BAG – 3 AZR 386/13

Betriebliche Altersversorgung – Auslegung eines Versorgungstarifvertrags – arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel

Bundesarbeitsgericht,  Urteil vom 17.06.2014, 3 AZR 386/13
Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 6. Februar 2013 – 6 Sa 869/12 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

3 AZR 386/13 > Rn 1

Die Parteien streiten über die Höhe der jährlichen Anpassung des betrieblichen Altersruhegelds des Klägers.

3 AZR 386/13 > Rn 2

Der im März 1946 geborene, der Gewerkschaft ver.di angehörende Kläger war bei der Bundesanstalt für Flugsicherung (im Folgenden: BFS) beschäftigt. Mit Wirkung zum 1. Januar 1993 wurden die Aufgaben der BFS auf die Beklagte übertragen. Die Dienstverhältnisse der Beamten und Angestellten der BFS wurden auf die Beklagte übergeleitet. Im Vorfeld hatten die Bundesrepublik Deutschland und die Beklagte am 23. Dezember 1992 eine Rahmenvereinbarung geschlossen. Darin verpflichtete sich die Beklagte, jedem Beschäftigten der BFS ein Übernahmeangebot einschließlich einer Versorgungszusage zu unterbreiten. Die Rahmenvereinbarung bestimmt dazu in § 5 Abs. 11 auszugsweise:

„Die DFS wird grundsätzlich jedem dem Luftfahrt-Bundesamt (Abteilung Flugsicherung) angehörenden ehemaligen Beschäftigten der Bundesanstalt für Flugsicherung ein Übernahmeangebot unterbreiten. Das Angebot hat auch eine Versorgungszusage zu enthalten, welche die spätere Versorgung dieses Personals durch die DFS regelt. Diese Zusage muß dem jeweiligen Beamten und Arbeitnehmer eine Versorgung in der Höhe sicherstellen, die er zum Zeitpunkt des Überwechselns zur DFS erreicht hat; dies soll in geeigneter Form tarifvertraglich vereinbart werden.“

3 AZR 386/13 > Rn 3

Die Beklagte schloss mit den Gewerkschaften DAG und ÖTV den Manteltarifvertrag für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 7. Juli 1993 (im Folgenden: MTV 1993). § 42 MTV 1993 lautet:

„Die betriebliche Altersversorgung wird in einem separaten Tarifvertrag geregelt.“

3 AZR 386/13 > Rn 4

Hierzu schlossen dieselben Tarifvertragsparteien den Tarifvertrag über die Versorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 7. Juli 1993 (im Folgenden: VersTV 1993). Dieser Tarifvertrag bestimmt ua.:

„Die nachfolgend vereinbarte Leistung, deren Finanzierung von der DFS garantiert wird, dient der Absicherung des Lebensunterhaltes im Alter und bei Dienstunfähigkeit sowie der Hinterbliebenen bei Tod einer Mitarbeiterin bzw. eines Mitarbeiters, und ersetzen die bei der BFS und dem LBA vorhandenen Versorgungssysteme. …

§ 3     Art der Versorgungsleistungen

(1)

Folgende Leistungen werden nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen gewährt:

a)    Altersruhegeld,

(2)

Die Höhe der Leistungen richtet sich nach dem ruhegeldfähigen Jahreseinkommen (§ 4) und der anrechenbaren Beschäftigungszeit (§ 5).

§ 4     Ruhegeldfähiges Einkommen

(1)

Das ruhegeldfähige Jahreseinkommen wird aus der Vergütung im letzten Beschäftigungsjahr vor Eintritt des Versorgungsfalles bestehend aus den Grundbeträgen nach dem VTV und ggf. festen monatlichen Zulagen nach dem ZTV zuzügl. des jeweiligen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes ermittelt. …

§ 16   Anpassung

Die DFS paßt jährlich erstmals zum 1.1. des dem Rentenbeginn folgenden übernächsten Jahres die laufenden Versorgungsleistungen um 2 % an. Nach 3 vollen Kalenderjahren erfolgt eine Anpassung in Höhe der Steigerung der Lebenshaltungskosten eines 4-Personen-Arbeitnehmer-haushaltes mit mittlerem Einkommen (alte Bundesländer) innerhalb des jeweiligen Rentenbezugszeitraumes, wobei die zwischenzeitlichen Anpassungen angerechnet werden. Ist die Steigerung der Lebenshaltungskosten innerhalb dieses Zeitraumes niedriger als die Wirkung der jährlich vorgenommenen Anpassungen, so werden diese Teile der Anpassung im folgenden Dreijahreszeitraum angerechnet.“

3 AZR 386/13 > Rn 5

Am 29. August/20. November 1994 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, der ua. bestimmt:

„§ 1 Vertragsgegenstand

1. Herr B wird ab 01.12.1994 als Flugmeßingenieur bei SNF beschäftigt. Sein Beschäftigungsort ist K.

2. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Manteltarifvertrag für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 07.07.1993 und den diesen ergänzenden, ändernden und an seine Stelle tretenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung.

§ 5 Versorgung

Es gilt der Versorgungstarifvertrag vom 07.07.1993.“

3 AZR 386/13 > Rn 6

Mit Wirkung zum 30. Oktober 1995 wurde die Außenstelle „Gemeinsame Flugvermessungsstelle“ geschlossen. Aus Anlass der Betriebsstellenschließung wurde am 18. Oktober 1994 ein Interessenausgleich und Sozialplan zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat der Außenstelle geschlossen. Für die von der Personalreduzierung betroffenen Beschäftigten war ua. eine Versetzung in den Ruhestand nach Maßgabe der Tarifverträge vorgesehen. Der Sozialplan bestimmt hierzu:

„§ 6   Vorruhestand

(1)

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen trotz intensiver Prüfung aller Dispositionsmöglichkeiten kein Arbeitsplatz angeboten werden kann, sind verpflichtet, sich in den Vorruhestand versetzen zu lassen, wenn sie die tariflichen Voraussetzungen dazu erfüllen.

(4)

Der Vorruhestand kann einvernehmlich zwischen der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter und der DFS auch mit weniger als 54 Lebensjahren beginnen. Das Vorruhestandsgeld wird dann je Monat früheren Eintretens in den Vorruhestand um 0,3 % gekürzt. Das Vorruhestandsgeld beträgt jedoch mindestens 65 % vom Bruttoarbeitsentgelt i. S. d. § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes.

§ 12   Schlußbestimmungen

(1)

Soweit ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung den gleichen Gegenstand wie dieser Sozialplan unterschiedlich regeln, ist die für die Beschäftigten günstigere Bestimmung maßgebend. Dies gilt insbesondere im Verhältnis zum Struktur-TV vom 10. Mai 1994. …“

3 AZR 386/13 > Rn 7

Die Parteien schlossen einvernehmlich auf der Grundlage von § 6 Abs. 4 des Sozialplans einen Vertrag über Vorruhestand. Dieser lautet auszugsweise:

„§ 1   Beginn des Vorruhestandes

1.

Herr B tritt mit Wirkung vom 01.04.1996 in den Vorruhestand ein. Dieser bestimmt sich nach dem Tarifvertrag über Strukturmaßnahmen und Vorruhestand für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Struktur-TV) vom 10.5.1994.

§ 5     Betriebliche Altersversorgung

1.

Der Vorruhestand endet zu dem Zeitpunkt, in dem frühestens eine gesetzliche Altersrente oder vergleichbare Versorgungsleistungen beansprucht werden können (§ 7 Struktur-TV).

2.

Mit dem Ende des Vorruhestandes werden die Leistungen nach dem Versorgungstarifvertrag (VersTV) fällig. Diese werden zu gegebener Zeit von der DFS bzw. der Unterstützungskasse berechnet und bekanntgegeben.“

3 AZR 386/13 > Rn 8

Der Tarifvertrag über Strukturmaßnahmen und Vorruhestand für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Struktur-TV) vom 10. Mai 1994 bestimmt zur betrieblichen Altersversorgung:

„§ 8   Betriebliche Altersversorgung

(1)

Zeiten, in denen Vorruhestandsgeld bezogen wird, gelten als anrechenbare Beschäftigungszeiten i.S.d. Vorruhestandstarifvertrages der DFS.

(2)

Als ruhegeldfähiges Jahreseinkommen wird das vor Eintritt in den Vorruhestand bezogene ruhegeldfähige Jahreseinkommen unterlegt, jeweils dynamisiert mit den Tariferhöhungen bis zum Ende des Bezugszeitraumes. Die Unterteilung des ruhegeldfähigen Jahreseinkommens gem. § 4 Abs. 2 VersTV erfolgt auf der Basis des Durchschnitts der im letzten Bezugsjahr des Übergangsgeldes geltenden Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der gesetzlichen Rentenversicherung.

(3)

§ 7 Abs. 2 des Versorgungstarifvertrages findet keine Anwendung.“

3 AZR 386/13 > Rn 9

Mit Wirkung ab dem 1. November 2004 vereinbarte die Beklagte erstmals einen Vergütungstarifvertrag mit der Gewerkschaft der Flugsicherung e.V. (im Folgenden: GdF). Seither wurden zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft ver.di keine Tarifverträge mehr geschlossen. Den VersTV 1993 hatte die Beklagte zum 31. Dezember 2004 gekündigt.

3 AZR 386/13 > Rn 10

Am 29. September 2006 vereinbarte die Beklagte mit der GdF den am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Tarifvertrag über die Versorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (im Folgenden: VersTV 2005). Dieser Tarifvertrag trat nach seiner Präambel an die Stelle der Versorgungszusage nach dem Tarifvertrag vom 7. Juli 1993 und ist im Wesentlichen wortgleich mit dem VersTV 1993.

3 AZR 386/13 > Rn 11

Der Vorruhestand des Klägers endete am 31. März 2009. Während des Vorruhestands wurden die Vorruhestandsbezüge des Klägers entsprechend den für die aktiven Arbeitnehmer der Beklagten vereinbarten Tarifsteigerungen erhöht und das zuletzt bezogene ruhegeldfähige Einkommen mit den Tariferhöhungen während des Vorruhestands dynamisiert. Seit dem 1. April 2009 bezieht der Kläger Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und betriebliches Altersruhegeld iHv. 1.939,23 Euro.

3 AZR 386/13 > Rn 12

Am 21. August 2009 schlossen die Beklagte und die GdF den Tarifvertrag über die Versorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (im Folgenden: VersTV 2009). Dieser bestimmt ua.:

„Präambel

Für alle vor 2005 eingetretenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gilt das bisherige Versorgungssystem auf der Grundlage des VersTV 2005 nach der Maßgabe dieses VersTV 2009 (Teil A) weiter. Teil A gilt ferner für alle Empfänger von Versorgungsleistungen aus dem VersTV 1993 oder VersTV 2005 sowie für ehemalige Beschäftigte der DFS, die mit einer unverfallbaren Anwartschaft vor 2009 ausgeschieden waren.

Dieser Tarifvertrag schafft gleichzeitig in Teil B für die betriebliche Altersversorgung der DFS ein neues, am Einkommen über die gesamte Beschäftigungszeit ausgerichtetes System. Es gilt für alle Neueintritte ab dem Jahr 2005 und tritt für diese Personengruppe an die Stelle des Tarifvertrags vom 29. September 2006 (VersTV 2005).

Die Allgemeinen und Schlussbestimmungen (Teil C) gelten für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Teil A

§ 1     Geltungsbereich

(1)

Die §§ 1 bis 17 (Teil A) dieses Tarifvertrags gelten für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vor dem 1. Januar 2005 ein Arbeitsverhältnis mit der DFS aufgenommen haben, unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrages in der jeweils geltenden Fassung fallen und am 1. Januar 2009 noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis standen oder die sich am 1. Januar 2009 in der Übergangsversorgung für Lotsen oder FDB befanden.

(2)

Die §§ 1 bis 17 (Teil A) gelten nicht für

a)    Beschäftigte, die gesetzliche Altersrente oder vergleichbare Leistungen beziehen,

b)    Beschäftigte, die eine Alterspension als Beamter oder als Soldat beziehen,

c)    zur DFS beurlaubte Soldatinnen und Soldaten.

§ 16          Anpassung

Die DFS passt jährlich erstmals zum 1. Januar des dem Rentenbeginn folgenden übernächsten Jahres die laufenden Versorgungsleistungen um 1,25 % an. Sind während eines Kalenderjahres die Lebenshaltungskosten entsprechend dem vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Verbraucherpreisindex um mehr als 2,75 % gestiegen, wird die Anpassung zum 1. Januar des Folgejahres nachträglich um die über 1,25 % hinausgehende Steigerungsrate erhöht.

Teil B

§ 1     Geltungsbereich

(1)

Die §§ 1 bis 17 (Teil B) gelten für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach dem 31. Dezember 2004 ein Arbeitsverhältnis mit der DFS aufgenommen haben, unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrages (MTV) in der jeweils geltenden Fassung fallen und nicht vor dem 1. Januar 2009 ausgeschieden waren.

(2)

Die §§ 1 bis 17 (Teil B) gelten nicht für

a)    Beschäftigte, die gesetzliche Altersrente oder vergleichbare Leistungen beziehen,

b)    Beschäftigte, die eine Alterspension als Beamter oder als Soldat beziehen,

c)    zur DFS beurlaubte Soldatinnen und Soldaten.

Teil C

Allgemeine und Schlussbestimmungen

§ 24   Inkrafttreten und Laufzeit

(1)

Dieser Tarifvertrag tritt hinsichtlich des Teils B rückwirkend zum 1. Januar 2005, im Übrigen rückwirkend zum 1. Januar 2009 in Kraft. Abweichend davon tritt der jeweilige § 16 zum 1. Januar 2010 in Kraft.

(2)

Teil A dieses Tarifvertrags tritt für den Personenkreis nach § 1 A an die Stelle des nachwirkenden Versorgungstarifvertrages vom 26. September 2006 (VersTV 2005). Teil B tritt für den Personenkreis nach § 1 B an die Stelle der Geltung des VersTV 2005.

(3)

Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 gilt dieser Tarifvertrag – unbeschadet des nach einer früheren Fassung erworbenen Stammrechts – für alle mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschiedenen ehemaligen Beschäftigten der DFS sowie für alle Bezieher von laufenden Versorgungsleistungen.“

3 AZR 386/13 > Rn 13

Die Beklagte passte das Altersruhegeld des Klägers zum 1. Januar 2011 nach § 16 VersTV 2009 um 1,25 vH auf 1.963,47 Euro an.

3 AZR 386/13 > Rn 14

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Klage gewandt und die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nach § 16 VersTV 1993 zur Anpassung des Altersruhegelds um 2 vH jährlich verpflichtet. § 5 des Arbeitsvertrags enthalte keine dynamische Bezugnahme auf den Versorgungstarifvertrag in der jeweils geltenden Fassung, sondern eine statische Bezugnahme auf den VersTV 1993. Folglich sei zum 1. Januar 2011 sein Altersruhegeld um 2 vH anzupassen und die Beklagte zur Zahlung weiterer 14,54 Euro monatlich, für den Zeitraum von Januar 2011 bis April 2012 daher iHv. insgesamt 232,64 Euro, verpflichtet.

3 AZR 386/13 > Rn 15

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 232,64 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 14,54 Euro seit dem 1. Februar 2011, 1. März 2011, 1. April 2011, 1. Mai 2011, 1. Juni 2011, 1. Juli 2011, 1. August 2011, 1. September 2011, 1. Oktober 2011, 1. November 2011, 1. Dezember 2011, 1. Januar 2012, 1. Februar 2012, 1. März 2012, 1. April 2012 und 1. Mai 2012 zu zahlen.

3 AZR 386/13 > Rn 16

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

3 AZR 386/13 > Rn 17

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger seinen Anspruch auf Anpassung des Altersruhegelds nach § 16 VersTV 1993 erstmals auf eine Weitergeltung des VersTV 1993 nach § 4 Abs. 5 TVG gestützt. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

3 AZR 386/13 > Rn 18

Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen nicht verpflichtet, das Altersruhegeld des Klägers zum 1. Januar 2011 nach § 16 VersTV 1993 um 2 vH anzupassen. Auf die Weitergeltung des VersTV 1993 nach § 4 Abs. 5 TVG kann der Kläger seinen Anspruch in der Revision nicht stützen.

3 AZR 386/13 > Rn 19

I. Die Beklagte ist nach den im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen nicht verpflichtet, das Altersruhegeld des Klägers nach § 16 VersTV 1993 jährlich um 2 vH anzupassen. Der Arbeitsvertrag der Parteien verweist dynamisch auf den jeweils bei der Beklagten geltenden Versorgungstarifvertrag und damit derzeit auf den VersTV 2009. Der Kläger unterfällt dem Geltungsbereich des VersTV 2009. Die Beklagte hat das Altersruhegeld des Klägers daher zu Recht zum 1. Januar 2011 nach Teil A § 16 VersTV 2009 angepasst.

3 AZR 386/13 > Rn 20

1. Der VersTV 2009 wird von der Bezugnahme im Arbeitsvertrag der Parteien erfasst. Dies ergibt die Auslegung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen.

3 AZR 386/13 > Rn 21

a) Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Vertragstext wurde von der Beklagten für eine Vielzahl von gleichgelagerten Fällen vorformuliert. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht (BAG 10. Dezember 2013 – 3 AZR 726/11 – Rn. 18 mwN).

3 AZR 386/13 > Rn 22

b) Danach nimmt § 5 des Arbeitsvertrags der Parteien – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht statisch den VersTV 1993 in Bezug. Der Arbeitsvertrag verweist vielmehr auf den jeweils bei der Beklagten geltenden Versorgungstarifvertrag.

3 AZR 386/13 > Rn 23

aa) Ein arbeitsvertraglicher Verweis auf einen mit Datum unverwechselbar gekennzeichneten Tarifvertrag ohne Jeweiligkeitsklausel kann zwar als statische Bezugnahme verstanden werden. Allerdings werden Bezugnahmen auf außerhalb des Arbeitsvertrags liegende Versorgungsvorschriften in der Regel als dynamisch angesehen (vgl. BAG 19. September 2007 – 4 AZR 710/06 – Rn. 22). Sie verweisen, soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, auf die jeweils beim Arbeitgeber geltenden Regelungen. Das Verständnis einer solchen Bezugnahme als dynamische Verweisung auf die jeweils geltenden Versorgungsregelungen ist sachgerecht und wird in der Regel den Interessen der Parteien eher gerecht als eine statische Verweisung auf einen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Rechtszustand. Nur so wird eine einheitliche Anwendung der Versorgungsordnung auf alle Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger des Arbeitgebers sichergestellt. Der Arbeitgeber will im Zweifel die betriebliche Altersversorgung nach einheitlichen Regeln, dh. als System, erbringen. Ein solches System darf nicht erstarren. Dies ist bei der Auslegung dahingehender Vereinbarungen zu berücksichtigen. Deshalb ist für den Regelfall eine dynamische Verweisung anzunehmen (BAG 23. April 2013 – 3 AZR 23/11 – Rn. 22 mwN). Will der Arbeitgeber eine Versorgung unabhängig von der jeweils geltenden allgemeinen Versorgungsordnung zusagen, muss er dies deutlich zum Ausdruck bringen (BAG 23. April 2013 – 3 AZR 23/11 – Rn. 22 mwN; 18. September 2012 – 3 AZR 415/10 – Rn. 25, BAGE 143, 90).

3 AZR 386/13 > Rn 24

bb) Aus den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ergibt sich nicht, dass sich die Versorgung des Klägers unabhängig von den bei der Beklagten jeweils geltenden Versorgungsbestimmungen nach dem VersTV 1993 richten soll. Die unterschiedlichen Formulierungen in § 1 Abs. 2 und § 5 des Arbeitsvertrags sprechen nicht für eine statische Verweisung auf den VersTV 1993. Nach § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 7. Juli 1993 und den den Manteltarifvertrag ergänzenden, ändernden und an seine Stelle tretenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung. Der VersTV 1993 ist ein von der dynamischen Verweisung in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags erfasster ergänzender Tarifvertrag. In § 42 MTV ist ausdrücklich bestimmt, dass die betriebliche Altersversorgung in einem separaten, mithin den Manteltarifvertrag iSd. § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ergänzenden Tarifvertrag geregelt wird. § 5 des Arbeitsvertrags stellt lediglich deklaratorisch klar, dass sich die Versorgung im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags des Klägers nach dem VersTV 1993 richtet (BAG 23. April 2013 – 3 AZR 23/11 – Rn. 23). Insoweit ist es auch unerheblich, dass der VersTV 2009 ebenso wie der zu diesem Zeitpunkt geltende Manteltarifvertrag von der GdF und damit von einer anderen Gewerkschaft abgeschlossen wurde als der MTV 1993 und der VersTV 1993. § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags nimmt die bei der Beklagten jeweils geltenden Tarifverträge in Bezug, ohne nach den Tarifvertragsparteien zu differenzieren.

3 AZR 386/13 > Rn 25

cc) Eine andere Auslegung von § 5 des Arbeitsvertrags der Parteien ist nicht deshalb geboten, weil die Beklagte ab dem Jahr 1996 in anderen Arbeitsverträgen die Bestimmung um eine Jeweiligkeitsklausel ergänzt hat. Formulierungen in später abgeschlossenen Arbeitsverträgen mit anderen Arbeitnehmern haben auf die Auslegung des im Jahr 1994 abgeschlossenen Arbeitsvertrags der Parteien keinen Einfluss. Die Ergänzung hat zudem nur klarstellenden Charakter. Die Dynamik ergibt sich bereits aus § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags.

3 AZR 386/13 > Rn 26

2. Der Kläger unterfällt dem persönlichen Geltungsbereich des in Bezug genommenen VersTV 2009. Dies gilt unabhängig davon, ob sein Arbeitsverhältnis bereits bei Eintritt in den Vorruhestand am 31. März 1996 oder erst bei Eintritt in den Ruhestand am 31. März 2009 geendet hat. Im ersteren Fall ergibt sich die Geltung des VersTV 2009 aus der Präambel und Teil C § 24 VersTV 2009, im zweiten Fall folgt sie aus Teil A § 1 Abs. 1 VersTV 2009.

3 AZR 386/13 > Rn 27

a) Sollte das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits mit dem Eintritt des Klägers in den Vorruhestand geendet haben, resultiert die Geltung des VersTV 2009 aus der Präambel und Teil C § 24 VersTV 2009. Aus Teil A § 1 Abs. 1 und Abs. 2 VersTV 2009 ergibt sich nichts anderes. Nach Satz 2 der Präambel zum VersTV 2009 gilt Teil A VersTV 2009 für ehemalige Beschäftigte der DFS, die mit einer unverfallbaren Anwartschaft vor dem 1. Januar 2009 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind. Wenn das Arbeitsverhältnis bereits mit Eintritt in den Vorruhestand geendet hätte, wäre der Kläger am 31. März 1996 mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschieden.

3 AZR 386/13 > Rn 28

aa) Die Tarifvertragsparteien haben nicht nur in Teil A § 1 VersTV 2009 und in Teil B § 1 VersTV 2009, sondern auch in der Präambel und in Teil C § 24 VersTV 2009 Regelungen zum Geltungsbereich des VersTV 2009 getroffen.

3 AZR 386/13 > Rn 29

Nach Satz 1 der Präambel gilt für alle vor dem 1. Januar 2005 eingetretenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das bisherige Versorgungssystem auf der Grundlage des VersTV 2005 nach Maßgabe des VersTV 2009 (Teil A) weiter. Nach Satz 2 der Präambel gilt Teil A des VersTV 2009 auch für Empfänger von Versorgungsleistungen nach dem VersTV 1993 und dem VersTV 2005 sowie für ehemalige Beschäftigte der Beklagten, die mit einer unverfallbaren Anwartschaft vor dem Jahr 2009 ausgeschieden sind. Nach Satz 3 und Satz 4 der Präambel wird im Teil B des VersTV 2009 für die betriebliche Altersversorgung der Beklagten ein neues, am Einkommen über die gesamte Beschäftigungszeit ausgerichtetes System geschaffen, das für Neueintritte ab dem Jahr 2005 gilt und für diese Personengruppe an die Stelle des VersTV 2005 tritt. Mit dem VersTV 2009 wollten die Tarifvertragsparteien daher erkennbar die betriebliche Altersversorgung bei der Beklagten umfassend und für alle Mitarbeiter, auch für bereits ausgeschiedene Mitarbeiter sowie für Versorgungsempfänger, einheitlich regeln. Für diejenigen Mitarbeiter, die vor dem 1. Januar 2005 in ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten eingetreten sind, soll das endgehaltsbezogene Versorgungssystem des Teil A VersTV 2009 zur Anwendung kommen, das die Vorgängerregelungen im VersTV 1993 und VersTV 2005 abgelöst hat. Für die ab dem 1. Januar 2005 in ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten eingetretenen Arbeitnehmer gilt Teil B VersTV 2009. Für diese Mitarbeiter war das ursprüngliche Versorgungswerk nach dem VersTV 1993 durch die Kündigung des VersTV 1993 zum 31. Dezember 2004 geschlossen worden und es wurde durch Teil B VersTV 2009 ein am Verdienst während des gesamten Arbeitsverhältnisses ausgerichtetes Bausteinsystem neu eingeführt. Dieses Verständnis vom Geltungsbereich des VersTV 2009 wird durch Teil C § 24 VersTV 2009 bestätigt. Danach trat Teil B des VersTV 2009 rückwirkend zum 1. Januar 2005 in Kraft und schafft für die ab dem 1. Januar 2005 eingetretenen Mitarbeiter die Grundlage für die betriebliche Altersversorgung. Die Teile A und C VersTV 2009 traten hingegen erst mit Wirkung zum 1. Januar 2009 in Kraft. Nach Teil C § 24 Abs. 3 VersTV 2009 gilt mit Wirkung vom 1. Januar 2009 der VersTV 2009 auch für alle mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschiedenen ehemaligen Beschäftigten sowie für alle Bezieher laufender Versorgungsleistungen. Damit werden alle bei der Beklagten aktuell beschäftigten Arbeitnehmer und alle mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschiedenen ehemaligen Arbeitnehmer sowie die Bezieher laufender Leistungen von dem VersTV 2009 erfasst.

3 AZR 386/13 > Rn 30

bb) Dem steht Teil A § 1 VersTV 2009 nicht entgegen. Zwar gelten die §§ 1 bis 17 (Teil A) nach Teil A § 1 Abs. 2 VersTV 2009 nicht für Beschäftigte, die gesetzliche Altersrente oder vergleichbare Leistungen beziehen und für Beschäftigte, die eine Alterspension als Beamter oder Soldat beziehen. Die den Geltungsbereich regelnden Bestimmungen in Teil A § 1 VersTV 2009 betreffen jedoch nur die bei Inkrafttreten des Tarifvertrags noch aktiv beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beklagten, nicht jedoch die Versorgungsempfänger und mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschiedene ehemalige Beschäftigte.

3 AZR 386/13 > Rn 31

Nach Teil A § 1 Abs. 1 VersTV 2009 erfasst Teil A VersTV 2009 nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vor dem 1. Januar 2005 ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aufgenommen haben, die unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrags in seiner jeweils gültigen Fassung fallen und am 1. Januar 2009 noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis standen oder die sich am 1. Januar 2009 in einer Übergangsversorgung für Lotsen oder FDB befanden. Nach Teil A § 1 Abs. 2 VersTV 2009 gelten die §§ 1 bis 17 (Teil A) nicht für Beschäftigte, die gesetzliche Altersrente oder vergleichbare Leistungen beziehen, Beschäftigte, die eine Alterspension als Beamter oder als Soldat beziehen und zur DFS beurlaubte Soldatinnen und Soldaten. Entsprechendes regelt Teil B § 1 Abs. 2 VersTV 2009. In Teil A § 1 VersTV 2009 und in Teil B § 1 VersTV 2009 ist nur von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Beschäftigten die Rede. Bezogen auf diese wird in zeitlicher Hinsicht unterschieden, ob sie vor dem 1. Januar 2005 oder nach dem 31. Dezember 2004 eingetreten sind. Davon hängt ab, ob Teil A oder Teil B des VersTV 2009 gilt. Die Regelung im jeweiligen § 1 Abs. 1 VersTV 2009 betrifft folglich nur aktiv Beschäftigte. Das setzt sich im jeweiligen § 1 Abs. 2 VersTV 2009 fort.

3 AZR 386/13 > Rn 32

Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch die Tarifgeschichte. Nach dem Wortlaut von § 1 VersTV 2005 war unklar, ob bei der Beklagten beschäftigte ehemalige Soldaten, die nicht beurlaubt waren, aber eine Altersversorgung erhielten, vom Geltungsbereich erfasst waren oder nicht. Im Hinblick darauf wurde in § 1 Abs. 2 Buchst. b VersTV 2009 klargestellt, dass aktiv Beschäftigte keine betriebliche Altersversorgung erhalten, wenn sie bereits eine Alterspension erhalten (vgl. ausführlich BAG 15. November 2011 – 3 AZR 113/10 – Rn. 30 ff.). Dies zeigt auch für § 1 Abs. 2 Buchst. a VersTV 2009, dass nur aktiv Beschäftigte, die bereits eine gesetzliche Altersrente erhalten, aus dem Geltungsbereich des VersTV 2009 ausgeschlossen werden.

3 AZR 386/13 > Rn 33

Die Geltung des VersTV 2009 für die ehemaligen, vor dem 1. Januar 2005 bei der Beklagten eingetretenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei Inkrafttreten des VersTV 2009 entweder mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden waren oder bereits laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bezogen, wird nicht durch Teil A § 1 VersTV 2009, sondern durch die Präambel und Teil C § 24 Abs. 3 VersTV 2009 bestimmt. Sie unterfallen Teil A VersTV 2009 aufgrund dieser besonderen Bestimmungen unabhängig von den Voraussetzungen des § 1 VersTV 2009.

3 AZR 386/13 > Rn 34

b) Sollte das Arbeitsverhältnis der Parteien erst mit dem Eintritt des Klägers in den Ruhestand am 31. März 2009 geendet haben, folgt die Geltung des VersTV 2009 aus Teil A § 1 Abs. 1 VersTV 2009. Danach gelten die §§ 1 bis 17 (Teil A) für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vor dem 1. Januar 2005 ein Arbeitsverhältnis mit der DFS aufgenommen haben, die unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrags in der jeweils geltenden Fassung fallen und die am 1. Januar 2009 noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gestanden haben. Dies träfe auf den Kläger zu. Der vor dem 1. Januar 2005 in ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten getretene Kläger hätte am 1. Januar 2009 noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gestanden. Sein Arbeitsverhältnis war nicht befristet iSd. tariflichen Regelung. Zwar haben die Parteien in § 5 Abs. 1 des Vorruhestandsvertrags vereinbart, dass der Vorruhestand zu dem Zeitpunkt endet, in dem der Kläger frühestens eine gesetzliche Altersrente beziehen kann. Bei dem im März 1946 geborenen Kläger endete der Vorruhestand nach der Vollendung des 63. Lebensjahrs am 31. März 2009. Gleichwohl stand der Kläger am 1. Januar 2009 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis iSv. Teil A § 1 Abs. 1 VersTV 2009. Die übliche Vereinbarung einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einer auf den Eintritt in den Ruhestand orientierten Altersgrenze ist zwar eine Befristung iSd. Teilzeit- und Befristungsgesetzes und unterliegt der gesetzlichen Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG (BAG 19. November 2003 – 7 AZR 296/03 – zu II 2 a der Gründe, BAGE 109, 6); trotzdem handelt es sich um ein unbefristetes Arbeitsverhältnis iSv. Teil A § 1 Abs. 1 VersTV 2009 (vgl. zur Regelaltersgrenze nach § 235 Abs. 2 Satz 1 SGB VI: BAG 15. November 2011 – 3 AZR 113/10 – Rn. 27). Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis – wie vorliegend – zu dem Zeitpunkt enden soll, zu dem der Arbeitnehmer frühestmöglich eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach §§ 236 ff. SGB VI in Anspruch nehmen kann. Der von denselben Tarifvertragsparteien wie der VersTV 2009 abgeschlossene Manteltarifvertrag für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (im Folgenden: MTV) vom 19. November 2004 unterscheidet zwischen der Befristung von Arbeitsverträgen und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Erreichens einer Altersgrenze bzw. des Eintritts in den Ruhestand. Die Befristung von Arbeitsverträgen ist in § 4 MTV geregelt, während § 41 Abs. 1 MTV bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats endet, in dem die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter das 65. Lebensjahr vollendet oder aufgrund anderer gesetzlicher oder vereinbarter Regelungen in den Ruhestand tritt. Die eigenständige Regelung in § 41 Abs. 1 MTV zeigt, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Eintritts in den Ruhestand im tariflichen Sprachgebrauch nicht als Befristung des Arbeitsverhältnisses zu verstehen ist. Anderenfalls hätte Teil A VersTV 2009 auch keinen Anwendungsbereich, da jedes Arbeitsverhältnis aufgrund der Regelung in § 41 Abs. 1 MTV befristetet wäre.

3 AZR 386/13 > Rn 35

II. Auf die tarifrechtliche Weitergeltung des VersTV 1993 nach § 4 Abs. 5 TVG kann der Kläger die geltend gemachte Anpassung des Altersruhegelds nach § 16 VersTV 1993 in der Revision nicht stützen. Hierbei handelt es sich um eine in der Revision unzulässige Klageerweiterung.

3 AZR 386/13 > Rn 36

1. Im Revisionsverfahren können neue prozessuale Ansprüche grundsätzlich nicht zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden (st. Rspr., vgl. BAG 3. Mai 2006 – 10 AZR 310/05 – Rn. 52 mwN). Das Revisionsgericht prüft, ob die Vorinstanz über die Klage rechtsfehlerfrei entschieden hat. Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt dabei nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Mit dem Ende der Berufungsverhandlung wird die Urteilsgrundlage abgeschlossen (BGH 25. April 1988 – II ZR 252/86 – zu 7 a der Gründe, BGHZ 104, 215). Eine Klageerweiterung, mit der anstelle des rechtshängigen Anspruchs oder daneben ein neuer Anspruch erhoben oder ein neuer Streitgegenstand eingeführt wird, ist deshalb in der Revisionsinstanz grundsätzlich nicht möglich. Der Streitgegenstand wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und durch den zugehörigen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BAG 17. April 2002 – 5 AZR 400/00 – zu II 1 der Gründe mwN; 6. Juni 2000 – 1 ABR 21/99 – zu B II 3 der Gründe mwN, BAGE 95, 47). Der Lebenssachverhalt umfasst das ganze dem Klageantrag zugrunde liegende tatsächliche Geschehen, das bei natürlicher, vom Standpunkt der Parteien ausgehender Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehört oder gehört hätte (BAG 11. Mai 2005 – 4 AZR 315/04 – zu I 4 a der Gründe mwN, BAGE 114, 332). Die Entscheidung über einen anderen oder zusätzlichen Streitgegenstand erfordert in der Regel weitere tatsächliche Feststellungen. Solche können von einem Revisionsgericht aus prozessualen Gründen nicht getroffen werden (vgl. BAG 11. Dezember 2012 – 3 AZR 611/10 – Rn. 14). Stützt ein Arbeitnehmer seinen Klageanspruch nicht nur auf eine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel, sondern auch auf die Nachwirkung tariflicher Normen, handelt es sich um zwei unterschiedliche Streitgegenstände (vgl. BAG 25. August 2010 – 4 AZR 14/09 – Rn. 12 mwN; 11. Mai 2005 – 4 AZR 315/04 – zu I 4 der Gründe, aaO).

3 AZR 386/13 > Rn 37

2. Der Kläger hat die begehrte Anpassung seines Altersruhegelds nach § 16 VersTV 1993 erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch auf die Nachwirkung des zum 31. Dezember 2004 gekündigten VersTV 1993 nach § 4 Abs. 5 TVG gestützt. Damit hat er in der Revision einen neuen Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt. Er hatte in den Vor-instanzen seinen Klageanspruch ausschließlich auf die aus seiner Sicht statische Bezugnahme von § 5 des Arbeitsvertrags auf den VersTV 1993 gestützt. Auf die normative Geltung des VersTV 1993 und dessen Weitergeltung nach § 4 Abs. 5 TVG hatte er sich nicht berufen.

3 AZR 386/13 > Rn 38

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gräfl       Schlewing       Spinner
Heuser       Busch