abs. 1 Satz 2 ArbGG findet § 72a ArbGG keine Anwendung, wenn die Voraussetzungen für das Verfahren nach § 72b ArbGG vorliegen. Somit ist die Nichtzulassungsbeschwerde kraft besonderer gesetzlicher Anordnung ausgeschlossen, wenn das anzufechtende Urteil im Sinne des § 72b ArbGG verspätet abgesetzt wurde. Dieses Verständnis wird bestätigt durch die Auslassung des § 547 Nr. 6 ZPO in § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG. Während § 73 Abs. 1 Satz 2 ArbGG im Falle einer aufgrund Zulassung statthaften Revision bestimmt, die Revision könne nicht auf die Gründe des § 72b ArbGG gestützt werden, ordnet § 72b Abs. 1 Satz 2 ArbGG uneingeschränkt an, im Falle eines verspätet abgesetzten Urteils des Landesarbeitsgerichts finde § 72a ArbGG keine Anwendung (BAG 2. November 2006 – 4 AZN 716/06 – Rn. 5, aaO).
5 AZN 1007/14 > Rn 4
2. Für den Kläger war gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts nicht die von ihm eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72a ArbGG, sondern nur die sofortige Beschwerde nach § 72b ArbGG statthaft. Sie hätte bis zum 20. November 2014 eingelegt und begründet werden müssen (§ 72b Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ArbGG). Das anzufechtende Urteil ist später als fünf Monate nach seiner Verkündung vollständig abgesetzt und mit allen Unterschriften versehen zur Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts gelangt. Wie sich aus deren Vermerk ergibt, ist das am 20. Mai 2014 verkündete Berufungsurteil erst am 24. Oktober 2014 in der erforderlichen Form bei der Geschäftsstelle eingegangen.
5 AZN 1007/14 > Rn 5
III. Eine Umdeutung der nicht statthaften Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers in eine sofortige Beschwerde nach § 72b ArbGG scheidet aus. Eine Umdeutung kommt nur in Betracht, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde zugleich den Anforderungen von § 72b Abs. 2 und Abs. 3 ArbGG genügt (vgl. BAG 2. November 2006 – 4 AZN 716/06 – Rn. 8, BAGE 120, 69). Die vom Kläger eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde entspricht nicht den Begründungserfordernissen des § 72b Abs. 3 Satz 3 ArbGG. Danach kann die sofortige Beschwerde nach § 72b Abs. 1 Satz 1 ArbGG nur damit begründet werden, das Urteil des Landesarbeitsgerichts sei mit Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung nicht vollständig abgesetzt und mit allen Unterschriften versehen zur Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts gelangt. Der Kläger hat in der Beschwerdebegründung die verspätete Absetzung des anzufechtenden Urteils nicht angesprochen.
5 AZN 1007/14 > Rn 6
IV. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
5 AZN 1007/14 > Rn 7
V. Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 GKG.
Müller-Glöge Biebl Weber
> BAG, 02.01.2018 – 6 AZR 235/17