BAG – 2 AZR 563/85

Druckkündigung – betriebsbedingte Gründe

Bundesarbeitsgericht,  Urteil vom 19.06.1986, 2 AZR 563/85
Tenor
(…)
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer dem Kläger gegenüber am 24. März 1984 zum 30. Juni 1984 ausgesprochenen fristgerechten Kündigung.
Mit schriftlichem Vertrag vom 13./20. September 1982 wurde der Kläger als Bauingenieur für Bauleitungsaufgaben von der Beklagten, die in der Regel mehr als fünf Arbeitnehmer mit Ausnahme von Auszubildenden beschäftigt, für die Baustelle in Misurata in Libyen eingestellt.
Gemäß § 1 des Anstellungsvertrages erfolgte die Einstellung des Klägers „bis zur Beendigung des Auftrags auf Bauleitung, für die Sie eingesetzt sind, einerlei aus welchem Grund die Beendigung erfolgt“. Die Parteien haben in § 12 des Vertrages die Anwendung des deutschen materiellen und Prozeßrechts vereinbart. § 8 des Vertrages, der sich mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses befaßt, lautet wie folgt:

„Kündigung
Nach Ablauf der Probezeit kann der Vertrag von beiden Seiten aus wichtigem Grund gekündigt werden. Als wichtiger Grund gelten insbesondere auch Verstöße gegen die unter Paragraph 9 aufgeführten Bestimmungen oder das Verlangen des Auftraggebers auf Abberufung des Mitarbeiters. Die Kündigung bedarf der Schriftform. Verlangt der Auftraggeber die Abberufung des Mitarbeiters aus Gründen, die nicht von ihm zu vertreten sind, oder ist der Mitarbeiter aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen den Anforderungen seines Aufgabengebietes nicht voll gewachsen, oder, wenn der Auftraggeber den mit der Firma geschlossenen Vertrag kündigt, oder wirtschaftliche Umstände eintreten, die der Firma nach vernünftiger, kaufmännischer Überlegung eine weitere Geschäftstätigkeit im Beschäftigungsland überhaupt, in der bisherigen Form oder im bisherigen Umfang unmöglich oder unzumutbar machen, kann dieser Vertrag ferner durch einseitige Erklärung der Firma mit vorzeitiger Wirkung beendet werden. In diesem Fall ist jedoch eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zu einem Monatsschluß einzuhalten, oder – bei sofortiger Entlassung – eine Entschädigung in Höhe von 1,5 Monatsbezügen zu zahlen. Dieser Vertrag endet automatisch mi Beendigung der Bauleitungsaufgabe, für die Sie eingesetzt sind. Die Firma behält sich vor, bei Kündigung des Vertrages durch den Mitarbeiter vor Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer, Schadenersatz zu verlangen.“

Der Kläger nahm seine Arbeit am 7. November 1982 auf. Im Anschluß an ein vom libyschen Auftraggeber am 6. März 1984 gefordertes Gespräch über Personalfragen verlangte der Projektmanager des libyschen Auftraggebers von der Beklagten die Abberufung des Klägers innerhalb von zwei Monaten mit dem Hinweis, der libysche Projektleiter sei mit dem Verhalten und den Leistungen des Klägers nicht zufrieden; dies bestätigte der Auftraggeber der Beklagten mit Schreiben vom 19. März 1984. Hierüber führte der Repräsentant der Beklagten mit dem Kläger am 22. März 1984 ein Gespräch. Am 24. März 1984 kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis unter Hinweis auf das Abberufungsverlangen des libyschen Auftraggebers zum 30. Juni 1984, da eine anderweitige Beschäftigung des Klägers bei der Beklagten nicht möglich war. Gegen diese Kündigung hat sich der Kläger mit seiner Klage gewehrt, die am 12. April 1984 beim Arbeitsgericht eingegangen ist.
Er hat vorgetragen, er habe durch sein Verhalten keinen Anlaß zum Abberufungsverlangen des libyschen Auftraggebers gegeben. Bei dem Gespräch zwischen ihm und dem Repräsentanten der Beklagten am 22. März 1984 sei das Abberufungsverlangen des Auftraggebers der Beklagten von deren Repräsentanten überhaupt nicht erwähnt worden. Bei der Übergabe des Kündigungsschreibens am 24. März 1984 habe der Vertreter der Beklagten den Kläger gebeten, sich keinesfalls an den libyschen Projektleiter zu wenden. Die ausgesprochene Kündigung sei unwirksam, da es an Kündigungsgründen fehle. Die Vereinbarung über die Einschränkung des gesetzlichen Kündigungsschutzes sei unzulässig.
Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung seitens der Beklagten vom 24. März 1984 zum 30. Juni 1984 nicht aufgelöst ist, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Kündigung unter Einhaltung einer Drei-Monats-Frist zum Quartalsende sei wirksam, da der libysche Projektleiter am 19. März 1984 schriftlich die Abberufung des Klägers „wegen dessen Verhalten und Leistung“ verlangt habe. Hierzu sei der libysche Auftraggeber nach dessen vertraglichen Vereinbarungen mit der Beklagten ohne Angabe von Gründen berechtigt gewesen. Deshalb habe die Beklagte dem Abberufungsverlangen nicht widersprechen können. Auf solchen Abberufungsklauseln würden die Auftraggeber arabisch-islamischer Staaten bei der Auftragsvergabe kompromißlos bestehen. Ein Bewerber um einen solchen Auftrag aus dem arabischen Raum habe keine Chance, wenn er die Abberufungsklausel nicht akzeptiere. Aufgrund des schriftlichen Abberufungsverlangens vom 19. März 1984 hätte für die Beklagte keine Möglichkeit mehr bestanden, die weitere Tätigkeit des Klägers auf der Baustelle zu erzwingen. Wäre die Beklagte dem Abberufungsverlangen nicht nachgekommen, so hätte der libysche Auftraggeber die Einziehung des Reisepasses des Klägers und die Entziehung der Arbeitserlaubnis veranlaßt und sie wäre von der weiteren Auftragsvergabe in den arabischen Ländern grundsätzlich ausgeschlossen worden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter, während die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
 
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.
A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte könne sich zur Begründung der Kündigung zwar nicht auf Gründe im Verhalten des Klägers berufen, da sie ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen sei. Die Kündigung sei aber durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Der Kläger habe aufgrund des schriftlichen Abberufungsverlangens des libyschen Auftraggebers auf der vertraglich vereinbarten Baustelle nicht mehr eingesetzt werden können und eine anderweitige Einsatzmöglichkeit des Klägers außerhalb der Baustelle in Libyen sei für die Beklagte unstreitig nicht vorhanden gewesen. Zu den betriebsbedingten Kündigungsgründen zählten alle der betrieblichen Sphäre zuzurechnenden Tatsachen, die im Interesse des Betriebes eine Kündigung infolge einer eingetretenen betrieblichen Zwangslage erforderlich machten. Ein derartiger Umstand könne auch die durch einen Geschäftspartner des Arbeitgebers angekündigte Drohung des Abbruchs der Geschäftsbeziehungen sein, wenn der Druck auf Abberufung eines Arbeitnehmers so stark sei, daß dagegen ein Widerstand vom Arbeitgeber nicht verlangt und nicht erwartet werden könne. Im vorliegenden Falle hätte eine Intervention der Beklagten zugunsten des Klägers nicht nur keine Aussicht auf Erfolg gehabt, sondern sie sei wegen der Vertragsgestaltung mit dem Auftraggeber aus Rechtsgründen nicht möglich gewesen. Die Parteien seien sich des Risikos der Beschäftigung eines deutschen Arbeitnehmers auf einer Großbaustelle eines islamisch-arabischen Landes bewußt gewesen und sie hätten dieses zum Gegenstand einer besonderen Regelung im Arbeitsvertrag gemacht. Dabei sei das Verlangen des Auftraggebers auf Abberufung des Klägers ausdrücklich als Anlaß für eine Kündigung aus wichtigem Grund vereinbart worden und für den Fall, daß der Kläger die Abberufung nicht zu vertreten habe, eine weitere Regelung getroffen worden.
B. Der Senat hat dem Landesarbeitsgericht in Teilen der Begründung und im Ergebnis nicht folgen können.
I. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, bei Verträgen mit Auslandsberührung könnten die Parteien nach den Grundsätzen des Internationalen Privatrechtes selbst entscheiden, welcher Rechtsordnung sie ihre vertraglichen Beziehungen unterstellen wollen. Vorliegend haben die Parteien in § 12 Abs. 3 des Anstellungsvertrages ausdrücklich die Geltung des deutschen materiellen und prozessualen Rechts vereinbart. Daraus hat das Landesarbeitsgericht den zutreffenden Schluß gezogen, zwischen den Parteien gelte auch das deutsche Kündigungsschutzrecht und demzufolge sei die Rechtswirksamkeit der ordentlichen Kündigung an den Maßstäben des § 1 KSchG zu messen.
Die Parteien hätten zwar auch die Anwendung ausländischen Rechts vereinbaren können (Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., Rz 28 vor § 1 m.w.N.), selbst wenn dieses dem Arbeitnehmer einen geringeren Schutz bieten würde als das Kündigungsschutzgesetz, es sei denn, die Anwendung des ausländischen Rechts würde zu untragbaren Ergebnissen führen (Art. 30 EGBGB). Grundsätzlich können die Vertragsparteien auch für verschiedene Teile des Vertragsverhältnisses jeweils eigenes Recht vereinbaren (Soergel/Kegel, BGB, 11. Aufl., Rz 334 m.w.N. und Rz 423, jeweils vor Art. 7 EGBGB).
Vorliegend haben die Parteien jedoch mit der Regelung in § 8 des Arbeitsvertrages nicht zum Ausdruck gebracht, daß für das Kündigungsrecht ein anderes Recht gelten solle als für die übrigen Bereiche des Vertrages: Weder ergibt sich dafür etwas aus dem Wortlaut des § 8 des Arbeitsvertrages, noch haben die Parteien vorgetragen, einen entsprechenden Willen gehabt zu haben. Vielmehr ergibt sich aus dem Verhalten beider Parteien im Prozeß, daß beide Parteien von der Vereinbarung deutschen Rechts für das gesamte Vertragsverhältnis ausgegangen sind. Dazu gehört auch das Kündigungsschutzgesetz. Der Allgemeine Kündigungsschutz ist insofern z w i n g e n d e s Recht, als vorherige abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Arbeitnehmers unwirksam sind (BAG 28, 40 = AP Nr. 1 zu § 95 BetrVG 1972; Hueck, KSchG, 10. Aufl., § 1 Rz 161; KR-Becker, 2. Aufl., § 1 KSchG, Rz 12 und Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., Band 1, § 63 Ziffer 2 S. 624). Dementsprechend haben die Parteien in § 8 des Arbeitsvertrages im voraus nicht zum Nachteil des Klägers das geltende Kündigungsschutzrecht abändern können. Dies hat das Landesarbeitsgericht auch gesehen und dementsprechend geprüft, ob die Kündigung des Klägers nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist.
II. Der Senat hat dem Landesarbeitsgericht aber nicht darin folgen können, daß vorliegend die Kündigung durch dringende betriebliche Gründe bedingt gewesen ist.
1. Bei der Frage, ob eine ordentliche Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist, handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der dem Tatsachenrichter ein Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist (BAG 42, 151, 157 = AP Nr. 12 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung m.w.N.). Auch bei Anwendung dieses eingeschränkten Überprüfungsmaßstabs hat das angefochtene Urteil keinen Bestand haben können.
2. Betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung können sich aus außerbetrieblichen oder innerbetrieblichen (Unternehmerentscheidung) Gründen ergeben. Dringend sind diese nur, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet zu entsprechen.
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, nicht nur betriebswirtschaftliche Umstände, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers führen, wie z.B. Rationalisierungsmaßnahmen, könnten betriebliche Erfordernisse sein, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen, sondern sämtliche dem betrieblichen Bereich zuzurechnenden Tatsachen, die zu einer Beendigung des Einsatzes von Arbeitnehmern auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz führen, wenn eine Kündigung nicht durch andere Maßnahmen vermieden werden kann.
Auch eine sogenannte Druckkündigung kann aus betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt sein (BAG 12, 220, 231 = AP Nr. 8 zu § 626 BGB Druckkündigung; BAG 27, 263, 268 = AP Nr. 10 zu § 626 BGB Druckkündigung; BAG Urteil vom 26. Oktober 1978 – 2 AZR 24/77 – AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Sicherheitsbedenken, zu II 4 der Gründe; Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 1 Rz 207). Eine Druckkündigung liegt dann vor, wenn Dritte unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber von diesem die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangen (KR-Becker, 2. Aufl., § 1 KSchG Rz 270; Bleistein, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 2. Aufl., Rz 153; KR-Hillebrecht, 2. Aufl., § 626 BGB Rz 148; Schaub, Arbeitsrechts- Handbuch, 5. Aufl., § 125 VII 15, S. 780 f.). Dabei sind zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden: Das Verlangen des Dritten kann gegenüber dem Arbeitgeber durch ein Verhalten des Arbeitnehmers oder einen personenbedingten Grund objektiv gerechtfertigt sein, in diesem Falle liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, ob er eine personen- oder eine verhaltensbedingte Kündigung ausspricht (BAG 12, 220, 231 und BAG 27, 263, 268 = AP Nr. 8 und 10 zu § 626 BGB Druckkündigung). Lediglich wenn es an einer objektiven Rechtfertigung der Drohung fehlt, kommt eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen in Betracht.
Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, das Abberufungsverlangen des Auftraggebers der Beklagten sei objektiv nicht gerechtfertigt gewesen. Die Beklagte hat sich zur Begründung der Kündigung nicht auf Gründe in der Person des Klägers berufen; das Berufungsgericht hat aufgrund des Vortrags der Beklagten auch keine konkreten Tatsachen feststellen können, die eine verhaltensbedingte Kündigung wegen Vertragsverletzung hätten rechtfertigen können.
b) Soweit das Berufungsgericht aber davon ausgegangen ist, eine Druckkündigung könne im Falle eines fehlenden anderweitigen Einsatzes des Arbeitnehmers bereits dann ein dringendes betriebliches Erfordernis sein, wenn der von außen kommende Druck so stark sei, daß vernünftigerweise ein Widerstand gegen diesen Druck vom Arbeitgeber nicht verlangt und nicht erwartet werden könne, hat es die an eine betriebsbedingte Kündigung zu stellenden Anforderungen nicht genügend beachtet.
aa) An die Zulässigkeit einer objektiv nicht gerechtfertigten Druckkündigung hat das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung strenge Anforderungen gestellt. Beim Verlangen der Belegschaft bzw. eines Teils der Belegschaft auf Entlassung eines Arbeitnehmers darf der Arbeitgeber diesem nicht ohne weiteres nachgeben, um den Unannehmlichkeiten aus dem Weg zu gehen. Der Arbeitgeber hat sich in diesem Fall aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer zu stellen und alles Zumutbare zu versuchen, die Belegschaft von ihrer Drohung abzubringen. Nur wenn daraufhin trotzdem ein Verhalten in Aussicht gestellt wird – z.B. Streik oder Massenkündigung – und dadurch schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber drohen, kann die Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Dabei ist jedoch Voraussetzung, daß die Kündigung das einzig praktisch in Betracht kommende Mittel ist, um die Schäden abzuwenden (BAG 9, 53, 54 = AP Nr. 3 zu § 626 BGB Druckkündigung; BAG 12, 220, 231 = AP Nr. 8 zu § 626 BGB Druckkündigung; BAG 29, 7, 15 = AP Nr. 9 zu § 103 BetrVG 1972). Diese Grundsätze sind nach allgemeiner Meinung auch dann anzuwenden, wenn Kunden des Arbeitgebers die Entlassung des Arbeitnehmers unter Androhung des Abbruchs von Geschäftsbeziehungen verlangen (LAG Düsseldorf, Urteil vom 7. März 1957 – 3 (7) Sa 552/56 – DB 1957, 460; LAG Berlin Urteil vom 18. August 1980 – 9 Sa 42/80 – DB 1980, 2195; KR-Becker, aaO, § 1KSchG, Rz 270 und 271; Bleistein, aaO; Feichtinger, Die außerordentliche Kündigung, B II 2 j, AR-Blattei, Kündigung VIII; KR-Hillebrecht, aaO, § 626 BGB Rz 148; Hueck, KSchG, 10. Aufl., § 1, Rz 94).
bb) Vorliegend hat der Auftraggeber der Beklagten die Abberufung des Klägers von der Baustelle in Misurata verlangt. Zutreffend rügt die Revision aber, das Landesarbeitsgericht habe nicht geprüft, ob die Beklagte gegenüber ihrem libyschen Geschäftspartner Gegenvorstellungen erhoben hat und versucht hat, diesen von seiner Absicht zur Abberufung des Klägers abzubringen.
Soweit die Beklagte nunmehr in der Revisionserwiderungsschrift vorträgt, sie hätte alles getan, was sie im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht hätte tun müssen, ihr Kunde habe aber auf der Abberufung des Klägers bestanden, handelt es sich um einen neuen Sachvortrag, der gemäß § 561 Abs. 1 ZPO für das Revisionsgericht unbeachtlich ist.
Soweit das Landesarbeitsgericht der Regelung des § 8 des Arbeitsvertrages, wonach die Kündigung bei einem Abberufungsverlangen des Auftraggebers gerechtfertigt ist, ein Indiz dafür entnommen hat, was die Parteien unter einem dringenden betrieblichen Grund verstanden haben, kann dem nicht gefolgt werden. Hier übersieht das Berufungsgericht, daß die Sozialwidrigkeit nach einem objektiven Maßstab zu prüfen ist, die Vorstellungen der Parteien dagegen rechtlich irrelevant sind.
Die Beklagte befand sich auch unter Berücksichtigung der besonderen Schwierigkeiten, die die Abwicklung von Aufträgen mit arabisch-islamischen Firmen mit sich bringen, nicht in einer Zwangslage, die ohne Erhebung von Gegenvorstellungen zugunsten des Klägers eine betriebsbedingte Kündigung gerechtfertigt hätte. Gerade im vorliegenden Fall hat der Auftraggeber nicht ultimativ die Abberufung des Klägers verlangt, sondern zunächst die Beklagte gebeten, einen Repräsentanten zu schicken, mit dem ein Personalgespräch geführt werden könne. Dem ist die Beklagte nachgekommen, das Gespräch hat auch stattgefunden. Bei einem solchen Gespräch kann der Arbeitgeber die Gründe, die seiner Auffassung nach gegen eine Abberufung sprechen, in geeigneter Form vorbringen. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts ist in diesem Zusammenhang unerheblich, daß die Beklagte rechtlich ihren Standpunkt nicht hätte durchsetzen können.
cc) Hat das Landesarbeitsgericht die Voraussetzungen der betriebsbedingten Druckkündigung verkannt und deshalb nicht geprüft, ob die Beklagte bei dem Gespräch mit dem Vertreter des Auftraggebers die Argumente dargelegt hatte, die ihrer Auffassung nach gegen eine Abberufung sprachen, war das angefochtene Urteil aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Nach der Zurückverweisung wird das Landesarbeitsgericht zu überprüfen haben, ob die Beklagte in geeigneter Form ihre Bedenken gegen das Abberufungsverlangen durch den Auftraggeber dargelegt hat.
 
Triebfürst       Weller
zugleich für den wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschrift verhinderten Richter Ascheid
Brocksiepe       Schulze
 
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Vorinstanzen:
LAG Baden-Württemberg,  Urteil vom 02.08.1985, 5 Sa 55/85
ArbG Stuttgart,  Urteil vom 31.01.1985, 6 Ca 146/84
 
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Fundstellen:
NJW 1987, 211
NZA 1987, 21
BB 1986, 2271
DB 1986, 2498
AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 33
EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 39